Wer entscheidet, ob der Ball wieder rollt?
In der Debatte um die Geisterspiele hat die Politik das Sagen. Aber auch andere Meinungen werden gehört
Berlin Nach wie vor ist unklar, ob und wann die Geisterspiele starten. Die Bundesliga hofft auf einen baldigen Neustart – doch sie kann die Entscheidung nicht treffen. Gleich mehrere Akteure müssen grünes Licht geben, bevor der Spielbetrieb wieder losgeht.
● Die Bundeskanzlerin: Der Fußball erhofft sich eine Entscheidung beim Video-Gipfel von Angela Merkel mit den Länderchefs am Donnerstag. Bei Geisterspielen will der Bund eine möglichst bundesweit einheitliche Regelung erreichen.
● Bundesarbeitsministerium: Ein internes Papier der Behörde, wonach Profis mit Mund-Nasen-Schutz spielen sollen, hatte vergangene Woche für Wirbel gesorgt. Spieler und Funktionäre lehnen dies ab.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sprach sich dann gegen den Vorschlag von Mitarbeitern seines Hauses aus. „Ich halte Spiele mit Masken nicht für vorstellbar“, sagte er der Bild am Sonntag. Heil verwies darauf, dass Profifußballer und Vereinsmitarbeiter auch Arbeitnehmer seien: „Deshalb gilt auch für sie der Arbeitsschutz.“Sein Ministerium sei bei der Frage eines Neustarts der Liga aber allein für die Bewertung des Arbeitsschutzes zuständig.
● Bundesinnenministerium: Horst Seehofer (CSU) und sein Ministerium kümmern sich um die Förderung des Spitzensports. Breitensport ist Ländersache. Die Akteure sind darum bemüht, beides in einer Balance zu halten, um den Unmut breiter Bevölkerungsschichten zu vermeiden. Denn wenn in der gleichen Stadt Fußball-Profis trainieren, gleichzeitig aber alle Tennisplätze gesperrt sind, ist Protest zu erwarten.
● Die Länder: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der jüngst noch einen Start am 9. Mai in Aussicht gestellt hatte, sagte zuletzt: „Ich würde diesmal nicht allzu viel erwarten. Es wäre sinnvoll, wenn wir nächsten Donnerstag ein Update machen, aber keine zusätzlichen überstürzten Aktionen einleiten.“
Grundsätzlich ist die Umsetzung der Maßnahmen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie Ländersache. Auch ein Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte am Montag, die Entscheidung darüber, wer, wo spielen und trainieren dürfe, liege bei den Ländern. Falls da unterschiedlich entschieden wird, könnte es auch zu Spielen in weniger als den üblichen 18 Stadien kommen. So hofft Werder Bremen im Falle einer Saisonfortsetzung zwar weiter auf Heimspiele im Weserstadion. Der Abstiegskandidat hält nach den Bedenken von Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) aber auch einen Umzug in ein anderes Bundesland nicht für vollkommen ausgeschlossen.
Die Konferenz der Sportminister hält die Fortsetzung des Spielbetriebes vor leeren Zuschauerrängen „nach wie vor ab Mitte oder Ende Mai für vertretbar“, so die Vorsitzende, Bremens Sportsenatorin Anja Stahmann. Noch kein einheitliches Meinungsbild gibt es offenbar in dem heiklen Punkt der Test-Kapazitäten. Ein Umlaufbeschluss soll bis zum Dienstagabend im Bundeskanzleramt vorgelegt werden und als Grundlage für die Beratungen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten dienen. Die Gesundheitsministerien sind zuständig für alle Maßnahmen, die auf Basis des Infektionsschutzgesetzes getroffen werden.
● Robert-Koch-Institut: Das RKI erfasst täglich die aktuelle Covid19-Lage, bewertet die Informationen und berät die Bundesregierung wissenschaftlich. Markus Söder zufolge muss es „sein grünes Licht“für den Neustart der Fußball-Bundesliga geben. „Wir brauchen die Expertise des Robert-Koch-Instituts“, sagte der bayerische Ministerpräsident. Zu Geisterspielen äußert sich das RKI bisher nicht konkret. Die Experten sagen sinngemäß: Wissenschaftler sind keine Politiker, die Entscheidung liege nicht bei ihnen.
● Deutsche Fußball-Liga: Boss Christian Seifert hat längst betont, dass die Entscheidung bei der Politik liege und hat keine Entscheidungsgewalt. Wegen der TV-Zahlungen will die Dachorganisation aber unbedingt, dass der Ball wieder rollt. Bei der letzten Mitgliederversammlung wurde den 36 Profiklubs der 1. und 2. Liga ein verbindliches Medizinkonzept vorgelegt. Dieses umfasst strenge Hygiene-Vorgaben und engmaschige Testungen. Erarbeitet wurde es von der „Task Force Sportmedizin/Sonderspielbetrieb“unter Leitung von Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer.