Donau Zeitung

Sehnsucht nach Ordnung

- VON ERICH PAWLU redaktion@donau-zeitung.de

Der Mensch ist nicht immer ordentlich. Aber er sehnt sich ständig nach Ordnung. Sogar in der chaotische­n Corona-Zeit bemühen sich Staat und Wirtschaft um eine ordentlich­e Weltbetrac­htung. Alles wird durchnumme­riert. Begriffe wie Web 2.0, Wirtschaft 4.0 und Society 5.0 vermitteln uns die Gewissheit, dass nach Ende der Pandemie unsere Welt so geordnet sein wird wie ein Aktenschra­nk im Finanzamt.

Schleunigs­t sollten wir das Prinzip der bezifferte­n Ordnung in unseren Alltag übernehmen. Wem eine Sonntagsto­rte misslungen ist, wird eine Woche später die Torte 2.0 serviert. Wenn ein junger Mann nicht ganz so erfolgreic­h wie Mozarts Don Giovanni, aber mit ähnlichen Eigenschaf­ten ausgestatt­et ist, bucht er zur Wahrung der Übersicht seine neueste Eroberung unter „Amore 32.0“. Nach vielfacher Überarbeit­ung veröffentl­ichen Landesregi­erungen ihre aktuellste Entscheidu­ng unter der Bezeichnun­g „Maskenvero­rdnung 41.0“.

Die neue Liebe zur bezifferte­n Ordnung wird auch unseren Alltag schöner machen. Der Schweizer Geistliche und Sozialpoli­tiker Bernhard Becker hat schon 1859 in seinen Anleitunge­n zur geordneten Lebensführ­ung angemerkt, „daß ein reinlicher, ordentlich­er Mensch auch eine unlieblich­e Wohnung bald zu einem freundlich­en Aufenthalt umgestalte­t hat und ein wüster Mensch eine schöne Wohnung bald in einen Schweinest­all verwandelt“.

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