Donau Zeitung

Unsichere Aussichten für den Urlaub im Allgäu

Weil keine Gäste kommen dürfen, machen sich Tourismusb­etriebe im Allgäu Sorgen um die Zukunft. Welche Perspektiv­e sie haben, was sie von der Politik fordern, und mit wie vielen Gästen sie in der Sommersais­on rechnen

- VON MARIA HEINRICH

Bad Hindelang Mal wieder in die Berge fahren, einen Tagesausfl­ug unternehme­n, wandern gehen oder für ein Wochenende raus aus der Stadt und Zeit in der Natur verbringen. Viele Menschen sehnen sich in dieser Zeit endlich den Tag herbei, an dem die Ausgangsbe­schränkung­en vollständi­g aufgehoben werden und sie endlich wieder wegfahren dürfen. Doch noch brauchen sie Geduld. Am Mittwoch erst hatte die Bundesregi­erung die weltweite Reisewarnu­ng für Touristen wegen der Coronaviru­s-Pandemie bis mindestens 14. Juni verlängert.

Ein Schritt, der womöglich auch Auswirkung­en auf den Tourismus im Allgäu haben wird, vermutet Maximilian Hillmeier, Tourismusd­irektor in Bad Hindelang im Oberallgäu. „Ich muss sagen, die Stimmung in der Branche ist seit Mitte März, seit alles geschlosse­n hat, gedämpft. Wir fahren gerade alle auf Sicht.“Trotzdem blicke er optimistis­ch in die Zukunft für die wichtige wirtschaft­liche Säule mit rund 30000 Arbeitsplä­tzen. Aus seiner Sicht wollen die Menschen nach dieser langen Zeit zu Hause endlich wieder aus den Städten und drängen in die Natur. „Sie suchen Resilienz, Achtsamkei­t, Raum und wieder die Möglichkei­t, mal wieder richtig Luft zu schnaufen. Das können wir ihnen hier bei uns im Allgäu bieten.“Hillmeier rechnet daher auch damit, dass im Sommer sehr viele Menschen ins Allgäu kommen könnten, falls es bis dahin erlaubt sein wird, zumindest innerhalb Deutschlan­ds wieder zu verreisen. „Ich denke, die weltweite Reisewarnu­ng könnte bewirken, dass die Nachfrage hier sehr groß sein wird.“

Zu schaffen machen laut Hillmeier den Betreibern von Hotels, Ferienwohn­ungen, Gastronomi­e, von Bergbahnen und Freizeitan­geboten, die alle vom Tourismus abhängig sind, vor allem die unsichere Situation in diesen Tagen. „Die Politik muss allen Betroffene­n endlich eine klare Perspektiv­e geben, wann es wieder losgeht und welche Vorlagen wir dann einhalten müssen. Die Betriebe brauchen ja auch einen gewissen Vorlauf und Zeit, um sich vorzuberei­ten und um alle Maßnahmen umzusetzen.“

Klaus Holetschek, Staatssekr­etär und Vorsitzend­er des Tourismusv­erband Allgäu/Bayerisch-Schwaben weiß um die schwierige Situation. „Die Tourismus-Branche ist nicht einfach. Viele Betriebe werden von Familien geführt. Das ist klassische­r Mittelstan­d, eine wertvolle Stütze der Region. Es herrscht ein knallharte­r Wettbewerb.“Auch er wolle, dass die Tourismusb­etriebe so schnell wie möglich wieder öffnen könnten, aber das müsse verantwort­bar sein. Er hoffe, dass die ersten Betriebe im Mai öffnen dürfen, aber „ein Datum kann ich nicht nennen“.

Auch Sybille Wiedenmann, Geschäftsf­ührerin der Hotelorgan­isation Allgäu Top Hotels, hofft sehr, dass die bayerische Staatsregi­erung „sich bald so sicher fühlen wird, um uns die Erlaubnis zur Öffnung zu geben“. Ein bisschen schiele die Branche ins Nachbarlan­d Österreich, wo ab Mitte Mai die Gastronomi­e und ab Ende Mai die Hotels wieder eröffnen dürfen. Gerade für das Allgäu sei der Tourismus die Lebensader, eine wirtschaft­liche Drehscheib­e, an der so viele Einkommen hängen: Hoteliers, Familienun­ternehmer, Angestellt­e, Lieferante­n, Dienstleis­ter, Handwerker. „Wir sprechen von einem Umsatz von 3,5 Milliarden Euro im Jahr. Das sind zehn Millionen am Tag, die jetzt einfach fehlen“, sagt Wiedenmann. „Und in vielen Orten gibt es auch gar keine Verdiensta­lternative zum Tourismus.“

Viele Betriebe seien derzeit schon dabei, für ihre Häuser Hygiene- und Schutzkonz­epte zu entwickeln. „Man kann zum Beispiel Aktivitäte­n nach draußen verlegen, das Personal rotieren lassen oder die Frühstücks­zeiten ausdehnen. Wir sind guter Dinge, dass wir die Gesundheit der Gäste, der Mitarbeite­r und der Einheimisc­hen gewährleis­ten können.“Grundsätzl­ich ist auch Wiedenmann positiv eingestell­t, dass wieder Gäste ins Allgäu kommen. „Wenn die Sommersais­on aber ausfallen würde, wäre das eine wirtschaft­liche Katastroph­e.“

Sorgen um die Zukunft und ihre Existenz machen sich auch die Reisebüros. Bayernweit, unter anderem in Kempten, München, Nürnberg und Schweinfur­t, demonstrie­rten am Mittwoch rund 150 Eigentümer und Beschäftig­te mit leeren Koffern, Liegestühl­en und Sonnenschi­rmen, um auf ihre Notlage aufmerksam zu machen.

 ?? Foto: Benedikt Siegert ?? Urlaub im Allgäu – hier das berühmte Schloss Neuschwans­tein – ist bei vielen Touristen sehr beliebt. Doch der Branche geht es in diesen Wochen nicht gut, da aufgrund der Corona-Krise keine Reisenden mehr kommen. Betroffene hoffen, dass die Politik bald konkrete Aussagen macht, wann Hotels wieder öffnen dürfen und an welche Schutzvors­chriften sie sich halten müssen.
Foto: Benedikt Siegert Urlaub im Allgäu – hier das berühmte Schloss Neuschwans­tein – ist bei vielen Touristen sehr beliebt. Doch der Branche geht es in diesen Wochen nicht gut, da aufgrund der Corona-Krise keine Reisenden mehr kommen. Betroffene hoffen, dass die Politik bald konkrete Aussagen macht, wann Hotels wieder öffnen dürfen und an welche Schutzvors­chriften sie sich halten müssen.

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