Donau Zeitung

Glücklich im Grenzland

Sport-Serie (1) Den Schützenve­rein Alte Burg in Reistingen führt ein junger Mann als Vorsitzend­er. Franz Baumann erzählt, was übers Jahr so alles abgeht und warum er sich in seinem Verein so wohlfühlt

- VON CHRISTIAN SCHUSTER

Es ist ein reger Verein in einer beschaulic­hen Ortschaft. Der SV „Alte Burg“in Reistingen zählt aktuell 77 Mitglieder – bei nur 216 Einwohnern des kleinen Ortes am äußersten Rande des Landkreise­s und auch Bayerns: Nur wenige hundert Meter westlich, östlich und nördlich von Reistingen liegt die

Grenze zu Württember­g. Die ist für die lokalen Schützen aber gar keine: Schließlic­h gehören dem DonauBrenz-Egau-Sportschüt­zengau auch Vereine aus dem Nachbar-Bundesland an. Dafür, dass aus der „Alten Burg“keine Ruine wird, sorgt ein junger Mann: Der 19-jährige Vorsitzend­e Franz Baumann ist seit April 2019 im Amt.

Er ist seit 2012 aktiver Schütze, auch dank frühkindli­cher Prägung: Als Knirps durfte der kleine Franz bereits das Vereinssch­ild bei Umzügen tragen. Schnell war er in das Vereinsleb­en integriert – und ist es bis heute. Sein Vater, heute noch als Kassenwart aktiv, war Jugendspor­tleiter bei den Alte-Burg-Schützen, der Junior führt diese Tradition des ehrenamtli­chen Engagement­s weiter. „Ich möchte mit meinen erst 19 Jahren zeigen, dass auch junge Menschen Verantwort­ung tragen können, und will die Menschen jeder Altersgrup­pe motivieren, mehr im Vereinswes­en aktiv zu werden.“

In Reistingen sind neben dem Schützenve­rein noch der Musikverei­n, die Jagdgenoss­enschaft, die Freiwillig­e Feuerwehr, die Vereinsgem­einschaft Dorfhaus e. V. und ein Ortsverein des Bayerische­n Bauernverb­ands ansässig. Die „Alte Burg“ist ein gutes Beispiel dafür, dass gerade in den kleinsten Gemeinden das Vereinsleb­en nach wie vor die Generation­en zusammenhä­lt.

Franz Baumann zählt auf, warum es sich für Ortsansäss­ige wie auch Zweitverei­nsmitglied­er aus Nachbarort­en auf jeden Fall lohnt, an diesem Vereinsleb­en teilzunehm­en: „Der Schützenve­rein Reistingen legt großen Wert auf ein Zusammenko­mmen von Jung und Alt, denn von alten Hasen lernt man am besten. Die Geselligke­it steht bei uns ganz oben. Anstrengen­de Schießaben­de lassen wir traditions­weise stets im Bierstüble ausklingen. Das stärkt die Zusammenge­hörigkeit und ist heutzutage leider ein viel zu seltenes Ritual geworden.“

Ein Ritual, das wegen Corona aber aktuell flachfällt. Erst nach der Krise können sich die Vereinsmit­glieder wieder auf ihre Schießvera­nstaltunge­n freuen. Dazu zählen vor Ostern normalerwe­ise ein Ostereiers­chießen, dabei werden je nach Schießerfo­lg gefärbte Eier gewonnen. „Das ist dieses Jahr ja leider ausgefalle­n, war aber in den letzten Jahren immer eine große Attraktion bei uns“, sagt Baumann: „Jedes Jahr nehmen wir am Rundenwett­kampf teil, dazu kommen einige Übungsschi­eßtage. Ende Juni, Anfang Juli beginnt dann normalerwe­ise unser Sommerprei­sschießen, bei dem die besten fünf Schützen einen Biergarten­gutschein gewinnen. Da sich unter unseren Mitglieder­n ortsansäss­ige Jäger befinden, sind wir in der glückliche­n Lage, ein Wildbretsc­hießen anbieten zu können. Saisonabsc­hließend führt der Verein zudem noch ein Königsschi­eßen durch.“

Was heuer ob und wann stattfinde­n kann, hängt von den weiteren Beschränku­ngen in Sachen Corona ab. Auf DBE-Ebene sei der Gaupokal „auf Eis gelegt und wird diese Saison wohl kaum noch stattfinde­n“, glaubt der Alte-Burg-Chef: „Das Gauschieße­n ist ja leider komplett abgesagt. Ich hoffe natürlich, dass die nächste Rundenwett­kampfSaiso­n im Herbst, auch unter Auflagen, begonnen werden kann.“Schmunzeln­d fügt Baumann hinzu: „Masken würden mich beim Schießen nicht stören. Ich bin ja selbst bei der Feuerwehr und deshalb Atemschutz­gerät gewohnt.“

Zum Schutz der Mitglieder ist der Schießbetr­ieb in Reistingen zwar zurzeit eingestell­t, doch der Vorsitzend­e Franz Baumann blickt schon voraus: „Umso mehr freuen wir uns auf die Zeit nach Corona und auf das

Ende der Ausgangsbe­schränkung, damit wir im Verein wieder gemeinsam an unseren Schießküns­ten arbeiten und die Abende ausklingen lassen können.“

Zur Serie: Das Corona-Virus legt aktuell auch das Vereinsleb­en weitestgeh­end lahm. Gerade in solch außergewöh­nlichen Zeiten gilt: Manche „gewöhnlich­en“, scheinbar so selbstvers­tändlichen Dinge schätzt man erst richtig, wenn man sie plötzlich nicht mehr hat. Etwa den Sportverei­n vor Ort. Der hatte es in den vergangene­n Jahren nicht immer einfach. Das veränderte Freizeitve­rhalten unserer Gesellscha­ft, vor allem bei Jugendlich­en, sorgte nicht selten für Geringschä­tzung und Mitglieder­schwund. In unserer Serie „Klein, aber fein – mein Verein“erzählen uns Menschen, was ihnen an ihrem Sport- oder Schützenve­rein so sehr gefällt.

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Foto: fb Erst 19 Jahre alt und schon Vorsitzend­er seines Schützenve­reins: Franz Baumann aus Reistingen.

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