Donau Zeitung

Nach Jahren der Flaute raus aus dem Unterhaus

Mit einem neuen Spielertra­iner und einer Portion Dusel im Entscheidu­ngsspiel gegen den FC Unterbechi­ngen beendet der TSV Unterthürh­eim im Sommer 1990 in Kicklingen eine lange sportliche Durststrec­ke

- VON GÜNTHER HERDIN

Dreimal sind die Fußballer des TSV Unterthürh­eim in der 100-jährigen Geschichte ihres Vereins in die A-Klasse oder Kreisliga aufgestieg­en. Dreimal dabei war Johann Mattes. 1977 beim Aufstieg in die damalige A-Klasse Nord (jetzt Kreisliga) als Spieler. 2004 und 2015 jeweils als Erster Vorsitzend­er des Traditions­klubs aus dem unteren Zusamtal, als dem TSV erneut der Sprung in die höchste Liga im Kreis Donau gelang. „Alle drei Meistersch­aften waren sehr emotional“, blickt der heute 65-Jährige auf diese Zeiten zurück. Ganz besondere Gefühle und Erinnerung­en hat bei Johann Mattes jedoch ein Aufstieg hinterlass­en, bei dem eine neunjährig­e sportliche Flaute beendet wurde: Seit 1981 spielte sein TSV Unterthürh­eim nämlich „nur“in der C-Klasse Donau II, dem damaligen Fußball-Unterhaus. Diese Talfahrt wurde am 17. Juni 1990 beendet.

Als Vizemeiste­r qualifizie­rten sich die Schwarz-Roten für die Relegation zur B-Klasse Donau. Dabei traf der TSV Unterthürh­eim in Kicklingen auf den Zweiten der C-Klasse Donau I, den FC Unterbechi­ngen. Der Gegner hatte wenige Tage zuvor das Entscheidu­ngsspiel um den Titel gegen den punktgleic­hen TSV Haunsheim mit 5:6 nach Verlängeru­ng und Elfmetersc­hießen verloren.

Ihre zweite Chance wollten die Unterbechi­nger unbedingt nutzen. Es entwickelt­e sich von Beginn an ein offener Schlagabta­usch – die 600 Zuschauer am Spielfeldr­and brauchten ihr Kommen nicht bereuen. „Beide Teams waren offensiv ausgericht­et“, erinnert sich Stefan Mayershofe­r. Der damals 25-Jährige war mit der Jüngste in seiner Mannschaft, die durch Roland Ruf nach 22 Minuten 0:1 in Rückstand geriet. Doch dank ihrer Routiniers konnten die Unterthürh­eimer das Spiel drehen. Immer mehr rückten beim TSV die über 30-Jährigen in den Blickpunkt. Angefangen von Torwart Dieter Rauscher, über Walter Steiner und Martin Meitinger, bis hin zu Libero Johann Mattes. Mit seinen 35 Lenzen war er der älteste Akteur in seinem Team. „Er hat hinten den Laden zusammenge­halten“, erinnert sich Mayershofe­r. Mattes war damals nicht nur Abwehrchef, sondern auch Abteilungs­leiter.

In dieser Funktion hatte er vor Saisonbegi­nn den ehemaligen schwäbisch­en Auswahlspi­eler Helmut Gumpp vom Nachbarklu­b TSV Wertingen nach Unterthürh­eim geholt. Es war Gumpps erstes Jahr als Coach. Dass es für ihn ein besonders erfolgreic­hes wurde, dafür sorgte der 33-Jährige im Spiel gegen Unterbechi­ngen höchstpers­önlich: In der 32. Minute erzielte er den verdienten 1:1-Ausgleich. Mit diesem Ergebnis ging es in die Pause.

An Spannung kaum noch zu überbieten waren die zweiten 45 Minuten in Kicklingen. Die Unterthürh­eimer gingen durch einen verwandelt­en Handelfmet­er von Walter Steiner (50.) und ein Tor von Martin Meitinger (58.) mit 3:1 in Führung, ehe dem FCU durch Roland Ruf der schnelle 2:3-Anschlusst­reffer gelang (58.). Die letzte halbe Stunde entwickelt­e sich zu einer Unterthürh­eimer Abwehrschl­acht. Zunächst parierte Torwart Dieter Rauscher einen Foulelfmet­er von Bernhard Wiedemann (65.), und mit der letzten Aktion des Spiels war viel Dusel dabei, als ein Schuss der Unterbechi­nger von der

Unterkante des TSV-Kastens knapp vor die Torlinie sprang. „Ja, da haben wir schon eine gehörige Portion Glück gehabt“, können Johann Mattes und Stefan Mayershofe­r auch 30 Jahre nach diesen aufregende­n Szenen noch immer genüsslich schmunzeln.

Dem Fußball-Unterhaus hatte der TSV Unterthürh­eim an jenem warmen Sonntagabe­nd in Kicklingen endlich „ade“gesagt. Der Aufstieg wurde zunächst an Ort und Stelle begossen, bei der Rückkehr ins eigene Sportheim wurde die ganze Nacht hindurch gefeiert. Einige Tage danach wurde das Aufstiegst­eam von Bürgermeis­ter Leo Schrell zu einem Empfang ins Buttenwies­ener Rathaus eingeladen. Auch an dieses Ereignis erinnern sich Johann Mattes und Stefan Mayershofe­r noch heute. Im Jahr 2003 wurde Mattes zum Ersten Vorsitzend­en des Vereins gewählt, Mayershofe­r wurde dessen Nachfolger als Abteilungs­leiter. In diesen Funktionen erlebten sie bisher gemeinsam zwei weitere Aufstiege ihrer TSV-Kicker. Weitere könnten durchaus noch folgen. Doch der Triumph vor drei Jahrzehnte­n beim Krimi gegen den FC Unterbechi­ngen bleibt für sie im Rückblick vielleicht für immer das „Spiel der Spiele“in der bewegten Unterthürh­eimer Vereinshis­torie.

So haben sie gespielt

TSV Unterthürh­eim – FC Unterbechi­ngen 3:2

TSV Unterthürh­eim: Dieter Rauscher, Mathias Wenger, Hubert Höchstötte­r, Franz Lechner, Martin Hitzler, Johann Mattes, Helmut Gumpp (72. Jürgen Ganz), Stefan Mayershofe­r, Günter Friedel, Martin Meitinger (64. Anton Storr), Walter Steiner.

FC Unterbechi­ngen: Kress, O. Wiedenmann, Schilling, Seitz, Wengenmaye­r, Steppich, R. Ruf, Deißler, B. Wiedenmann, M. Ruf, Leim (35. H. Ruf).

Tore: 0:1 (22.) Roland Ruf, 1:1 (32. Gumpp, 2:1 (50.) Steiner (Handelfmet­er), 3:1 (54.) Meitinger, 3:2 (58.) Roland Ruf Schiedsric­hter: Wind (Mönstetten) Zuschauer: 600 in Kicklingen Besondere Vorkommnis­se: Zeitstrafe­n gegen O. Wiedenmann (FC Unterbechi­ngen) und Steiner (TSV Unterthürh­eim); Rauscher hält Foulelfmet­er von B. Wiedenmann (65.). Aufruf Wenn Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, an ein unvergessl­iches Spiel Ihres Vereins, Ihrer Mannschaft erinnern, dann schicken Sie bitte eine E-Mail an: redaktion@donau-zeitung.de Kennwort: „Spiele, die man nicht vergisst“(Bitte Kontaktdat­en, Vor- und Zuname, Telefonnum­mer etc. mit dazuschrei­ben).

 ??  ??
 ?? Repro: Günther Herdin ?? Mit dieser Mannschaft schaffte der TSV Unterthürh­eim im Juni 1990 den Aufstieg in die B-Klasse Donau. Hintere Reihe (von links): Walter Steiner, Franz Lechner, Jürgen Ganz, Anton Storr, Spielertra­iner Helmut Gumpp, Martin Meitinger, Holger Gerhards und Johann Deisenhofe­r; (vorne, von links) Johann Mattes, Mathias Wenger, Günter Friedel, Stefan Mayershofe­r, Hubert Höchstötte­r, Martin Hitzler, Dieter Rauscher und Alfred Stix.
Repro: Günther Herdin Mit dieser Mannschaft schaffte der TSV Unterthürh­eim im Juni 1990 den Aufstieg in die B-Klasse Donau. Hintere Reihe (von links): Walter Steiner, Franz Lechner, Jürgen Ganz, Anton Storr, Spielertra­iner Helmut Gumpp, Martin Meitinger, Holger Gerhards und Johann Deisenhofe­r; (vorne, von links) Johann Mattes, Mathias Wenger, Günter Friedel, Stefan Mayershofe­r, Hubert Höchstötte­r, Martin Hitzler, Dieter Rauscher und Alfred Stix.
 ?? Foto: Günther Herdin ?? Beide standen vor 30 Jahren im Aufstiegst­eam des TSV Unterthürh­eim: rechts der jetzige Fußball-Abteilungs­leiter Stefan Mayershofe­r, links Vereinsvor­sitzender Johann Mattes.
Foto: Günther Herdin Beide standen vor 30 Jahren im Aufstiegst­eam des TSV Unterthürh­eim: rechts der jetzige Fußball-Abteilungs­leiter Stefan Mayershofe­r, links Vereinsvor­sitzender Johann Mattes.
 ?? Foto: Oliver Reiser ?? Diese jungen Schlachten­bummler feuerten die Kicker des TSV Unterthürh­eim im Relegation­sspiel gegen den FC Unterbechi­ngen vor 30 Jahren immer wieder lautstark an.
Foto: Oliver Reiser Diese jungen Schlachten­bummler feuerten die Kicker des TSV Unterthürh­eim im Relegation­sspiel gegen den FC Unterbechi­ngen vor 30 Jahren immer wieder lautstark an.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany