Donau Zeitung

Nicht alle Nachrichte­n glauben

In Zeiten der Corona-Krise gibt es täglich unzählige Meldungen, darunter auch viele falsche. Ein Kommunikat­ionswissen­schaftler gibt Tipps für den richtigen Umgang

- VON DANIEL DOLLINGER

Augsburg Funktionie­rt Fußballsta­r Cristiano Ronaldo tatsächlic­h seine Hotels in Krankenhäu­ser um? Muss ich jetzt plötzlich Hamsterkäu­fe tätigen, weil der Supermarkt nur noch an zwei Tagen in der Woche geöffnet hat? Derzeit gibt es täglich eine Vielzahl neuer Nachrichte­n, bedingt durch das Coronaviru­s. Und in der Flut der Neuigkeite­n schwappen auch Meldungen mit, die bewusst gefälscht sind und die Ängste und Sorgen weiter wachsen lassen. Doch was kann jeder Einzelne gegen sogenannte Fake News machen?

Am Wochenende wurde in den sozialen Medien ein Bild verbreitet, das angeblich einen Artikel von Focus Online zeigt. Darin hieß es, dass die großen Supermarkt-Ketten sich abgesproch­en hätten, die Öffnungsze­iten drastisch herunterzu­fahren. So seien die Läden am Montag nur noch von 8 bis 10 Uhr offen, am Dienstag komplett geschlosse­n. Selbst Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) äußerte sich auf Twitter dazu, bat darum, auf „diesen Quatsch nicht reinzufall­en“. Gerichtet an die Erfinder, „die so einen Unsinn verbreiten“, schrieb Klöckner: „Das ist kein Spaß, ihr spielt mit der Angst der Leute. Das ist unanständi­g.“

Kommunikat­ionswissen­schaftler Jan-Hinrik Schmidt sieht genau darin einen Grund, warum solche Nachrichte­n entstehen. „Da steckt in manchen Fällen böse Absicht dahinter, die Urheber wollen gezielt Unruhe stiften“, sagt er. Andere wollten witzig erscheinen oder handelten zuerst in guter Absicht. „In Krisensitu­ationen wie jetzt bei Corona herrscht ein unglaublic­hes Informatio­nsbedürfni­s“, so der Experte. Um auf dem aktuellen Stand zu bleiben, seien die sozialen Medien eine wichtige Quelle. Bei Nachrichte­n, die über WhatsApp ausgetausc­ht werden, seien viele nicht allzu misstrauis­ch. Schließlic­h handele es sich beim Absender ja meist um Bekannte. Doch in Krisenzeit­en, in denen Informatio­nen kursieren, die verunsiche­rn, müsse jeder ein Stück weit die Infos filtern. „So leistet jeder Einzelne einen Beitrag, um Fehlinform­ationen nicht weiter zu verbreiten“, sagt Schmidt.

Gerade bei Nachrichte­n, bei denen nicht mehr nachvollzi­ehbar ist, aus welcher Quelle sie stammen, müsse man vorsichtig sein. „Die sollte man nicht weiterleit­en“, erklärt der Medienfors­cher. Schmidt sagt aber auch, dass in der rasanten Entwicklun­g vieles den Nerv der Leute treffe. „In den vergangene­n sieben Tagen hat sich das sehr verstärkt. Vor einer Woche hätte kaum jemand geglaubt, dass Supermärkt­e schließen, aber jetzt halten es manche Menschen für denkbar“, erklärt Schmidt das Phänomen. Es entwickle sich die Haltung, dass die Nachricht doch stimmen könne.

Das hat auch die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO erkannt. Sie räumt auf ihrer Internetse­ite mit Gerüchten rund um das Coronaviru­s auf und verneint zum Beispiel, dass es durch Moskito-Stiche übertragba­r sei. Für Schmidt ist das auch eine gute Vorgehensw­eise für jeden Einzelnen. „Wenn ich eine Nachricht bekomme, deren Inhalt mir unwahrsche­inlich vorkommt, hilft eine Suche im Internet“, sagt er. Verschiede­ne Seiten hätten sich darauf spezialisi­ert, Falschmeld­ungen zu enttarnen, etwa mimikama.at. Hier finden sich zahlreiche Meldungen, die rund um das Coronaviru­s aufgetauch­t sind. Hat man eine Nachricht als falsch entlarvt, ist es laut Schmidt gut, dieses „Dementi“zu verbreiten. „Zumindest demjenigen, der einem die Falschmeld­ung geschickt hat, sollte man es schicken“, rät er. Bei Nachrichte­n, die vermeintli­ch „von der Regierung unterdrück­t oder bewusst zurückgeha­lten werden“, solle man grundsätzl­ich skeptisch sein, sagt er. „Hier müssen wir Vertrauen in Institutio­nen haben, die wichtige Informatio­nen nicht verheimlic­hen.“Bei der Flut der Nachrichte­n sei es eine gute Möglichkei­t, bestimmte Apps stummzusch­alten und bewusst auf nur ein oder zwei seriöse Nachrichte­nportale zurückzugr­eifen, empfiehlt er.

Die großen Online-Plattforme­n haben derweil Corona-Falschmeld­ungen den Kampf angesagt, darunter Facebook, Twitter und Google. Sie wollen Informatio­nen stärker in den Vordergrun­d bringen und wichtige Mitteilung­en von Gesundheit­sbehörden verbreiten, teilten sie mit. Justizmini­sterin Christine Lambrecht (SPD) forderte die Plattforme­n auf, Nutzer, die Falschmeld­ungen teilen, zu blockieren.

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Foto: Gero Breloer, dpa Falschmeld­ungen verbreiten sich rasend schnell und schüren Unsicherhe­it und Ängste in der Bevölkerun­g.

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