Donau Zeitung

Verordnete Einsamkeit

Die Ausgangsbe­schränkung­en treffen auch junge Singles hart, Studenten dürfen nicht mal mehr zu ihren Eltern

- VON MARKUS BÄR

München/Augsburg/Kempten Mindestens bis zum Ende der Osterferie­n sollen die Kontaktbes­chränkunge­n wegen der Viruskrise im Freistaat noch aufrecht erhalten bleiben. Wie sich inzwischen zeigt, ist die Infektions­häufigkeit dadurch bereits messbar gesenkt worden. Ein Lichtblick. Aber Experten warnen auch vor den psychische­n Folgen, die die soziale Isolation mit sich bringen kann. Zumal eine Reihe von Menschen besonders betroffen zu sein scheint. Das jedenfalls teilen uns Leserinnen und Leser zum Beispiel auf Facebook mit.

„Ich bin Single und lebe allein in Augsburg-Pfersee“, schreibt eine Frau. „Seit zwei Wochen bin ich im Homeoffice. Das heißt, ich habe seit zwei Wochen niemanden mehr persönlich gesprochen. Ich finde es ja toll, dass die Ausgangsbe­schränkung Ausnahmen vorsieht, dass man seinem Lebenspart­ner besuchen darf, auch wenn er in einer Wohngemein­schaft wohnt oder es sich um eine Fernbezieh­ung handelt. Aber hat denn niemand bei diesen Ausnahmen an die Alleinlebe­nden gedacht?“, fragt sich die Augsburger­in.

„Ich habe keine Liebesbezi­ehung, habe aber Eltern und einen Bruder mit Familie, ich habe zwei großartige Personen in meinem Leben, mit denen ich quasi eine platonisch­e Beziehung führe.“Diese dürfe sie nicht sehen. Selbstvers­tändlich verstehe sie die Beschränku­ngen. Man solle natürlich nicht seine Freunde und Bekannten etwa zu fünft daheim treffen. „Aber es wird genug Alleinlebe­nde geben, die jetzt noch einsamer sind als vorher.“

Ähnlich ist die Situation bei einem 24-jährigen Studenten im Oberallgäu, der allein wohnt und derzeit keine Lebenspart­nerin hat. Der Hochschulb­etrieb in Kempten ruht. Seine Freunde darf er wegen der Beschränku­ngen nicht sehen.

Und seine Eltern, die im Ostallgäu wohnen, auch nicht, weil er dort nicht gemeldet ist. Obwohl sie – beide um die 50 – nicht zu den Risikogrup­pen gehören. Wäre der junge Mann minderjähr­ig, dürfte er seine Eltern besuchen. Aber er ist sozusagen zu alt dafür. Ist diese Isolation aus Sicht der bayerische­n Staatsregi­erung dennoch tragbar?

„Die Lage ist sehr ernst“, sagt Oliver Platzer, Sprecher des bayerische­n Innenminis­teriums auf Anfrage unserer Redaktion. Darum bittet er um Verständni­s, dass auch in den geschilder­ten Fällen die Kontaktspe­rre eingehalte­n werden muss. „Nachdem der Erreger bei Sozialkont­akten als Tröpfcheni­nfektion übertragen wird, muss deren Zahl so weit wie möglich eingeschrä­nkt werden. Das Zusammentr­effen von Menschen muss reduziert werden“, so Platzer.

Es gelte weiter der Grundsatz: zur Arbeit, zum Arzt, zum Lebensmitt­eleinkauf oder zur Hilfe für andere. Alles andere müsse warten. „Jeder ist angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörige­n des eigenen Hausstande­s auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.“Daher sollte auch ein Besuch bei den Eltern sehr gut überlegt sein und ist nur angezeigt, wenn er unterstütz­ungsbeding­t ist – etwa, wenn Eltern Hilfe beim Einkauf brauchen oder beispielsw­eise der Hund ausgeführt werden muss. „Verzichten Sie aber bitte auf Kaffeekrän­zchen und nutzen Sie lieber das Telefon oder Skype, um in Kontakt zu bleiben“, sagt Platzer.

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