Donau Zeitung

„Die Gefahr ist einfach zu groß“

Die Seniorenhe­ime im Landkreis wollen ihre Bewohner und Mitarbeite­r schützen. Der Besucherve­rkehr ist dort weitestgeh­end eingestell­t. Die meisten Angehörige­n haben dafür Verständni­s, manche aber nicht

- VON VANESSA POLEDNIA

Landkreis Als Bayerns Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml am Freitag vor die Presse trat und wegen der Corona-Pandemie ein Besuchsver­bot für Krankenhäu­ser, Pflegeheim­e und Behinderte­neinrichtu­ngen aussprach, saßen Siegfried Huber und sein Team bereits zusammen und berieten sich. Huber leitet das Heilig-Geist-Stift im Herzen Dillingens. Das Senioren- und Pflegeheim ist seitdem für den normalen Besucherve­rkehr gesperrt. Ausnahmen von der Regel gibt es trotzdem. Bei Bewohnern, für die der Besuch unabdingba­r ist, gelten folgende Vorsichtsm­aßnahmen: „Die Personen werden namentlich registrier­t und müssen eine schriftlic­he Erklärung vorlegen, dass sie weder eine Kontaktper­son sind noch sich im Risikogebi­et aufgehalte­n haben“, erklärt Heimleiter Huber. Seit Freitag gibt es im Heilig-Geist-Stift zudem einen Aufnahmest­opp, um bei möglichen Krankheits­fällen freie Kapazitäte­n zu schaffen. Angehörige, für die die Ausnahmere­gel infrage komme, seien bereits von der Pflegeleit­ung informiert. Manche zu Pflegenden seien „leicht verunsiche­rt“über die Lage, doch die meisten nähmen beruhigend auf, dass das Heim aktiv handelt.

Die Sozialbetr­euung ist laut Huber nun besonders gefordert, eine erfüllende Alltagsstr­uktur für die Senioren und pflegebedü­rftigen Menschen zu schaffen. Dafür setze man unter anderem auf Singen und

Huber hält die Situation für herausford­ernd, aber die Umsetzung des Besuchsver­bots „klappe wunderbar“– solange auch die Mitarbeite­r zur Verfügung stehen. Deshalb stünde nun die Planung für den Fall an, dass zusätzlich Personal ausfällt.

Mitte vergangene­r Woche hatte die Elisabethe­nstiftung in Lauingen ein allgemeine­s Besuchsver­bot auf der Internetse­ite veröffentl­icht und einen Serienbrie­f an alle Betroffene­n verschickt. Das sagt der Vorstandsv­orsitzende des Psychiatri­e- und Pflegezent­rums, Jörg Fröhlich. Angehörige dürfen nur noch Menschen in der letzten Lebensphas­e besuchen oder in Notfällen erscheinen. Daher seien die Besucherza­hlen „sehr überschaub­ar“und das Personal notiere sich jeden Gast, weiß Fröhlich. An den Eingängen hängen zusätzlich Informatio­nsblätter und die Verwaltung­sangestell­ten arbeiten von zu Hause, um weitere Ansteckung­smöglichke­iten zu minimieren. „Niemand hat sich bis jetzt beschwert. Alle reagieren sehr umsichtig und besonnen“, sagt Fröhlich. Mit dem Besuchsver­bot sind auch alle Veranstalt­ungen ausgefalde­r len. Die Betreuung findet nur noch in kleinen Gruppen statt. Doch auch die Bewohner hätten Verständni­s für die Situation, meint Fröhlich.

Günther Schneider ist Heimleiter des Städtische­n Alten- und Pflegeheim­s St. Klara in Wertingen. Nach einem Corona-Verdachtsf­all im Heim, der sich nicht bestätigte, war das Pflegezent­rum am Sonntag alarmiert. Starker Husten und Fieber und ein Besuch von Angehörige­n, die ihren Urlaub in einem Risikogebi­et verbracht hatten: Viele Anzeichen sprachen für eine Infizierun­g der Person mit dem Virus. „Wir hätten bei einem positiven Ergebnis mindestens zwölf Mitarbeite­r in Quarantäne setzen müssen, die mit der Person in Kontakt getreten waren“, erklärt Schneider die prekäre Situation. Daher beschloss man am Montagmorg­en, größtmögli­ch auf jeglichen Besucherve­rkehr zu verzichten. Heimleiter Schneider betont, dass allen Beteiligte­n die Entscheidu­ng nicht leichtgefa­llen sei: „Wir wissen, wie wichtig die Angehörige­nbesuche sind. Aber die Gefahr ist einfach zu groß.“Freunde, Familie und Bekannte könnten nicht ersetzt werden, doch MenGedächt­nistrainin­g. schen seien gesundheit­s- und sozialpfle­gerisch gut versorgt. Im Notfall können Bewohner – nach vorheriger telefonisc­her Absprache – trotzdem besucht werden. „Der Großteil der Besucher erkennt die Lage und ist sehr einsichtig. Das stimmt mich froh“, sagt Schneider. Die Bewohner würden mit ihren Angehörige­n telefonier­en und viel Zeit im Wintergart­en verbringen. „Jetzt gerade sitzen fünf von ihnen in der Mittagsson­ne“, sagt Heimleiter Schneider.

Ähnlich ist die Erfahrung in einem anderen Pflegeheim im Landkreis. Die meisten Angehörige­n hätten Verständni­s für das weitgehend­e Besuchsver­bot, „andere aber nicht“. Das Heim habe aber die Verantwort­ung dafür, das Ansteckung­srisiko mit dem Coronaviru­s zu minimieren. Und das gehe nach Ansicht der Experten nur über die Einschränk­ung der sozialen Kontakte, bittet die Heimleitun­g, die nicht namentlich genannt werden will, um Verständni­s. Es sei ja auch nicht so, dass die Senioren in der Einrichtun­g alleine gelassen würden. „Bei uns“, so heißt es, „findet eine umfangreic­he soziale Betreuung statt.“

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Foto: Veh In Alten- und Pflegeheim­en im Landkreis Dillingen, so auch in der Lauinger Hospitalst­iftung, gilt ein weitgehend­es Besuchsver­bot für Angehörige. Die meisten von ihnen haben Verständni­s dafür, manche aber nicht.

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