Donau Zeitung

Noch warten 80 000 deutsche Urlauber auf ihre Heimkehr

Mallorca und Kanaren sind schon „geräumt“, doch in vielen Ländern gestaltet sich die Organisati­on der Heimreise schwierig. Ein Problem ist auch, dass sich die EU-Staaten bisher nicht gegenseiti­g unterstütz­t haben. Die Außenminis­ter wollen das jetzt ändern

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Ob Mallorca oder Kanarische Inseln – die klassische­n Urlaubszie­le der Bundesbürg­er sind „geräumt“. „Wir haben in den vergangene­n Tagen rund 120000 Urlauber aus diesen Regionen nach Hause geholt“, sagte Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) am Montag nach einer Videokonfe­renz mit seinen europäisch­en Amtskolleg­en. Die Bundesregi­erung geht davon aus, dass noch weitere 80000 Reisende aus den „weiter entfernten Ländern“auf eine Rückflugmö­glichkeit warten. Man rechne damit, jeden Tag weitere 10 000 heimholen zu können. Das stellte sich in den vergangene­n Tagen als unerwartet schwierig heraus.

In einigen Ländern wie Ägypten, Algerien, Chile, Costa Rica, Dominikani­sche Republik, Ecuador, Gambia, Indien, Marokko, Mexiko, Neuseeland, Peru, den Philippine­n und Tunesien halten sich zahlreiche Urlauber weit entfernt auf von den Flughäfen, die von Lufthansa, Condor und TUI im Auftrag privater Reiseveran­stalter oder der Bundesregi­erung angeflogen werden können. „Wir helfen, indem wir Überflugun­d Landerecht­e beschaffen“, betonte Maas. Vor allem aber müsse man die Menschen vor Ort „einsammeln“, um sie rechtzeiti­g zu den Maschinen in die Heimat zu bringen. Am Montag vereinbart­en die Außenamtsc­hefs der Gemeinscha­ft nun, dass jedes Land nicht genutzte

Kapazitäte­n in den Jets mit Reisenden aus anderen EU-Staaten besetzt. „Wir tun das, die anderen werden es auch tun“, kündigte Maas an. Es werde eine Lösung geben.

Die Kosten für diese Flüge übernehmen in der Regel die Reiseveran­stalter. Die Preise bemessen sich laut Auswärtige­m Amt an einem vergleichb­aren Ticket in der Economy-Klasse. Es müsse aber niemand im Voraus bezahlen, meist würden die Reiseveran­stalter ihren Kunden eine Kostenüber­nahme auch schriftlic­h zusichern, die beim Check-In vorgelegt werden sollte. Deutlich schwierige­r scheint die Situation für Individual­touristen zu sein. Wenn die eigenen Versuche um einen Rückflug scheitern, sollten diese sich auf der Webseite des Auswärtige­n Amtes registrier­en, um dann auf einen jener Flüge gebucht zu werden, die die Bundesregi­erung in Kooperatio­n mit der EU organisier­t.

Der Außenminis­ter hatte nach dem dreistündi­gen Gespräch mit seinen Amtskolleg­en dann noch eine gute Nachricht: Die Situation an den Grenzüberg­ängen nach Deutschlan­d „entspannt sich“, sagte Maas. Vor allem auf den Autobahnen in Polen Richtung Bundesrepu­blik war es in den vergangene­n Tagen zu kilometerl­angen Staus gekommen – mittendrin steckten etliche tausende Lkw mit lebenswich­tigen Versorgung­sgütern. „Alle EU-Mitgliedst­aaten waren sich einig, dass wir den Güter- und Warenverke­hr nicht behindern dürfen. Ebenso fest steht, dass wir Berufspend­ler ungehinder­t passieren lassen müssen. Denn bei vielen handelt es sich um Ärzte und Pflegepers­onal der grenznahen Krankenhäu­ser – und die brauchen wir ganz dringend“, betonte Maas. Die Situation, die durch die rasante Ausbreitun­g des Coronaviru­s entstanden sei, bezeichnet­e der SPDPolitik­er als „einen Stresstest für uns alle, auch für die EU“. Da die Situation in den Ländern unterschie­dlich sei, müsse jede Regierung zwar anders antworten. Dennoch solle die EU „deutlich stärker als bisher koordinier­en“. Maas regte an, die „Solidaritä­tsklausel“in den EU-Verträgen zu aktivieren. Damit könnte materielle und personelle Hilfe schneller und unbürokrat­ischer dorthin gelangen, wo sie am dringendst­en benötigt werde.

In einer Videobotsc­haft hat sich am Montag auch EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen zu Wort gemeldet. Sie beklagte, dass der grenzübers­chreitende Verkehr

Von der Leyen fordert freie Fahrt für Güterlastw­agen

wegen Grenzkontr­ollen in Europa zeitweise zum Erliegen gekommen sei. Inzwischen haben 14 Staaten Kontrollen im eigentlich kontrollfr­eien Schengenra­um eingeführt. Von der Leyen forderte sofortige Verbesseru­ngen für den Güterverke­hr: Alle Transporte müssten auf grünen Spuren in höchstens 15 Minuten die Grenze passieren können, um die Versorgung sicherstel­len zu können. Zudem sollten Wochenendu­nd Nachtfahrv­erbote für Lkw ausgesetzt werden. „Wir brauchen in dieser Situation Flexibilit­ät, und ich baue auf das Verständni­s der Bevölkerun­g“, so von der Leyen. Lastwagens­chlangen von mehr als 40 Kilometern und Wartezeite­n von bis zu 18 Stunden müssten aufhören. Der Verkehr auf den Hauptachse­n in Europa müsse fließen. Und „unser Kampf gegen das Virus wird noch lange dauern“.

 ?? Foto: J. Stratensch­ulte,dpa ?? Im Flugverkeh­r gibt es derzeit (fast) nur eine Richtung – nach Hause. Lufthansa, Condor und TUI haben bereits 120 000 deutsche Urlauber nach Hause geflogen. Doch noch immer warten 80 000 Menschen auf einen Rückflug. Jetzt wollen sich die EU-Staaten mit Sitzplatzk­apazitäten in den Maschinen gegenseiti­g helfen.
Foto: J. Stratensch­ulte,dpa Im Flugverkeh­r gibt es derzeit (fast) nur eine Richtung – nach Hause. Lufthansa, Condor und TUI haben bereits 120 000 deutsche Urlauber nach Hause geflogen. Doch noch immer warten 80 000 Menschen auf einen Rückflug. Jetzt wollen sich die EU-Staaten mit Sitzplatzk­apazitäten in den Maschinen gegenseiti­g helfen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany