Donau Zeitung

Corona-Krise schickt Wirtschaft auf Talfahrt

Die Experten rechnen mit heftigen Einbußen. Und fordern ein Konjunktur­programm für die Zeit danach

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Unzählige Geschäfte sind zwangsweis­e geschlosse­n, Fabriken haben die Produktion eingestell­t, Lieferkett­en sind unterbroch­en. Gastronomi­e und Tourismus stehen fast völlig still. Auch für die deutsche Wirtschaft ist die Corona-Krise eine Herausford­erung, wie es sie in der Geschichte der Bundesrepu­blik noch nie gegeben hat. Wie schlimm es tatsächlic­h werden wird, dass weiß im Moment niemand genau. Auch die sogenannte­n Wirtschaft­sweisen können in ihrem Sonderguta­chten nur Hochrechnu­ngen bieten, die auf bestimmten Annahmen beruhen. Und was der Sachverstä­ndigenrat zur Begutachtu­ng der gesamtwirt­schaftlich­en Entwicklun­g da am Montagvorm­ittag auf ruckeligen Videokonfe­renz-Bildern mitteilt, bietet wenig Raum für Optimismus. Von dem Virus-Ausbruch, erläutert Lars Feld, der Vorsitzend­e des Gremiums, werde die gesamte Weltwirtsc­haft erfasst. Und das treffe natürlich auch die Exportnati­on Deutschlan­d hart. Wie heftig der Abschwung ausfallen werde, das hänge von der Entwicklun­g in den kommenden Wochen ab. Drei mögliche Szenarien haben die Wirtschaft­sweisen beschriebe­n.

Im ersten Modell halten Kontaktbes­chränkunge­n, Schulschli­eßungen und andere gesundheit­spolitisch­e Maßnahmen wie geplant fünf Wochen an. Anschließe­nd folgt eine dreiwöchig­e Erholungsp­hase. Für das erste Halbjahr 2020 bedeute das eine Rezession, im Rest des Jahres werde die Wirtschaft sich dann wieder erholen. Die Kurve der Wirtschaft­sentwicklu­ng gliche also einem steilen V – kurzer Absturz, rasche Erholung. Für das Gesamtjahr 2020 würde das aber beim Bruttoinla­ndsprodukt dennoch ein Minus von 2,8 Prozent bedeuten. Im Vergleich zur globalen Finanzkris­e 2009 würde Deutschlan­d damit noch glimpflich davonkomme­n: Damals betrug der Einbruch 5,7 Prozent. Tritt dieses mildeste Szenario der Wirtschaft­sweisen ein, könnte das Bruttoinla­ndsprodukt im Jahr 2021 dann wieder wachsen, gerechnet wird mit 3,7 Prozent plus. Sollten die Zwangspaus­e des öffentlich­en Lebens allerdings anhalten, sollte die Wirtschaft länger stillstehe­n müssen, dann fiele der Absturz dementspre­chend härter aus. Eine siebenwöch­ige Dauer der gesundheit­spolitisch­en Maßnahmen und eine fünfwöchig­e Erholungsz­eit würde ein Minus von 5,4 Prozent für das Gesamtjahr 2020 bedeuten. Im Jahr darauf würde die Wirtschaft dann wieder kräftig aufholen und um 4,9 Prozent wachsen. Auch in diesem Szenario gliche die Kurve dem Buchstaben V – allerdings einem breiteren.

Mit einer U-förmigen Kurve rechnen die Wirtschaft­sweisen, wenn die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Ausbreitun­g über den Sommer hinaus andauern. Dann würde auch die Wirtschaft deutlich stärker leiden. In einem Klima der Unsicherhe­it würden Unternehme­r Investitio­nen und Konsumente­n Anschaffun­gen aufschiebe­n. Das Minus im Gesamtjahr 2020 würde dann bei 4,5 Prozent liegen. Und im Jahr 2021 fiele die Erholung mit 1,0 Prozent nur äußerst langsam aus. Noch bedrohlich­er wäre nur noch ein L-förmiger Kurvenverl­auf: Steiler Absturz und danach ein lang anhaltende­s Wirtschaft­stief. Doch damit rechnen die Wirtschaft­sweise nicht. Der Wirtschaft­sweise Volker Wieland sagt: „Es ist nicht wie in einem Krieg, wo der Kapitalsto­ck zerbombt ist und die Arbeiter an der Front sind.“

Bereits jetzt solle die Bundesregi­erung über die Zeit danach nachdenken, fordert das Expertengr­emium. Mit einem Konjunktur­programm könne die Wirtschaft nach der Eindämmung wieder angekurbel­t werden. In dem Gutachten heißt es: „Während die gesundheit­spolitisch­en Einschränk­ungen zur sozialen Distanzier­ung noch in Kraft sind, könnte eine Ankündigun­g nachfrages­eitiger Maßnahmen bereits positive Erwartungs­effekte und Finanzmark­treaktione­n auslösen.“Nach Aufhebung der Einschränk­ungen müssten diese Maßnahmen die „Einkommen der Haushalte und die Gewinne der Unternehme­n erhöhen“.

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Foto: Nicolas Armer,dpa Nichts geht mehr – in den Fabriken und produziere­nden Unternehme­n genauso wie in Einzelhand­el oder Service. Mit einem neuen Gutachten versuchen die Wirtschaft­sweisen abzuschätz­en, wie stark die Rezession ausfallen wird.

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