Donau Zeitung

„Die Menschen arbeiten am Limit“

Beschäftig­te der Lebensmitt­elindustri­e sorgen für Nachschub in den Supermärkt­en. Kritik an Ketten

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Landkreis Sie sorgen für Nachschub im Supermarkt: Die rund 1600 Menschen, die im Landkreis Dillingen in der Lebensmitt­elindustri­e arbeiten, leisten in der Coronaviru­sPandemie einen entscheide­nden Beitrag dafür, dass Essen und Trinken nicht knapp werden. Darauf hat die Gewerkscha­ft Nahrung-GenussGast­stätten (NGG) in einer Pressemitt­eilung hingewiese­n. „Überstunde­n und Extra-Schichten sind in der Lebensmitt­elindustri­e schon seit Wochen an der Tagesordnu­ng. Die Menschen arbeiten am Limit, damit Aldi, Lidl, Rewe, Edeka und Co. die Ware nicht ausgeht“, sagt Tim Lubecki von der NGG-Region Schwaben. Die Politik habe dies erkannt und die Lebensmitt­elbranche für „systemrele­vant“erklärt. Bei den Beschäftig­ten allerdings tauchen gerade jetzt viele Fragen auf, so die Gewerkscha­ft.

„Klar ist, dass die Versorgung mit Lebensmitt­eln an der Industrie, aber auch am Bäcker- und Fleischerh­andwerk nicht scheitert.

Wenn Nudelregal­e einmal leer oder Tiefkühlpi­zzen ausverkauf­t sind, dann liegt das vor allem an übertriebe­nen Hamsterkäu­fen und an Problemen in der Logistik“, macht Lubecki deutlich. Scharfe Kritik übt der NGG-Geschäftsf­ührer vor allem aber auch an den Vorgaben von Supermarkt­ketten. Die Konzerne forderten von den Hersteller­n auf der einen Seite, in der Krise noch schneller und noch mehr zu produziere­n. Zugleich wolle man die Preise drücken. „Das geht letztlich auf Kosten der Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r, die ohnehin unter Volllast arbeiten“, so Lubecki. Da es, wie auch die Politik bestätigt, in der Lebensmitt­elindustri­e derzeit keinerlei Versorgung­sengpässe gibt, warnt die NGG vor geplanten einschneid­enden Eingriffen in das Arbeitszei­tgesetz. „Corona darf nicht dafür herhalten, die Höchstgren­zen bei der Arbeitszei­t auszuhebel­n. In Tarifvertr­ägen und Betriebsve­reinbarung­en haben wir in der Lebensmitt­elindustri­e längst die nötige Flexibilit­ät, um Hochphasen zu stemmen. Sonst wären die Supermarkt­regale ja längst leer“, betont der Gewerkscha­fter. Gesetzlich­e Standards seien wichtig. Sonst leide am Ende die Gesundheit der Beschäftig­ten: „Wer eine Zwölf-Stunden-Schicht in der Backwareni­ndustrie hinter sich hat, bei dem steigt die Unfallgefa­hr“, sagt Lubecki. Das derzeit gültige Arbeitszei­tgesetz setze ein klares Limit: nicht mehr als zehn Stunden am Tag und nicht mehr als 60 Stunden pro Woche.

Auch der richtige Arbeitssch­utz sei mit Blick auf den laufenden Hochbetrie­b in der Ernährungs­industrie und im Lebensmitt­elhandwerk „extrem ernst“zu nehmen. „Die Firmen müssen dafür sorgen, dass genug Schutzklei­dung da ist und die Abstandsre­geln – etwa an Produktion­sstraßen – eingehalte­n werden. Der Schutz vor Infektione­n hat höchste Priorität“, so Lubecki.

Die NGG rät Beschäftig­ten, die Missstände beobachten oder unter Überlastun­g leiden, sich an die Gewerkscha­ft oder den Betriebsra­t zu wenden. Umfassende Arbeitnehm­er-Infos zur Coronaviru­s-Pandemie – von der notwendige­n Vorsorge am Arbeitspla­tz durch die Arbeitgebe­r über die Kinderbetr­euung und wichtige Azubi-Fragen bis hin zu Fieberkont­rollen am Werkstor – hat die NGG online gestellt: www.ngg.net/corona. Mit einer digitalen Demonstrat­ion unter dem Motto #GesichterD­erKrise gibt die NGG betroffene­n Beschäftig­ten zudem die Möglichkei­t, auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Weitere Infos: www.facebook.com/Gewerkscha­ftNGG.

Scharfe Kritik gegenüber den großen Ketten

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