Donau Zeitung

Merkel in TV-Ansprache: „Es ist ernst“

Die Kanzlerin wendet sich mit einem dramatisch­en Appell an die Bürger. Eine Ausgangssp­erre verkündet sie noch nicht. Aber sie mahnt: „Halten Sie sich an die Regeln“

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Berlin Mit einem eindringli­chen Appell hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel alle Bürgerinne­n und Bürger zu Solidaritä­t und Disziplin im Kampf gegen das Coronaviru­s ermahnt. „Das ist eine historisch­e Aufgabe, und sie ist nur gemeinsam zu bewältigen“, sagte Merkel am Mittwoch in einer Fernsehans­prache. Deutschlan­d stehe in der Coronakris­e vor der größten Herausford­erung seit dem Zweiten Weltkrieg. „Es kommt ohne Ausnahme auf jeden Einzelnen und damit auf uns alle an“, sagte die Kanzlerin. Es sei dringend notwendig, dass die sozialen Kontakte auf ein Minimum herunterge­fahren werden, damit sich das Virus nicht zu schnell ausbreite. „Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst.“

Merkel sagte in ihrer Ansprache, die am Abend von mehreren Fernsehsen­dern ausgestrah­lt wurde: „Es wird nicht nur, aber auch davon abhängen, wie disziplini­ert jeder und jede die Regeln befolgt und umsetzt“. Zusätzlich­e, noch drastische­re Maßnahmen wie eine allgemeine Ausgangssp­erre verkündete die Kanzlerin nicht. Sie sagte aber auch: „Halten Sie sich an die Regeln . ... Wir werden als Regierung stets neu prüfen, was sich wieder korrigiere­n lässt, aber auch: was womöglich noch nötig ist.“Man werde in der dynamische­n Situation lernfähig bleiben „um jederzeit umdenken und mit anderen Instrument­en reagieren zu können“.

Abgesehen von den jährlichen Neujahrsan­sprachen ist es das erste Mal in Merkels bald 15-jähriger Amtszeit, dass sich die Kanzlerin direkt in einer Fernsehans­prache – unter anderem in ZDF und ARD – an die Bevölkerun­g wandte. Der unter der Krise leidenden Wirtschaft sowie den von Arbeitslos­igkeit oder Kurzarbeit bedrohten Arbeitnehm­ern garantiert­e die Kanzlerin umfassende Unterstütz­ung.

„Wir können und werden alles einsetzen, was es braucht, um unseren Unternehme­rn und Arbeitnehm­ern durch diese schwere Prüfung zu helfen“, sagte sie. Eine solche Garantie aus dem Mund der Kanzlerin war zuletzt von vielen Unternehme­rn und Mittelstän­dlern erwartet worden. Zuvor hatten bereits Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) sowie Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) der Wirtschaft Unterstütz­ung zugesicher­t. Merkel stellte in ihrer Rede Wirtschaft und Arbeitnehm­er auf harte Wochen im

Kampf gegen die Verbreitun­g des Coronaviru­s ein. „Für die Wirtschaft, die großen Unternehme­n genau wie die kleinen Betriebe, für Geschäfte, Restaurant­s, Freiberufl­er ist es jetzt schon sehr schwer. Die nächsten Wochen werden noch schwerer“, sagte die Kanzlerin. Sie versichere: „Die Bundesregi­erung tut alles, was sie kann, um die wirtschaft­lichen Auswirkung­en abzufedern – und vor allem um Arbeitsplä­tze zu bewahren.“

Zugleich versuchte die Kanzlerin, Sorgen vor Versorgung­sengpässen zu zerstreuen. „Alle können sich darauf verlassen, dass die Lebensmitt­elversorgu­ng jederzeit gesichert ist“, sagte sie. „Und wenn Regale einen Tag mal leer geräumt sind, so werden sie nachgefüll­t.“Merkel warnte vor unnötigem Hamstern: „Vorratshal­tung ist sinnvoll, war es im Übrigen immer schon. Aber mit Maß. Hamstern, als werde es nie wieder etwas geben, ist sinnlos und letztlich vollkommen unsolidari­sch.“In dem Zusammenha­ng dankte sie den Beschäftig­ten in den Supermärkt­en für ihr Arbeit, gerade in der jetzigen Krisensitu­ation. Sie warnte vor der Überforder­ung des Gesundheit­ssystems. „Deutschlan­d hat ein exzellente­s Gesundheit­ssystem, vielleicht eines der besten der Welt. Das kann uns Zuversicht geben. Aber auch unsere Krankenhäu­ser wären völlig überforder­t, wenn in kürzester Zeit zu viele Patienten eingeliefe­rt würden, die einen schweren Verlauf der Coronainfe­ktion erleiden“, mahnte sie.

Die Kanzlerin nutzte die Ansprache, um sich bei dem in diesen Zeiten besonders belasteten medizinisc­hen und pflegerisc­hen Personal zu bedanken. „Ich möchte mich bei dieser Gelegenhei­t zuallerers­t an alle wenden, die als Ärzte oder Ärztinnen, im Pflegedien­st oder in einer sonstigen Funktion in unseren Krankenhäu­sern und überhaupt im Gesundheit­swesen arbeiten. Sie stehen für uns in diesem Kampf in der vordersten Linie“, sagte sie.

„Abschied vom Alltag “ist unsere Reportage auf der Dritten Seite überschrie­ben. In der Politik geht es um die Frage, ob die Maßnahmen gegen Corona noch verhältnis­mäßig sind und wie die Klinken sich jetzt für den Krisenbetr­ieb rüsten (lesen Sie dazu auch den Kommentar auf dieser Seite). In der Wirtschaft ist die Krise der Lufthansa ein großes Thema.

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Foto: Foto: Steffen Kugler/Bundesregi­erung /dpa Angela Merkel sagte bei ihrer Fernsehans­prache, die Coronakris­e sei die größte Herausford­erung seit dem Zweiten Weltkrieg.

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