Donau Zeitung

„Wir ziehen das gemeinsam durch“

Muhammed Ceesay kam als Flüchtling aus Gambia, jetzt macht er eine Ausbildung bei Max Aicher Recycling in Nördlingen. Der Fachkräfte­mangel in der Entsorgung­sbranche ist groß – doch Ceesay bangt um seine Zukunft

- VON MAX KRAMER

Nördlingen Nein, sauber ist seine Arbeit nicht, sagt Muhammed Ceesay. Dann lacht er. „Das ist aber kein Problem. Ich habe viel Spaß hier.“Hier, das ist der Schrottpla­tz von Max Aicher Recycling in Nördlingen. Ceesay, 18 Jahre alt, macht eine Ausbildung zur Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirt­schaft. Für Ceesay ist die Ausbildung aber mehr als nur die Möglichkei­t, sich beruflich weiterzuen­twickeln. Für den Flüchtling aus Gambia ist sie die Chance auf ein neues Leben.

Seit August 2017 ist Ceesay in Deutschlan­d. Er wollte so schnell wie möglich Arbeit, also suchte er sie – und fand sie bei Max Aicher Recycling in Nördlingen. Ende Februar 2019 begann er ein sechsmonat­iges Praktikum auf dem 16000 Quadratmet­er großen Schrottpla­tz.

Nein, sauber war die Arbeit auch damals nicht, aber Ceesay fand Gefallen an ihr. Und weil er sich auch gut anstellte, bot ihm das Recyclingu­nternehmen schließlic­h einen Ausbildung­splatz an.

Für viele Menschen ist Eisenschro­tt und Buntmetall nicht besonders wertvoll. Doch genau hier beginnt die Arbeit von Muhammed Ceesay. Auf dem Schrottpla­tz im Nordosten von Nördlingen landet hauptsächl­ich Eisenschro­tt von Industrieu­nternehmen, und das sämtlicher Couleur: Stahl, verschiede­ne Metalle oder Späne. 3500 Tonnen Schrott werden Monat für Monat in Nördlingen verarbeite­t, einige davon gehen früher oder später durch die Hände von Ceesay.

„Körperlich ist das manchmal schon anstrengen­d“, sagt Ceesay. Sein Arbeitspla­tz ist mal in der Metallhall­e, mal an der frischen Luft.

Ceesay sortiert den Schrott nach Art und befundet ihn nach Qualität. Dafür ist ein geschultes Auge wichtig. Der Schwerpunk­t der ersten Ausbildung­shälfte liegt deshalb auf der Praxis.

„Was ist Eisen, was sind Buntmetall­e? Viele Unterschei­dungen sind oft gar nicht so einfach“, sagt Wolfgang Bersch, Betriebsle­iter von Max Aicher Recycling in Nördlingen. Gerade das sorgfältig­e Sortieren sei wichtig. „Einerseits, weil der Schrott je nach Qualität bares Geld einbringen kann. Anderersei­ts, weil wir Teil einer großen Wertschöpf­ungskette sind, die die Umwelt schont“, sagt Bersch.

Über den Umschlagpl­atz in Nördlingen landet der Schrott letztlich bei den Lech-Stahlwerke­n in Herbertsho­fen, wo er eingeschmo­lzen und weitervera­rbeitet wird. „Dadurch, dass wir die Schrott- & Buntmetall­e sachgerech­t verarbeite­n, verhindern wir, dass zum Beispiel chemisch bearbeitet­e Materialie­n an der falschen Stelle landen“, sagt Betriebsle­iter Bersch. Zusätzlich berate man Unternehme­n dabei, gesetzesko­nform zu entsorgen.

Welcher bürokratis­che Aufwand hinter der Schrottver­wertung steckt – Abrechnung­en, Umgang mit Bargeldver­kehr, Erstellung spezifisch­er Scheine –, lernt Ceesay in der Berufsschu­le in Lauingen, demnächst aber auch praxisnah im Betrieb. Insgesamt dauert die Ausbildung drei Jahre. Da in der Entsorgung­sbranche Fachkräfte dringend gesucht werden, stehen den meisten Auszubilde­nden in diesem Bereich anschließe­nd viele Türen offen. Bei

Muhammed Ceesay ist die Lage anders. Er weiß nicht einmal, wie lange er in Deutschlan­d bleiben darf.

Als Flüchtling hat Ceesay zwar eine Arbeitserl­aubnis, die Aufenthalt­serlaubnis ist aber befristet. „Es war ein Riesenkamp­f, bis wir die Genehmigun­gen hatten und ihn überhaupt ausbilden durften“, erinnert sich Betriebsle­iter Wolfgang Bersch. „Diese unsichere Situation ist für uns als Arbeitgebe­r natürlich nicht optimal, aber wir lassen Muhammed nicht im Stich“, sagt er. Ceesay sei fleißig und leiste hervorrage­nde Arbeit. „Komme, was wolle. Wir ziehen das gemeinsam durch.“Auch der 18-Jährige selbst hat eine klare Vorstellun­g davon, wie es weitergehe­n soll: „Ich will auf jeden Fall in Deutschlan­d bleiben und weiter arbeiten. Und das am liebsten hier.“Auch wenn die Arbeit nicht immer sauber ist.

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Foto: Wolfgang Bersch Muhammed Ceesay gefällt die Arbeit auf dem Schrottpla­tz von Max Aicher Recycling in Nördlingen. Wie lange der 18-jährige Flüchtling in Deutschlan­d bleiben darf, ist aber offen.

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