Donau Zeitung

In den Gesundheit­sämtern fehlen Ärzte

Warum es schwer ist, Mediziner für den Dienst in der Behörde zu begeistern. Hilft das Programm der Regierung?

- VON STEPHANIE SARTOR

Donauwörth Stefan Rößle redet gar nicht groß drum herum: „Wir brauchen dringend Personal. Und das Problem haben nicht nur wir, sondern das gibt es in ganz Bayern.“Das, was der Landrat des Landkreise­s Donau-Ries da beschreibt, ist ein hochsensib­les Thema. Vor allem jetzt, in der Corona-Krise. Im Kern geht es um folgendes: Es gibt einfach nicht genügend Ärzte in den Gesundheit­sämtern.

In Zahlen ausgedrück­t verhält es sich so: Am Gesundheit­samt in Donauwörth sind von 3,5 Arzt-Stellen derzeit nur 1,75 besetzt. Wie kann das sein? „Es ist schwierig, Ärzte für den Öffentlich­en Gesundheit­sdienst zu bekommen“, sagt Rößle, der auch Vorsitzend­er der Kommunalpo­litischen Vereinigun­g Bayerns ist und die Sorgen anderer Kommunen kennt. In Lindau habe es bis vor kurzem gar keinen Amtsarzt gegeben – mittlerwei­le gebe es zumindest eine halbe Stelle, sagt Rößle. Er glaubt, dass eine Anstellung in einem Amt für viele Ärzte einfach nicht besonders attraktiv ist. „Als Oberarzt in einer Klinik kann man natürlich deutlich mehr verdienen.“

In den zehn schwäbisch­en Landratsäm­tern und der Regierung von Schwaben gibt es insgesamt 49 Vollzeitst­ellen für Amtsärzte. Tatsächlic­h besetzt sind derzeit aber nur 37,6, wie Karl-Heinz Meyer, Pressespre­cher der Regierung von Schwaben mitteilt. „Die Stellen sind bedarfsori­entiert in Schwaben verteilt. Diese Zuweisung ist daher stets im Fluss“, sagt Meyer. Ausschreib­ungen für die offenen Stellen gebe es – Mediziner für diese Jobs zu gewinnen, das sei aber seit Jahren schwierig, sagt auch Meyer.

Bereits im Frühling des vergangene­n Jahres, als man nicht ahnen konnte, dass ein knappes Jahr später eine Virus-Welle über Deutschlan­d schwappen würde, hatten Experten davor gewarnt, dass die Gesundheit­sämter personell nicht gut aufgestell­t seien. „Die Gesundheit­sämter in Deutschlan­d stehen vor einem Kollaps“, hatte Ute Teichert, Vorsitzend­e des Bundesverb­ands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlich­en Gesundheit­sdienstes, damals gesagt. Ende 2018 waren ihr zufolge in den etwa 400 deutschen Gesundheit­sämtern noch knapp 2500 Mediziner beschäftig­t. Das sei ein Drittel weniger als vor 20 Jahren. Dadurch könnten die Behörden ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen, erläuterte Teichert damals. Dazu gehöre beispielsw­eise die Koordinati­on der Bekämpfung von multiresis­tenten Erregern und Gesundheit­spräventio­n

in Schulen. Oder, wie wir heute wissen, der Kampf gegen eine Pandemie.

An diesem Montag dann die Pressekonf­erenz der bayerische­n Staatsregi­erung. Ministerpr­äsident Markus Söder und Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml kündigten Maßnahmen an, um das Gesundheit­ssystem zu entlasten. So sollen etwa 400 zusätzlich­e Mitarbeite­r aus anderen Behörden abgezogen werden, um in den Gesundheit­sämtern auszuhelfe­n. Bringt das was? Der DonauRiese­r Landrat Stefan Rößle sagt: „Natürlich ist es erfreulich, dass jetzt reagiert wird. Wir fordern das schon seit Jahren.“Aber, fährt der Landrat fort, ein anderes Problem bleibe ja trotzdem bestehen: „Es gibt einfach zu wenige Ärzte.“

Rößle versucht derweil, in seinem Landratsam­t alle Kräfte für das Thema Corona zu bündeln. Es gibt etwa eine zentrale Stelle, an der alle Anrufe, die an das Gesundheit­samt gehen, angenommen werden. Für diese Hotline wurden Mitarbeite­r aus anderen Bereichen abgezogen, etwa aus der Zulassungs­stelle. Nötig ist das, weil die Telefone kaum mehr stillstehe­n. Die einen melden sich, weil sie einen Husten haben und sich Sorgen machen, mit dem Virus infiziert zu sein. Die anderen, weil sie einen Corona-Test machen wollen. Und wieder andere, weil sie Fragen zu ihrer Krankschre­ibung haben. Zudem wird es im Donauwörth­er Gesundheit­samt eine zusätzlich­e Verwaltung­skraft geben, die sich unter anderem darum kümmern wird, Kontaktper­sonen von Corona-Kranken zu ermitteln.

Trotz all dieser Anstrengun­gen: Das große Problem, dass es zu wenige Ärzte gibt, bleibt weiter ungelöst. Die beiden, die momentan im Donauwörth­er Gesundheit­samt arbeiten, seien fast rund um die Uhr im Einsatz, sagt Rößle. „Ich hoffe, dass die Leute alle gesund bleiben.“

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Stefan Rößle

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