Wenn Künstler gegen Corona ansingen
Wie Sarah Straub bekannte Künstler im Internet ins Boot holte, um unbekannte Kunstschaffende zu unterstützen – und was Konstantin Wecker „atemberaubend schön“findet
Landkreis „Wir kriegen’s nicht besser hin, weil keiner klatscht.“Wenn eine Sängerin auf der Bühne einen solchen Satz sagt, dann stimmt was nicht. In der Tat stimmte am Freitagabend beim Konzert von Sarah Straub etwas nicht. Besser gesagt, es war etwas anders: Es gab kein Publikum, folglich auch keinen Applaus. Doch in Zeiten des Internets stimmt auch das nicht. Es gab Publikum, sogar viele hunderte, ja tausende Zuhörer und Zuseher. Und es gab Applaus, viel Applaus aus der virtuellen Welt in Richtung analoger Bühne. Denn die Fans, die Sarah und ihre Gäste,
Konstantin Wecker, Fany Sammerlander, Andi Schmid, Jo Barnikel, Florian Hirle und Magnus Dauner sehen und hören wollten, standen nicht leibhaftig vor der Bühne der Dinzler Kaffeerösterei in Irschenberg. Sie tummelten sich im Internet, auf Facebook und YouTube. Und sie klatschten, kommentierten, freuten sich – allerdings zuhause und von dort über Kommentarspalten transportiert. Die Künstler auf der Bühne konnten das natürlich weder hören noch sehen. Denn Streaming ist bekanntermaßen nur in eine Richtung möglich. Doch was in diese eine Richtung zum Publikum strömte, konnte sich trotz aller kurzfristiger Improvisation sehen und hören lassen. Sarah Straub sang insbesondere Lieder von Konstantin Wecker. „Das war irgendwie meins, als ich begonnen habe, deutsch zu texten“, sagt sie. Wecker wiederum wundert sich,
„dass jemand meine Lieder singt, der 40 Jahre jünger ist – und eine Frau“. Umso mehr findet er ihre Interpretationen, die es auch als CD gibt, „atemberaubend schön“.
Und so sangen sie live auf der Bühne im Duett „atemberaubend schön“für eine virtuelle Zuhörerschaft. Auf den Plattformen YouTube und Facebook kann man eine Aufzeichnung des Live-Konzerts anklicken – und man kann weiter spenden. Denn das Konzert unter dem Motto „#socialdistancingmitHerz“ist eine Spendenaktion – und nicht Kunst nur um der Kunst willen. Sarah Straub will damit unbekannten Künstlern helfen, die durch die Corona-Krise in
Existenznöte kommen. Denn: keine Auftritte, kein Publikum, kein Einkommen und oft kaum Rücklagen. Insofern zählen gerade die weniger bekannten Künstler unter den rund zwei Millionen Solo-Selbstständigen zu denen, die die Krise am härtesten trifft. Gewiss, Streaming im Internet hat seinen Reiz. Doch auf eins freut man sich noch mehr: Wenn Sarah Straub baldmöglichst leibhaftig wieder im Landkreis auftritt, vielleicht sogar mit Konstantin Wecker, Fany Sammerlander, Andi Schmid, Jo Barnikel, Florian Hirle und Magnus Dauner. Auch das wär’ atemberaubend schön. Fotos: Nils Schwarz// Silvio Wyszengrad (Archiv)