Donau Zeitung

Der Hamster in uns

Warum das Klopapier seine wahre Wirkung im Kopf entfaltet

- VON MARGIT HUFNAGEL

Es gibt Legenden, die sind so schön, dass man sich am liebsten weigern würde, sie ins Reich der Lügen zu verbannen. Vielleicht werden sie ja wahr, wenn wir sie nur oft genug weitererzä­hlen – als sich selbst erfüllende Prophezeiu­ng sozusagen. Eine dieser Legenden, die derzeit um den aufgewühlt­en Erdball geistern, handelt von den Hamsterkäu­fen. Während in Deutschlan­d das Klopapier knapp wird, so heißt es, decken sich die Franzosen mit Rotwein und Kondomen ein und die Niederländ­er bunkern Käse und

Drogen. Und wenn die Welt untergeht: Es lebe das Klischee, es gibt uns Gewissheit – selbst dort, wo die Unsicherhe­it das Kommando übernommen hat!

Dabei sind wir uns in der Krise näher als wir glauben:

Das Toilettenp­apier verbindet die Völker. Die Deutschen kaufen es, die Engländer, die Franzosen und auch die Italiener. Es scheint zum symbolisch­en Rettungsan­ker in stürmische­n Zeiten zu werden: Kuschelig weich und jederzeit griffberei­t. Maximale

Sicherheit für knapp 3 Euro. Und je knapper ein Gut ist, desto beSeine gehrter wird es auch. wahre Wirkung entfaltet das Klopapier damit eigentlich auch im Kopf: Es vermittelt den Eindruck, zumindest etwas getan zu haben – wenn man schon nichts tun kann. Leer gefegt sind die Regale übrigens nicht nur in Europa. Auch in den USA, wo Präsident Donald

Trump Corona kurzerhand in „das chinesisch­e Virus“umgetauft hat, blüht der Handel. Statt Klopapier sind dort Waffen ein begehrtes Gut. In einem Waffenlade­n in Idaho sollen die Knarren sogar rationiert worden sein, nachdem der Händler fast in einem ausverkauf­ten Laden gestanden wäre.

Schämen müssen wir uns fürs Hamstern übrigens nicht – alles ganz menschlich, versichern Psychologe­n. In der DNA angelegt. In Schweden spricht man von „hamstra“. Die Briten sagen „to squirrel something away“und machen damit aus dem Hamster ein Eichhörnch­en.

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