Mister Muay Thai aus Lauingen
Roland Steinle hat seine Kampfsportart in Bayern salonfähig gemacht. Als Studiobetreiber, Verbandschef und Trainer kümmert er sich um den guten Ruf, besonders aber um den Nachwuchs
Er hat in seinem Leben immer wieder zugelangt, kräftig sogar. Als Steinmetz beherrschte Roland Steinle – Jahrgang 1961 – das Spalteisen, genauso wie als Türsteher den ordnungsgemäßen Betriebsablauf von Diskotheken. Die Fäuste zu ballen und durchzuhalten in einem auch ohne Corona schwierigen Geschäft wie der Immobilienbranche, verstand er bald nach kurzer Einarbeitungszeit. Und schließlich teilte der bekennende „wirklich echte Lauinger“eines Tages auch noch als Thaiboxer aus. Dieser Kampfsport fällt – fast wie Steinles bisherige berufliche Karriere – durch sein breites wie vielfältiges Aktionsspektrum auf: schlagen, treten, umklammern, kicken, festhalten, notfalls werfen.
Letzteres gilt selbst bei der härtesten Kampfsportart der Welt namens „Muay Thai“als Tabu und ist damit auch für den Donaustädter verbotenes Terrain. Auch wenn der 1,80-Meter-Mann mit seinem rund 212 Pfund Kampfgewicht durchaus die Physis dafür mitbringen würde. Doch der gut gelaunte Kahlkopf kommt eher sanft daher, lacht gerne und scheint kein Kind von Traurigkeit zu sein. Aber Vorsicht: Blitzschnell kann sich der Chef eines Hausverwaltungsunternehmens der jahrhundertealten Kampftechniken erinnern und wie ein Krieger aus der thailändischen Vergangenheit Schwert und Speer durch Beine, Fäuste und Ellbogen ersetzen. Der vom Muay Thai Bund Deutschland (MTBD) ausgebildete Trainer boxte sich nämlich über die Jahre bis zum Präsidenten des ähnlich lautenden MTBB in Bayern durch. Und das, „obwohl ich anfangs auf dem Bauernhof nur so dahingeschlagen und über den MTBD-Chef Detlef Türnau meine Liebe zum geregelten Sport gefunden hatte.“
Apropos: Der Gründer des bekannten Studios Rayong-LA in Lauingen kann trotz seines Humorpotenzials fuchsig werden, wenn er an die zahlreichen „HinterhofGyms“denkt, „die ohne festes Regelwerk ihr Geld machen und sich auch sonst wenig für Vorschriften im Sinne der Gesundheit ihrer Mitglieder interessieren“. So zürnt der Branchenkenner über die Schwarzen Schafe im Ring: „Die maßen sich an, Sport zu treiben, pflegen jedoch eher das Disco-Prügeln.“
Die fast 700 Mitglieder seiner Organisation im Freistaat tragen das schicke MTBB-Logo und demonstrieren damit, dass sie für die anerkannte Sportliga stehen. „Die anderen nehmen uns die Kämpfer weg und verpassen ihnen wertlose Auszeichnungen.“Dagegen könnte die von ihm empfohlene Bildung von Jugendfördervereinen den Eltern signalisieren, dass die Studiobesitzer nicht nur Mitgliedsbeiträge kassierten, sondern sich qualitativ um Kinder und Jugendliche kümmerten.
Überhaupt der Nachwuchs: Weil Steinles Kämpferherz nicht nur für den geregelten, sondern einen sauberen Sport schlägt, tourt der Lauinger seit Jahren durch die Schulen im Landkreis, um die Werbetrommel zu rühren. Das vom thailändischen Königshaus unterstützte Programm „Muaythai against drugs“ wurde von dem Nordschwaben mit angestoßen und möchte vor Drogen, Alkohol und übertriebenem PCKonsum warnen. Kein Wunder, dass sich in dem 500 Quadratmeter großen Lauinger Kampfsportzentrum ein kleines Heer von fünf Dutzend Buben und Mädchen tummelt, darunter schon Vierjährige. „Die lassen wir nicht nur durch die Halle sausen oder Ringelreihen spielen, sondern fangen spielerisch mit einfachen Schlagtechniken an“, erklärt Steinle.
Seine eigene Bekanntheit hat er sich nicht zuletzt mit besonderem Engagement für große Sport-Events angeeignet – Stichwort „Face-2-Face“. Das sind aufwendige abendliche Actiongalas, die mit Showkämpfen, Feuerschluckern und Laserlichteinlagen für Furore sorgen. Dahinter steht der Gedanke, noch mehr Menschen zum Boxsport zu führen. „Die ganze Familie soll sich begeistern können“, resümierte der Erfinder dieser Veranstaltungsreihe, die künftig auch bundesweit stattfinden soll. Dieser Plan ist wegen der Corona-Krise aber vorerst auf Eis gelegt. Am 18. April hätte eine Face-2-Face-Kampfsportgala in Dillingen stattfinden sollen, die abgesagt und auf einen späteren, noch zu findenden Zeitpunkt verlegt werden musste.
Skeptikern vor der zugegeben robusten Sportart „Muay Thai“gibt Roland Steinle zu bedenken: „Fußball ist viel härter, man denke an das plötzliche Grätschen von hinten. Beim Boxen dagegen kommt der Gegner von vorn und man weiß, dass da etwas auf einen zukommt.“