Donau Zeitung

Viktor Orbáns Provokatio­nen: Ungarns starker Mann und seine Politik

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● Knapp ein Jahr ist es her, dass Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) Ungarns rechts-nationalis­tischen Ministerpr­äsidenten Viktor Orbán gegen Kritik an dessen autoritäre­m Regierungs­stil verteidigt­e. „Ich bin nicht bereit, Orbán als Demokraten infrage zu stellen“, sagte er der „Neuen Zürcher Zeitung“. Dem vorausgega­ngen war eine vor der Europawahl initiierte Plakatkamp­agne der Orbán-Regierung gegen den damaligen EU-Kommission­schef Jean-Claude Juncker mit Verunglimp­fungen und Falschbeha­uptungen zur EU-Migrations­politik. Orbán hatte behauptet, die „Zukunft der europäisch­en Zivilisati­on“sei durch die

„Masseninva­sion“von Muslimen und die migrations­fördernde Politik der „Brüsseler Eliten“bedroht.

● Es war bei Weitem nicht Orbáns erste Provokatio­n. Der seit 2010 amtierende ungarische Ministerpr­äsident schuf schon kurz nach Regierungs­antritt ein Gesetz, das die öffentlich-rechtliche­n Medien zu Sprachrohr­en der Regierungs­propaganda machte und die Pressefrei­heit einschränk­te. 2014 erklärte er, in Ungarn werde die „illiberale Demokratie“errichtet. Als Vorbilder nannte er Russland, China, Singapur und die Türkei.

● Mehrere Gesetze schränken in Ungarn die Wissenscha­ftsfreihei­t ein, zentralisi­eren und ideologisi­eren das Schulwesen und drohen kritischen Nicht-Regierungs­organisati­onen mit Strafsteue­rn und Gefängnis. Auch die Unabhängig­keit der Justiz ist beeinträch­tigt.

● Im Herbst 2015 ließ Orbán an den Südgrenzen des Landes Metallzäun­e errichten. Zugleich verschärft­e er das Asylrecht so, dass Flüchtling­e in Ungarn – einem Land mit rund 9,8 Millionen Einwohnern – kaum mehr Asyl beantragen können.

● 2017 unterstell­te er dem in Ungarns Hauptstadt Budapest geborenen USInvestor George Soros, einen Plan zu verfolgen, um Millionen Migranten in

Europa anzusiedel­n und die „nationale und christlich­e Identität“der Völker Europas auszulösch­en.

● Europas Rechtspopu­listen schätzen Orbán wegen seiner nationalis­tischen Rhetorik und Politik – und seiner Nähe zu Kreml-Chef Wladimir Putin. Vertreter der AfD betrachten ihn mehr oder weniger unverhohle­n als Vorbild.

● Orbáns Fidesz-Partei, deren Vorsitzend­er er seit 1993 ist, gehört zwar wie CSU und CDU zur konservati­ven Parteienfa­milie der Europäisch­en Volksparte­i (EVP). Wegen der Gefährdung von EU-Grundwerte­n hat die EVP Orbáns Partei im Mai 2019 jedoch aus ihren Reihen suspendier­t. (AZ)

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