Donau Zeitung

Zum Hörer greifen

- VON PFARRER WOLFGANG SCHNECK redaktion@donau-zeitung.de

Diese Tage habe ich eine Mail bekommen: „Ich kämpfe mich gerade so durch. Es gibt Tage, da geht es mir nicht gut. Ich bin es nicht gewohnt, so lange allein zu sein. Ich bin gerne unter Menschen. Dabei sind mir vor allem der Kontakt und das Gespräch wichtig, das Miteinande­r, die Zuwendung, das gegenseiti­ge Interesse, Mitgefühl, Anteilnahm­e. Durch die Ausgangsbe­schränkung fallen diese Begegnunge­n alle weg. Dann fühle ich mich sehr einsam, allein, verlassen. Da muss ich sehr strampeln und kämpfen, um nicht im Selbstmitl­eid zu versinken und vor mich hin zu heulen.“Nach dem Lesen habe ich zum Telefon gegriffen und angerufen. Im Gespräch kam alles noch mal. Ich sagte, das geht vielen so. Wie wäre es, wenn Sie Ihr Befinden einfach mit anderen teilen und Menschen, an die sie denken, einfach anrufen? Da gibt es keine Ansteckung, außer die, dass etwas Heilsames durchgeht, nämlich der kleine Akt der Liebe: sich einen Ruck geben, zum Hörer greifen, wählen und kommunizie­ren.

Liebe ist immer sehr handfest und heilsam. Heute habe ich einen Anruf bekommen: Herr Pfarrer, es geht mir gut. Ich erlebe viel am Telefon zu Hause, die Welt kommt rein. Der Evangelist Johannes würde diese Alltagserf­ahrung so deuten: „Wir wissen, dass wir aus dem Tode in das Leben übergegang­en sind, weil wir die Schwestern und Brüder lieben“(1 Joh 3, 14). So oder ähnlich kann Auferstehu­ng, Ostern zu Hause sein.

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