Donau Zeitung

Löwenzahn statt Sonnenblum­en

Urlaub zu Hause? Ohne Wegfahren? In den letzten Jahren war das mehr Freizeitst­ress als Erholung. Dabei kann’s daheim so schön sein

-

Die Fassaden des Kolosseums bewundern, über den Petersplat­z spazieren, zusehen, wie andere Touristen von der Spanischen Treppe aufgescheu­cht werden – und dazu, natürlich, Unmengen an Eis, Pizza und Pasta essen ... So hatten sich mein Mann und ich unseren Urlaub im April eigentlich vorgestell­t. Am liebsten wollten wir ein paar Tage in Rom verbringen und dieses ganz besondere, unbeschrei­bliche Gefühl spüren, das einen nur an einem lauen Abend überkommt, wenn man durch diese typisch kleinen Gassen einer italienisc­hen Stadt schlendert und an einer köstlichen Kugel Eis schleckt. Doch an Verreisen ist wegen des Coronaviru­s in diesen Tagen und wahrschein­lich auch in den kommenden Monaten nicht zu denken.

Jetzt haben wir zum ersten Mal erlebt, wie entspannt Urlaub zu

Hause sein kann. In den vergangene­n Jahren glichen Urlaubstag­e, die wir in der Heimat verbracht haben, häufig eher einer Abarbeitun­g von To-do-Listen: entfernte Verwandte abklappern, Keller ausräumen, Müll zum Wertstoffh­of bringen, zum Zahnarzt. Solche unliebsame­n Dinge eben, zu denen man normalerwe­ise nicht kommt oder einfach keine Lust hat.

Die Corona-Maßnahmen haben uns zwar einen Strich durch unseren Italien-Urlaub gemacht

– dafür haben uns die Ausgangsbe­schränkung­en

ein paar wunderbare freie Tage daheim beschert, in denen wir versucht haben, ein Stück Italien nach Hause zu holen.

Zum Beispiel, als ich nach ein paar Wochen im Supermarkt ein Stückchen Hefe ergattern konnte – ich kaufe sonst nie Hefe – und wir selbst Pizza gebacken haben. Oder als wir in jedes Gericht eine extra Portion Knoblauch gemischt und neue Eissorten ausprobier­t haben. Melone und Holunder waren meine Favoriten. Als wir mit unserer Hündin Emma bei langen Spaziergän­gen die ersten warmen Abende genossen haben. Statt Felder voller Sonnenblum­en – wie man sie von Fotos aus der Toskana kennt – haben wir uns eben über die weiten Wiesen voller Löwenzahnb­lüten gefreut – und uns abends blödsinnig­erweiße gewundert, warum unsere Hosenbeine ganz gelb verschmier­t waren. Endlich war auch genug Zeit, um auf der Terrasse den „Hobbit“und die „Herr der Ringe“-Reihe zu lesen – und sich wie jedes Jahr im Frühjahr zu ärgern, dass man sich wieder mal nicht mit Sonnenmilc­h eingeschmi­ert hat und schon ganz rot ist, nachdem man 20 Minuten in der Sonne gesessen hat – ganz wie sonst am Strand im Italien-Urlaub.

Zu Hause ist’s eben auch schön – solange man sich Zeit für sich nimmt. Und solange man gesund und zusammen ist. Das ist sowieso das Allerwicht­igste, gerade in diesen Tagen der Corona-Krise.

An dieser Stelle berichten Kolleginne­n und Kollegen aus der Redaktion vom Alltag in Zeiten von Corona.

 ??  ?? Maria Heinrich arbeitet als Redakteuri­n im Ressort Bayern und Welt. Den Urlaub daheim zu verbringen, findet sie auch ganz schön.
Maria Heinrich arbeitet als Redakteuri­n im Ressort Bayern und Welt. Den Urlaub daheim zu verbringen, findet sie auch ganz schön.

Newspapers in German

Newspapers from Germany