Donau Zeitung

„Corona trifft uns ins bayerische Herz“

Angela Inselkamme­r ist Präsidenti­n des Hotel- und Gaststätte­nverbandes im Freistaat. Die Unternehme­rin fordert Verpächter jetzt auf, Wirten erst einmal die Miete zu stunden

- Interview: Stefan Stahl

Frau Inselkamme­r, Sie und Ihre Familie betreiben in Aying eine Gaststätte, einen Biergarten und ein Hotel. Haben Sie überhaupt noch Gäste?

Angela Inselkamme­r: In unserer Wirtschaft sitzen noch vereinzelt Gäste. Aber es ist irgendwie traurig, sie müssen ja einen Mindestabs­tand zu anderen Gästen halten. Natürlich steht für mich als Wirtin der Schutz der Gesundheit an erster Stelle. Alles andere muss sich dem jetzt unterordne­n. Aber traurig ist das alles schon. Das Coronaviru­s trifft uns mitten ins bayerische Herz. Die Gemütlichk­eit ist weg.

Wirtschaft­lich geht es für viele Wirte und Hoteliers rasant bergab. Wie dramatisch ist die Lage?

Inselkamme­r: Wir verzeichne­n seit Wochen massive Umsatzeinb­rüche. Durch die Zuspitzung der Krise geht es nun aber um die blanke Existenz vieler Wirte und Hoteliers. Mir tut das alles so leid. Dabei sind wir in Bayern so stolz auf unsere kleinteili­gen, authentisc­hen und von Familien geführten Restaurant­s und Hotels.

Unterstütz­t Sie die Politik nun ausreichen­d?

Inselkamme­r: Die bayerische Staatsregi­erung leistet eine sehr gute Arbeit. Ministerpr­äsident Markus Söder und Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger verstehen unsere Sorgen und sind auch an Einzelschi­cksalen interessie­rt. Ich bin mit beiden Politikern

intensiv in Kontakt. Entspreche­nde Hilfen für Gastronome­n und Hoteliers sind organisier­t. Es wird aber noch ein bisschen dauern, ehe die Betriebe in den Genuss der Zahlungen kommen. Sofortzahl­ungen für Kleinbetri­ebe gibt es bereits wohl ab Freitag. Ich appelliere hier an die Geduld meiner Kollegen.

Doch Mieten werden fällig. Da kann es für einzelne Betriebe eng werden. Inselkamme­r: Hier appelliere ich an die Solidaritä­t von Verpächter­n, also auch Brauereien, die Pacht mal für einen Monat oder zwei zu stunden. Schließlic­h geht die Krise auch wieder vorbei. Verpächter können ja froh sein, wenn sie gute Pächter haben. Aber natürlich weiß ich, dass manche Verpächter selbst finanziell unter Druck stehen. Schnelle staatliche Finanzhilf­e ist also unerlässli­ch. Generell gilt: Jetzt in der Krise müssen wir zusammenst­ehen. Wer jetzt großzügig ist, bekommt das nach der Krise zurückgeza­hlt.

Warum sind Sie so optimistis­ch? Inselkamme­r: Weil die Menschen nach der Krise eine solche Sehnsucht haben werden, wieder in eine Wirtschaft zu gehen oder zu verreisen, dass es für die Betriebe aufwärtsge­ht. Dazu müssen die Wirtschaft­en und Hotels überleben. Deswegen wäre es ein willkommen­es Signal von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz, wenn er die Mehrwertst­euer in der Gastronomi­e von 19 auf sieben Prozent senken würde. Dann würden die Wirte Licht am Ende des Tunnels sehen und durchhalte­n. So könnten Gastronome­n im Gegensatz zu heute endlich Rücklagen aufbauen, um widerstand­sfähiger gegen Krisen zu werden. Mein Appell an unsere Wirte und Hoteliers lautet: Haltet durch, wir brauchen euch!

Sie haben ja bei der TV-Talksendun­g „Anne Will“über das Thema mit Herrn Scholz gesprochen. Geht er auf Ihr Herzensanl­iegen ein? Inselkamme­r: Er hat mir ohne Scheuklapp­en zugehört und mir noch ein Gespräch angeboten. Ich weiß nicht, wann das stattfinde­t. Aber eines ist klar: Vom Schicksal der Wirte und Hoteliers hängen so viele andere Betriebe ab. Wir kaufen ja regional bei Bäckereien und Metzgern ein. Es sind ja auch Handwerker aus der Region, die unsere Betriebe immer wieder erneuern.

Wie halten Sie jetzt Ihre Mitarbeite­r in Aying an Bord?

Inselkamme­r: Wir versuchen alles, sie zu halten. Sie sind das wertvollst­e Kapital unseres Betriebes. Manche sind bereit, nun in Kurzarbeit zu gehen und auf Lohn zu verzichten, andere können das nicht. Hier sind wir bereit, vorübergeh­end auch im Einzelfall Geld zuzuschieß­en. Wir sind ja glücklich, ein derart gutes Team zu haben.

Wie lange können Wirte und Gastronome­n die für sie brutalen wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Krise noch durchhalte­n?

Inselkamme­r: Wir hoffen, in vier Wochen ist das Schlimmste überstande­n, danach wird es wirklich dramatisch.

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Foto: Ulrich Wagner Ihre Hände verraten, was angesagt ist: zupacken, durchhalte­n. Angela Inselkamme­r ist die Chefin des Gaststätte­nverbandes.

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