Zum Hörer greifen
Diese Tage habe ich eine Mail bekommen: „Ich kämpfe mich gerade so durch. Es gibt Tage, da geht es mir nicht gut. Ich bin es nicht gewohnt, so lange allein zu sein. Ich bin gerne unter Menschen. Dabei sind mir vor allem der Kontakt und das Gespräch wichtig, das Miteinander, die Zuwendung, das gegenseitige Interesse, Mitgefühl, Anteilnahme. Durch die Ausgangsbeschränkung fallen diese Begegnungen alle weg. Dann fühle ich mich sehr einsam, allein, verlassen. Da muss ich sehr strampeln und kämpfen, um nicht im Selbstmitleid zu versinken und vor mich hin zu heulen.“Nach dem Lesen habe ich zum Telefon gegriffen und angerufen. Im Gespräch kam alles noch mal. Ich sagte, das geht vielen so. Wie wäre es, wenn Sie Ihr Befinden einfach mit anderen teilen und Menschen, an die sie denken, einfach anrufen? Da gibt es keine Ansteckung, außer die, dass etwas Heilsames durchgeht, nämlich der kleine Akt der Liebe: sich einen Ruck geben, zum Hörer greifen, wählen und kommunizieren.
Liebe ist immer sehr handfest und heilsam. Heute habe ich einen Anruf bekommen: Herr Pfarrer, es geht mir gut. Ich erlebe viel am Telefon zu Hause, die Welt kommt rein. Der Evangelist Johannes würde diese Alltagserfahrung so deuten: „Wir wissen, dass wir aus dem Tode in das Leben übergegangen sind, weil wir die Schwestern und Brüder lieben“(1 Joh 3, 14). So oder ähnlich kann Auferstehung, Ostern zu Hause sein.