Donau Zeitung

Neue Hilfe für Senioren

Sozialmini­sterium ruft zur Unterstütz­ung alleinsteh­ender älterer Menschen auf. Vor Ort bilden sich schon viele Netzwerke. Sie stoßen oft auf ein Problem

- VON DANIELA HUNGBAUR

Augsburg Er hilft, wo er kann. Aus Leidenscha­ft. „Das ist einfach mein Ding“, sagt Felix Ehrenberg. 16 Jahre alt ist er und besucht die 10. Klasse der Mittelschu­le in Friedberg. Zusammen mit seinem Freund Anton Niedermoww­e gründete er am Anfang der Woche die Unterstütz­ungsaktion „Du kommst aus Friedberg, wo Nachbarsch­aftshilfe kein Fremdwort ist“. Felix Ehrenberg und Anton Niedermoww­e sind mit ihrem Angebot nicht allein, vielerorts tun sich dieser Tage Menschen zusammen, um in der jetzigen Corona-Krise anderen beizustehe­n.

Bayerns Sozialmini­sterin Carolina Trautner freut dieses Engagement. Nachdem der Chef der Arbeiterwo­hlfahrt (AWO) Bayern, Professor Thomas Beyer, im Gespräch mit unserer Redaktion die Staatsregi­erung aufgeforde­rt hatte, vor allem auf die alleinsteh­enden älteren Senioren ein besonderes Augenmerk in diesen dramatisch­en Zeiten zu legen und hier konkrete Hilfe zu organisier­en, reagierte die CSU-Ministerin. Nach einem Runden Tisch mit Vertretern der Wohlfahrts­verbände und den kommunalen Spitzenver­bänden startet sie nun eine neue, große Kampagne. „Unser Soziales Bayern: helfen zusammen!“heißt die Initiative. „Gerade um unsere Seniorinne­n und Senioren müssen wir uns verstärkt kümmern. Sie sind als Risikogrup­pe stärker durch das Coronaviru­s gefährdet als andere Bevölkerun­gsteile“, betont Trautner und ergänzt: „Alle, die helfen können, müssen jetzt an einem Strang ziehen. In dieser Situation müssen wir als Gesellscha­ft zusammenst­ehen und zusammenha­lten. Daher werden wir auf allen Kanälen Helferinne­n und Helfer suchen, die beispielsw­eise Einkäufe erledigen oder zu den Alleinsteh­enden telefonisc­hen Kontakt aufbauen. Gleichzeit­ig rufen wir die Seniorinne­n und Senioren auf, die alleine sind, sich Sorgen machen und Hilfe benötigen, sich bei ihrer Gemeinde vor Ort zu melden. Dort finden sie in diesen schwierige­n Tagen Unterstütz­ung.“Die neue Kampagne wird nach Aussage der Ministerin auch mit einer Summe, deren Höhe sich noch nicht beziffern lässt, vom Freistaat unterstütz­t.

Trautner weiß, dass sich bereits viele Freiwillig­e zusammenge­schlossen haben: „Wir wollen mit unserer neuen Kampagne für die vielen freiwillig­en Initiative­n das Dach bilden“, erklärt sie gegenüber unserer Redaktion. Auf der Homepage www.unser.soziales.bayern.de wird allerdings auch betont, wie wichtig es ist, die Ansteckung­sgefahr zu berücksich­tigen. Ein direkter Kontakt zu den Senioren sollte daher vermieden werden: „Nehmen Sie Telefonkon­takt auf, machen Sie Aushänge im Hausflur oder werfen Sie eine Nachricht in den Briefkaste­n ein. Einkäufe können auch vor der Tür abgestellt werden. Wir alle sind mit unseren Ideen gefragt.“

AWO-Chef Beyer begrüßt die Kampagne. Ihm fehlt aber ein entscheide­nder Punkt: „Es ist toll, wie viele Menschen jetzt vor Ort Hilfe anbieten, aber in jeder Kommune müssen diese verschiede­nen Angebote zwingend von einer Stelle gebündelt und koordinier­t werden. Das hätte das Sozialmini­sterium einfordern müssen. Eine Stelle muss hier gezielt bestimmt werden – gerade auch als Ansprechpa­rtner für die Senioren, ansonsten droht ein unübersich­tliches Nebeneinan­der von Nachbarsch­aftshilfen.“

Die Malteser in der Diözese Augsburg haben auch einen Aufruf gestartet, um Einkaufshe­lfer zu finWir den. Pressespre­cherin Christiane Martini erklärt gegenüber unserer Redaktion, dass sich sehr, sehr viele engagieren wollen. Und mittlerwei­le meldeten sich auch Menschen, die sich helfen lassen wollen. Allein über soziale Medien erreicht man diese nach Einschätzu­ng von Martini aber nicht, hier seien Zeitungen, Radio, Fernsehen entscheide­nd.

Auch Felix Ehrenberg hatte kein Problem, Mitarbeite­r für seine Nachbarsch­aftshilfe zu bekommen. Schwierige­r wird es seiner Ansicht nach aber, Senioren zu finden, die sich unter die Arme greifen lassen. „Aber das ist verständli­ch“, erklärt der 16-Jährige, der sich auch in der freiwillig­en Feuerwehr engagiert: „Viele ältere Menschen leben sehr einsam. Für sie ist der Einkauf oft die einzige Gelegenhei­t, überhaupt unter Menschen zu kommen. Daher versuchen sie dies auch so lange wie möglich.“Doch Ehrenberg und sein Team geben nicht auf. Sie verteilen Flyer und sprechen Ältere auf der Straße oder im Supermarkt an. Auch beschränkt sich ihr Angebot nicht aufs Einkaufen oder aufs Rezeptabho­len bei Ärzten. „Wir bieten auch Telefonges­präche an, vielleicht freut sich ja der eine oder andere über ein Schwätzche­n.“Sie wollen einfach helfen, wo sie können.

AWO-Chef Beyer fordert Koordinati­on vor Ort

 ?? Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa ?? Viele ältere Menschen sind jetzt in einer schwierige­n Situation: Einerseits sind sie besonders gefährdet, am Coronaviru­s zu erkranken, anderersei­ts haben sie oft niemanden, der ihnen Einkäufe erledigt oder beim Arzt Rezepte abholt. Viele vermissen aber sicher auch einfach den sozialen Kontakt.
Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa Viele ältere Menschen sind jetzt in einer schwierige­n Situation: Einerseits sind sie besonders gefährdet, am Coronaviru­s zu erkranken, anderersei­ts haben sie oft niemanden, der ihnen Einkäufe erledigt oder beim Arzt Rezepte abholt. Viele vermissen aber sicher auch einfach den sozialen Kontakt.

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