Stornierung statt Trauschein
Mit den Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus stehen auch viele Hochzeiten auf der Kippe oder sind bereits abgesagt. Wo sonst die Eheschließung gefeiert wird, bleiben die Säle vorerst leer
Landkreis Die Bayerische Regierung versucht, die Corona-Pandemie einzudämmen. Mit der verhängten Ausgangsbeschränkung sind Veranstaltungen vorerst verboten und Gaststätten bleiben geschlossen. Ohne kirchlichen Segen und mit dem Gastronomie-Verbot fallen viele Hochzeiten ins Wasser. Welche Folgen hat das für die Veranstalter von Hochzeiten und die Brautpaare?
Jürgen Brugger ist Inhaber des Restaurant-Landgasthofs „Zum Schlössle“in Finningen. Seit vergangener Woche hagelte es Absagen, neben Hochzeiten auch alle Kommunionen, Taufen und Firmungen. Einen Plan B oder eine passende Versicherung gibt es nicht, sagt Brugger: „Wie können nur abwarten.“Die Betreiber des Landgasthofs in Finningen hätten jedoch noch genug zu tun: Das riesige Anwesen müsse gepflegt und die Küche umgebaut werden.
Auch die Goldbergalm in Lutzingen musste bereits eine geplante Hochzeit mit 140 Personen verschieben. Diese hätte am 25. April stattfinden sollen. Bei dem Brautpaar, welches Inhaber Bernd Klinger abgesagt hat, handelt es sich um Nicole und Nicolas Fondanelle aus dem Dillinger Stadtteil Hausen. Seit eineinhalb Jahren hat die 27-jährige Altenpflegerin ihre Hochzeit geplant. Die standesamtliche Trauung fand bereits vergangenen September statt. Noch kurz bevor sich die Lage verschlechterte, waren die Fonda
zur Weinprobe in der Goldbergalm. „Wir haben mit Herrn Klinger über unsere Ängste gesprochen“, schildert Fondanelle. Innerhalb ihrer Hochzeitsgesellschaft gebe es immunschwache und kranke Menschen, um die sie sich sorgen. Der Inhaber und das Brautpaar wollten mit einer Absage noch eine Weile warten, doch das Bistum Augsburg kam ihnen zuvor. In der Arbeit erfuhr Nicole Fondanelle davon, dass keine kirchlichen Trauungen bis Ende April stattfinden sollen. Die Dillinger wollten in der Basilika heiraten. Sänger, Fotograf und DJ waren bereits gebucht. „An dem Tag sind die Tränen dauerhaft geflossen“, sagt die Braut.
Doch das Paar hat Glück im Unglück: Mit Inhaber Bernd Klinger wurde ein Ersatztermin gefunden, der 29. August. Fondanelle hat sich mit dem neuen Termin angefreundet, zusätzliche Kosten kommen nicht auf sie zu. Die Angst, dass die Corona-Maßnahmen bis in den August andauern werden, bleibt jedoch. Dass die Maßnahmen so schnell wie möglich vorbeigehen, hofft natürlich auch Inhaber Bernd
Klinger. Mit dem Mai beginnt, wie überall in Deutschland, die Hochzeitssaison im Lokal. „Wir haben dann fast jedes Wochenende eine Hochzeit eingeplant“, sagt Klinger, der weitere Absagen befürchtet. Die Maßnahmen des Freistaates hält er trotzdem für sinnvoll. Ihm sind „kurze und knackige“Pflichtschließungen lieber als eine ewig währende Ausbreitung des Virus und seiner Folgen. „Mehr als sechs Wochen hält aber kein Gastrobetrieb eine Schließung aus“, mahnt Klinger an. Daher hofft er auf finanzielle Hilfe vom Staat.
Weitere Gasthöfe in Dillingen, Wertingen und im gesamten Landkreis wollen sich nicht zur Situation äußern. Die Stimmung bei den Gastronomiebetrieben ist gedrückt. Die Ungewissheit scheint alle zu plagen Das kann auch Josef Stark, Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotelund Gaststättenverbandes in Dillingen, bestätigen. Sein Landgasthof in Gottmannshofen ist vorerst bis Ostern geschlossen. Hochzeiten waren dort nicht geplant. Doch Stark kennt die Probleme jener Betriebe, bei denen in den kommenden Monelles naten viele Hochzeiten im Terminkalender stehen: „Es ist nicht absehbar, wie lange die Einschränkungen erhalten bleiben. Und die Gasthöfe können den Hochzeitsgesellschaften für diesen Sommer und Herbst keine Ersatztermine garantieren.“
Zu den Hochzeits-Hotspots in der Region gehört das Höchstädter Schloss. Die stornierten Hochzeiten machen rund ein Viertel aller Veranstaltungen im Schloss aus. Anton Wiedemann von der Schlossverwaltung rechnet den Gästen hoch an, dass diese bereits vor der verhängten Ausgangsbeschränkung zum Hörer gegriffen und ihre Reservierungen storniert haben. „Niemand hat die Umstände kritisiert oder über die Stornierung geschimpft. Die Menschen sind vernünftig“, sagt er. Stornierungskosten kommen auf die Brautpaare nicht zu, versichert Wiedemann. Nach dem Abklingen der Situation wird es darum gehen, inwiefern Nachholtermine gefunden werden können. „Werden wir überhaupt die Kapazitäten und passenden Termine für alle haben?“, stellt sich Wiedemann die Frage.