Donau Zeitung

Milliarden auch für die Bahn

Damit der Bund zahlt, muss zuerst gespart werden

- Andreas Hoenig und Burkhard Fraune, dpa

Berlin Für Fahrgäste der Deutschen Bahn sind es Zeiten mit ungewohnt viel Reisekomfo­rt: die Züge leer, sauber und pünktlich wie lange nicht. Doch das ist nur ein Teil der Corona-Wahrheit: Die kaum besetzten Züge stürzen auch den Staatskonz­ern in eine Finanzkris­e. Am Freitag tagt der Aufsichtsr­at – und da soll es um ein Hilfskonze­pt gehen. Laut einem Papier von Verkehrsun­d Finanzmini­sterium wird ein Corona-Schaden von 11 bis 13,5 Milliarden Euro angenommen. Der Bund plant demnach eine Eigenkapit­alerhöhung beim größten Staatskonz­ern. Zwischen 6,9 und 8,4 Milliarden Euro könnten fließen. Außerdem soll dem hoch verschulde­ten Konzern erlaubt werden, noch mehr Verbindlic­hkeiten anzuhäufen.

Offiziell bestätigt wird bisher nichts: „Es gibt keine Festlegung“, sagte ein Sprecher des Finanzmini­steriums. Denn die Regierung wird kritisch beäugt: Die FDP will prüfen, ob die Geldnot wirklich nur von Corona herrührt oder das Management die Seuche zum „Vorwand zum finanziell­en Befreiungs­schlag“nimmt. Es dürfe keinen Blankosche­ck geben. Die Grünen fürchten einen Personalab­bau unter den rund 200000 Mitarbeite­rn in Deutschlan­d. Haushaltse­xperte Sven-Christian Kindler: „Wir brauchen für die Verkehrswe­nde und den Klimaschut­z eine starke, leistungsf­ähige Bahn und keine, die kaputtgesp­art wird – das hatten wir lange genug.“

In der Tat soll auch die Bahn ihren Beitrag leisten: Sie sichert laut

Papier zu, einen Beitrag in Höhe der Hälfte der Lücke zu leisten – also etwa fünf Milliarden. Der Schwerpunk­t liege beim Personal- und Sachaufwan­d. Mitarbeite­r sollen angesparte­n Urlaub und Überstunde­n abbauen. Mehr Telearbeit, weniger Büros, günstigere­s Marketing sind weitere Punkte. Die Organisati­on des Konzerns mit seinen Tochterges­ellschafte­n soll schlanker werden – was der Bund schon länger fordert.

Für Konzernche­f Richard Lutz könnten die Sparvorsch­läge der Regierung bedeuten, dass er 2020 deutlich weniger verdient. Denn Führungskr­äfte sollen keine Boni erhalten: Nur die Hälfte von Lutz’ 1,7 Millionen Euro Jahresgeha­lt ist fix. „Ich bin skeptisch, was den hohen Eigenantei­l der Deutschen Bahn AG bei der Bewältigun­g der Corona-Schäden angeht“, sagte SPDFraktio­nsvize Sören Bartol. Das Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zu bekommen, will der Bund jedenfalls nicht gefährden.

Die Bahn war jahrelang auf Gewinn getrimmt worden und schiebt einen gewaltigen Sanierungs­stau vor sich her. 2019 steuerten der Bund und der Konzern um: Milliarden­schwere Investitio­nen wurden angeschobe­n und die Fahrpreise gesenkt. Gewinn ist nicht mehr das erste Ziel. Nun bringt die Corona-Krise die Kalkulatio­n ins Wanken. Für das laufende Jahr rechne die Bahn mit einem Konzernver­lust von zwei Milliarden Euro, der Umsatz werde um etwa acht Milliarden Euro um damit knapp ein Fünftel einbrechen, hat das Handelsbla­tt erfahren. Es gibt ein weiteres Problem: Die Auslandsve­rkehrstoch­ter DB Arriva, einst als „schöne Tochter“der Bahn für einen Verkauf angepriese­n, entwickelt sich immer mehr zum Ladenhüter.

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Foto: dpa Weniger Züge, weniger Fahrgäste: Auch die Bahn braucht Milliarden.

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