Coronafälle: Wird jetzt mehr getestet?
Das Dillinger Gesundheitsamt arbeitet fast rund um die Uhr. Ein Interview mit Leiterin Dr. Uta-Maria Kastner
Angeblich wurde einem Anrufer im Gesundheitsamt gesagt, ein 15-minütiger Kontakt mit einem positiv getesteten Corona-Kranken sei überhaupt kein Problem. Stimmt das?
Dr. Uta-Maria Kastner: Ja, das stimmt teilweise. Beim Gesundheitsamt werden durch die niedergelassenen Ärzte Verdachtsfälle und bestätigte Fälle gemeldet. Nach Eingang der Labormeldung ermittelt das Gesundheitsamt die Kontaktpersonen. Das Management von Kontaktpersonen – also von Personen, die mit dem Erkrankten in Berührung gekommen sind – ist eine wichtige Maßnahme zur Verlangsamung der Epidemie. Kontaktpersonen können etwa betreuendes medizinisches Personal, Familienmitglieder, Freunde, Mitreisende oder geschäftliche Kontakte sein. Um eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, werden die folgenden Maßnahmen von den Amtsärztinnen und speziell geschulten Mitarbeitern durchgeführt:
● Ermittlung, Klassifizierung, Beratung der Kontaktpersonen und ihrer Angehörigen.
● Festlegung und Koordination von Maßnahmen (Beobachtung, Quarantäne etc.).
● Es wird zwischen Kontaktpersonen mit einem höheren Risiko für eine Ansteckung und Kontaktpersonen mit einem geringeren Risiko für eine Ansteckung unterschieden. Enge Kontaktpersonen hatten über mehr als 15 Minuten engen Sprechkontakt mit dem bestätigten Fall mit weniger als 1,5 bis zwei Metern Abstand. Davon sind etwa Haushaltsangehörige oder enge Arbeitskollegen betroffen. Diese Personen müssen für 14 Tage nach dem letzten Kontakt in eine häusliche Isolierung (Quarantäne). Die anderen Kontaktpersonen unterliegen einer Beobachtung während der 14 Tage, können aber weiter arbeiten und sich frei bewegen. Bei Symptomen müssen sich diese Personen beim Gesundheitsamt melden.
Könnten wir einen Einblick in die Arbeit des Gesundheitsamtes kriegen? Etwa, wie die Hotline arbeitet, welche Fragen weiterhin auftauchen?
Dr. Uta-Maria Kastner: Drei bis vier Mitarbeiter des Landratsamtes besetzen täglich von Montag bis Sonntag von 8 bis 19 Uhr die Hotline, Telefon 09071/51-350 und werden täglich über die aktuelle Lage informiert. Die Bandbreite der Fragen, die uns über die Hotline erreichen, ist verständlicherweise groß. So ist die persönliche Lebenssituation eines jeden Menschen in irgendeiner Form durch die bislang erlassenen Allgemeinverfügungen betroffen. So erreichen uns beispielsweise Fragen wie „Darf ich noch im Park spazieren gehen?“oder „Darf ich noch Holz im Wald holen?“. Eine große Rolle spielt auch die Situation der zahlreichen Gewerbetreibenden, bei denen sich durch die Betriebsschließungen natürlich viele Fragen ergeben. Nachdem das zuständige Staatsministerium für Gesundheit und Pflege seit Veröffentlichung der Allgemeinverfügungen aufgrund der Fragen, die sich die Betroffenen im Vollzug stellen, phasenweise im Tagesrhythmus Ergänzungen und Erläuterungen und Auslegungshilfen herausgegeben hat, müssen die Mitarbeiter an den Bürgertelefonen ständig auf den aktuellen Stand gebracht werden, um den Anrufern möglichst belastbare und korrekte Antworten geben zu können. Ergänzend dazu veröffentlichen wir die wesentlichen Informationen regelmäßig auf der Homepage des
Landratsamtes unter www.landkreis-dillingen.de. Vier, fünf Mitarbeiter des Gesundheitsamtes telefonieren und beraten Kontaktpersonen und beantworten spezielle Anfragen zu Themen rund um die Coronainfektion von 7 Uhr bis 19 Uhr. Viele Menschen warten auf die Testung durch die KVB oder dann auf die Mitteilung des Ergebnisses. Andere haben Fragen zu den Quarantänemaßnahmen, und wer bei freiwilliger Isolierung für die Kosten aufkommt oder eine Bescheinigung ausstellt.
Wie ist das Gesundheitsamt jetzt personell aufgestellt – wird aus anderen Abteilungen aufgestockt?
Dr. Uta-Maria Kastner: Alle Mitarbeiter arbeiten seit Bestätigung der ersten Fälle in zwei Schichten von 7 Uhr bis meistens 21 Uhr. Auch an den Wochenenden ist das Gesundheitsamt besetzt. Die Mitarbeiter arbeiten mittlerweile seit Wochen bis an die Belastungsgrenze. Das Gesundheitsamt wird jetzt personell aufgestockt. In der nächsten Woche werden uns drei Medizinstudentinnen und ein Zahnarzt für voraussichtlich sechs Monate zugewiesen. Das bringt Entlastung.
Hat sich die Schlagzahl der CoronaTests in den vergangenen Tagen erhöht?
Dr. Uta-Maria Kastner: Selbstverständlich müssen bei zunehmend mehr bestätigten Fällen und symptomatischen Kontaktpersonen auch mehr Testungen gemacht werden.
Oder ist daran gar nicht gedacht, weil die Labore eh nicht nachkommen?
Dr. Uta-Maria Kastner: Kranke Menschen sollen zukünftig in einem Testzentrum im Landkreis getestet werden, die gesunden Kontaktpersonen werden, falls erforderlich, bis auf Weiteres im Gesundheitsamt getestet. Es stimmt, dass die Schlagzahl der Tests nicht beliebig erhöht werden kann. Dann nämlich dauert es für Patienten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit, erkrankt zu sein, bis zum Testergebnis viel zu lange. Die Labore sind bemüht, die Testkapazitäten zu erhöhen. Es handelt sich aber um ein sehr komplexes Untersuchungsverfahren, das immer noch nur an sehr wenigen Standorten in Deutschland durchgeführt werden kann. Vergleichsweise zu anderen Ländern wird in Deutschland sehr viel getestet.
Wie gehen Sie mit den Unsicherheiten der Menschen um, die krank sind, nicht wissen, was sie haben und weder bei 116117 noch beim Hausarzt durchkommen?
Dr. Uta-Maria Kastner: Betroffene mit nur leichten Symptomen, die keinen Test erhalten oder weder eine Hotline oder einen Hausarzt telefonisch erreichen, sollten sich selbst isolieren, das heißt zuhause bleiben, alle engen Kontakte unter zwei Metern meiden, eine gute Händehygiene und Husten- und Niesregeln einhalten. Sollten die Beschwerden zunehmen, sollte zunächst nochmals versucht werden, die bundesweite Rufnummer des Kassenärztlichen Notdienstes 116117 anzurufen. In Notfällen (etwa Atemnot) sollten sie sich an den Notruf 112 oder eine Rettungsstelle wenden.
Gibt es Beschwerden von Betrieben, weil Mitarbeiter ausfallen – und man nicht weiß, warum?
Dr. Uta-Maria Kastner: Bei uns gibt es keine Beschwerden. Für die Quarantänemaßnahmen besteht überwiegend Verständnis.
Die Fragen stellte Cordula Homann