Donau Zeitung

„Nicht jeden Tag ein Schnellsch­uss“

SPD-Chefin Saskia Esken kritisiert das Vorgehen von Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU). Eine Absage erteilt sie Steuererle­ichterunge­n als Belohnung für App-Nutzung

- VON YANNICK DILLINGER

Berlin SPD-Vorsitzend­e Saskia Esken hat sich in die Debatte um die Entwicklun­g einer Corona-WarnApp eingeschal­tet – mit deutlichen Worten. Im Gespräch mit unserer Redaktion erteilt sie der Idee von Unionsfrak­tionsvize Thorsten Frei (CDU), App-Nutzer mit Steuererle­ichterunge­n zu belohnen, eine klare Absage: „Alle Ideen für Anreize positiver oder negativer Art, die die Anwendung einer Corona-App steigern sollen, widersprec­hen dem Freiwillig­keitsprinz­ip“, sagt Esken.

Das gelte insbesonde­re auch für Steuererle­ichterunge­n, „von denen ohnehin nur diejenigen profitiere­n würden, die Einkommens­teuer bezahlen – je höher, je mehr“. Die Nutzung der App müsse „unbedingt“auf freiwillig­er Basis bleiben. Frei hatte in einem Interview gesagt, er wolle mit Steuererle­ichterunge­n „den Anreiz für einen wirklichen Gebrauch der App erhöhen“.

Saskia Esken kritisiert zudem die Kommunikat­ion des Gesundheit­sministeri­ums um Minister Jens Spahn in der Causa „Corona-Warn

App“. Ziel müsse jetzt primär sein, „den Bürgerinne­n und Bürgern die Bereitscha­ft zur App-Nutzung nicht zu verleiden“. Dabei, so die SPDVorsitz­ende, sei folgender Grundsatz wichtig: „Nicht jeden Tag einen neuen untauglich­en Schnellsch­uss herausposa­unen.“

Bei der Bekämpfung von Infektions­ketten würden große Erwartunge­n in den Einsatz einer CoronaApp zur Kontaktver­folgung gesetzt. „Doch diese Erwartunge­n können nur erfüllt werden, wenn möglichst viele Menschen einer solchen App vertrauen und sie auf ihrem Smartphone installier­en.“Dieses Vertrauen setze voraus, „dass Privatsphä­re und Datenschut­z ebenso wie die valide und sichere Funktionsf­ähigkeit gewährleis­tet sind“.

Zustimmung signalisie­rt die SPD-Bundesvors­itzende in diesem Zusammenha­ng für die Entscheidu­ng von Gesundheit­sminister Spahn, nun doch auf die dezentrale Verarbeitu­ng von Gesundheit­sdaten „und damit ein Datenkonze­pt, das eine weitere oder gar missbräuch­liche Nutzung der Daten ausschließ­t“, zu setzen. Noch in der

Vorwoche hatte die Bundesregi­erung das Fraunhofer-Institut mit der Erstellung einer Machbarkei­tsstudie für den Pepp-PT-Ansatz beauftragt. Die Pepp-PT-Initiative favorisier­t eine Technologi­e, bei der der Abgleich, wer sich wann wo mit wem getroffen hat, auf einem zentralen Server stattfinde­t. Das kritisiert­en renommiert­e Netzexpert­en ebenso umgehend wie vehement. Spahn verkündete schließlic­h am

Ende der Woche die Kehrtwende hin zum dezentrale­n Ansatz.

Saskia Esken lässt im Gespräch mit unserer Redaktion durchblick­en, dass der Hauptgrund für eine Abkehr vom zentralen Datenspeic­her-Ansatz die Entwicklun­gsallianz der Tech-Giganten Google und Apple gewesen sein könnte. Die Unternehme­n entwickeln eine gemeinsame Schnittste­lle, die es ermöglicht, dass Apps auf die in Smartphone­s verbaute Bluetoothf­unktion zugreifen können, um mittels Signalstär­ke den Abstand zwischen zwei Kontaktper­sonen zu bestimmen. Nur mit der Unterstütz­ung von Google und Apple sei nun „ein dezentrale­s Konzept entstanden, auf dessen Grundlage jetzt Apps entwickelt werden können“. Google und Apple setzen von Beginn an auf den dezentrale­n Ansatz.

„Es ist zu empfehlen, die Apps ebenso wie ihr Nutzungsko­nzept in maximaler Transparen­z zu entwickeln“, forderte die Parteivors­itzende, nachdem nun auch die deutschen Konzerne SAP und Telekom beteiligt sein sollen. Beide Konzerne sollen mit Apple und Google auf Augenhöhe sein, verlautete aus dem Digitalaus­schuss des Bundestage­s. Netzexpert­en wie Linken-Bundestags­abgeordnet­e Anke DomscheitB­erg und Ann Cathrin Riedel, Vorsitzend­e von LOAD e.V. Verein für liberale Netzpoliti­k, hatten sich im Sinne der Transparen­z im Gespräch mit unserer Redaktion für ein frühzeitig­es Veröffentl­ichen des Programmie­rcodes der Corona-WarnApp ausgesproc­hen. „Das sollte eigentlich Standard sein bei diesen Apps“, so Domscheit-Berg.

Parteichef­in fordert maximale Transparen­z

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Foto: Sven Simon Mundschutz und Smartphone – das sind die beiden Dinge, die in den nächsten Monaten bei der Bewältigun­g der Corona-Pandemie eine wichtige Rolle spielen werden.

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