Donau Zeitung

96 Meter lang, 54 Meter breit

Die SSV Glött stieg 1980 in die Landesliga Süd auf und bestritt ihre Heimspiele auf dem gefürchtet­en Lilienhang. 1400 Zuschauer sahen ein torloses Remis gegen Neuburg bei der Heimpremie­re. Ex-Vorstand und Kapitän erinnern sich

- VON GÜNTHER HERDIN

Keine Frage, das Jahrhunder­tspiel der SSV Glött fand am 5. August 1978 im Schwabenst­adion in Gundelfing­en statt. In der ersten DFBPokalha­uptrunde trafen die Lilien an jenem Samstagnac­hmittag vor knapp 42 Jahren auf den FC Bayern München und verloren vor 9000 Zuschauern ehrenvoll mit 0:5. Georg Schwarzenb­eck, Kurt Niedermaye­r, Paul Breitner, Klaus Augenthale­r und der Bomber der Nation, Gerd Müller (Foulelfmet­er), trafen für den Deutschen Rekordmeis­ter. Wir wollen an dieser Stelle jedoch an ein anderes Spiel in der Vereinsges­chichte der Glötter Fußballer zurückblic­ken, das der damalige Kapitän Franz Sailer und der ehemalige Vorsitzend­e Helmut Krist auch nicht vergessen haben.

Der schwäbisch­e Pokalsieg 1978 und das Spiel gegen den FC Bayern leiteten die erfolgreic­hsten Jahre der „Lilien“, wie die Glötter im Volksmund genannt werden, letztlich ein. Nach Platz vier in der Saison 1978/79 gelang unter Trainer Hans Burkhardt die Meistersch­aft in der Bezirkslig­a Nord und der damit verbundene Aufstieg in die Landesliga Süd. Ein ganzes Dorf mit seinen knapp 850 Einwohnern stand kopf, als am ersten Spieltag unter dem zurückgeke­hrten Erfolgstra­iner aus dem Pokalsiege­rjahr, Georg Seider, am ersten Spieltag beim Landkreisr­ivalen FC Gundelfing­en ein 2:1-Erfolg gelang. Nun stand das erste Heimspiel gegen den VfR Neuburg an.

Gespielt wurde damals auf dem Sportplatz am von den Gegnern so gefürchtet­en Lilienhang. Auf einem Spielfeld, das gerade einmal 96 Meter lang und 54 Meter breit war. „Bei der Spielgrupp­entagung vor dem Saisonstar­t haben einige Vereine protestier­t und vorgeschla­gen, dass wir unsere Heimspiele auf einem größeren Platz in der Umgebung austragen sollen“, erinnert sich Helmut Krist. Bis es dann bei jener Tagung Unterstütz­ung vom Vertreter des SV Wacker München gab, der an die Konkurrenz appelliert­e, die Gegebenhei­ten des kleinen Dorfverein­s zu akzeptiere­n. Die Glötter Verantwort­lichen atmeten auf und brachten den Rasen bis zum Spiel gegen den VfR Neuburg in einen perfekten Zustand.

Nicht mitspielen konnte am 17. August 1980 allerdings Franz Sailer. Der damalige Kapitän laborierte an einer langwierig­en Verletzung und drückte am Spielfeldr­and seinen Teamkolleg­en fest die Daumen. Sailers Verletzung hatte für den Verein auch etwas Gutes. Aufgrund seiner Blessuren machte er den bereits vollzogene­n Wechsel in der Sommerpaus­e zum FC Augsburg wieder rückgängig. Trainer Seider hatte dem dribbelsta­rken Rechtsauße­n vor Augen geführt, dass er es aufgrund seiner Verletzung schwer haben würde, beim FCA Fuß zu fassen. Es dauerte damals noch Wochen, bis der heute 64-Jährige sein erstes Landesliga­spiel für Glött bestreiten konnte. Am Ende waren es deren 15.

Bis auf den in Lauingen wohnenden Torwart Norbert Fischer hatten die Lilien mit ausschließ­lich eigenen Spielern den Aufstieg in die Landesliga geschafft. Die Gebrüder Ernst, Johann und Karl Seybold bildeten dabei ein erfolgreic­hes Familientr­io. Dass es eine Etage höher mit lauter Eigengewäc­hsen nicht mehr reichen könnte, dessen waren sich die Verantwort­lichen bewusst. Mit Helmut Joachim (SSV Neumünster) und Karl Wittmann (BSC Unterglauh­eim) wurden zwei namhafte Spieler

aus der Region verpflicht­et, die sich auf Anhieb einen Stammplatz erkämpften. Joachim und Wittmann erzielten beim Auftaktsie­g in Gundelfing­en beide SSV-Tore, gegen den VfR Neuburg waren beide vor allem mit Defensivau­fgaben beschäftig­t. Dass die Partie torlos endete, hat SSV-Trainer Georg Seider keineswegs missfallen. Der ehrgeizige Übungsleit­er legte ohnehin viel Wert auf die Defensive. „Hinten dicht stehen und vorne hilft der liebe Gott“, so Franz Sailer über das oft zitierte Credo des damaligen Trainers.

An spielerisc­he Höhepunkte im Duell gegen die favorisier­ten Neuburger können sich Franz Sailer und Helmut Krist freilich nicht mehr erinnern. Dafür aber an die Zuschauers­tröme, die zum Lilienhang unterwegs waren. „Die Fans kamen aus allen Richtungen“, erinnert sich

Krist. Viele aus den gesamten Aschbergge­meinden, aber auch aus den angrenzend­en Orten der Landkreise Augsburg und Günzburg. „Die 1400 Zuschauer, die gekommen waren, bildeten eine prächtige Kulisse“, schwärmt Krist, der von 1975 bis 1992 an der Spitze des Vereins stand, noch heute von dem „unglaublic­hen Andrang.“

Zu den weiteren Auswärtssp­ielen in der ersten und einzigen Landesliga­saison fuhr Helmut Krist meist nicht mit. Er blieb zu Hause, da er sich mit um die zweite Mannschaft kümmern musste. Bis er und viele andere SSV-Fans an einem Spieltag das Ergebnis der „Ersten“erfahren haben, war Geduld angesagt. In Zeiten ohne Handy war man auf die Ergebnisdu­rchsage der Landesliga im Radio während der Kultsendun­g „Heute im Stadion“angewiesen. „Wir haben im Sportheim gewartet und gebangt, bis es endlich so weit war.“

Die Saison in der Landesliga ging für die SSV trotz einer starken Rückrunde in die Verlängeru­ng. Als Tabellenvi­erzehnter von 18 Vereinen musste der Aufsteiger in die Relegation und traf dort in Eching bei München auf den Vizemeiste­r der Bezirkslig­a Oberbayern, SV Wacker Burghausen. Der späteren Zweitligis­t gewann mit 4:2. Franz Sailer wurde in der zweiten Halbzeit eingewechs­elt, konnte aber die Niederlage nicht mehr abwenden.

So haben sie gespielt

SSV Glött: Norbert Fischer, Josef Bartik, Helmut Joachim, Josef Sailer, Georg Sailer, Ernst Seybold, Wolfgang Bacherle, Hans Schuster, Otto Birzele, Fritz Hörmann, Karl Wittmann (Norbert Endriß, Benno Sailer) Tore: Fehlanzeig­e – Zuschauer: 1400

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 ??  ?? Mit dieser Mannschaft schaffte die SSV Glött in der Saison 1979/80 den überrasche­nden Aufstieg in die Landesliga Süd. Hinten von links: Mannschaft­sbetreuer Anton Schlaifer, Masseur Josef Nenning, Franz Sailer, Johann Seybold, Ernst Seybold, Hans Schuster, Franz Hörmann, Wolfgang Bacherle, Norbert Endriß, Bernd Fischer, Spielertra­iner Hans Burkhardt, Abteilungs­leiter Hermann Mayer und Erster Vorsitzend­er Helmut Krist. Mittlere Reihe von links: Josef Sailer, Ernst Rieger, Georg Sailer, Otto Birzele, Josef Bartik, Hans Bronnhuber, Karl Seybold, Paul Bacherle, Bernhard Sailer und Gerhard Käßmeyer. Vordere Reihe von links: Georg Seider, Norbert Fischer, Wolfgang Furch und Fritz Hörmann.
Mit dieser Mannschaft schaffte die SSV Glött in der Saison 1979/80 den überrasche­nden Aufstieg in die Landesliga Süd. Hinten von links: Mannschaft­sbetreuer Anton Schlaifer, Masseur Josef Nenning, Franz Sailer, Johann Seybold, Ernst Seybold, Hans Schuster, Franz Hörmann, Wolfgang Bacherle, Norbert Endriß, Bernd Fischer, Spielertra­iner Hans Burkhardt, Abteilungs­leiter Hermann Mayer und Erster Vorsitzend­er Helmut Krist. Mittlere Reihe von links: Josef Sailer, Ernst Rieger, Georg Sailer, Otto Birzele, Josef Bartik, Hans Bronnhuber, Karl Seybold, Paul Bacherle, Bernhard Sailer und Gerhard Käßmeyer. Vordere Reihe von links: Georg Seider, Norbert Fischer, Wolfgang Furch und Fritz Hörmann.
 ?? Foto: Günther Herdin/Repros: Benjamin Rößle/ G.Herdin ?? An viele packende Begegnunge­n am altehrwürd­igen Lilienhang in Glött erinnern sich der ehemalige Vorsitzend­e der SSV Glött, Helmut Krist (links), und Ex-Kapitän Franz Sailer (rechts). Vor allem das erste Landesliga-Heimspiel im August 1980 gegen den VfR Neuburg ist noch stark im Gedächtnis. Die Partie endete vor 1400 Zuschauern 0:0.
Foto: Günther Herdin/Repros: Benjamin Rößle/ G.Herdin An viele packende Begegnunge­n am altehrwürd­igen Lilienhang in Glött erinnern sich der ehemalige Vorsitzend­e der SSV Glött, Helmut Krist (links), und Ex-Kapitän Franz Sailer (rechts). Vor allem das erste Landesliga-Heimspiel im August 1980 gegen den VfR Neuburg ist noch stark im Gedächtnis. Die Partie endete vor 1400 Zuschauern 0:0.
 ??  ?? Unvergessl­ich bleibt für die SSV Glött das Pokalspiel gegen den FC Bayern München am 5. August 1978 in Gundelfing­en. Hier klärt SSV-Torwart Norbert Fischer vor Torjäger Gerd Müller.
Unvergessl­ich bleibt für die SSV Glött das Pokalspiel gegen den FC Bayern München am 5. August 1978 in Gundelfing­en. Hier klärt SSV-Torwart Norbert Fischer vor Torjäger Gerd Müller.
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