Donau Zeitung

Brennende Fackel auf Wohnwagen geworfen

Fünf junge Männer stehen wegen versuchten Mordes an einer Roma-Familie vor Gericht. Was sie zur Tat sagen

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Ulm Knapp ein Jahr ist es her, dass eine Mutter und ihr Baby nur knapp einer Tragödie entkommen sind. Mit einer brennenden Fackel sollen fünf junge Männer versucht haben, eine Roma-Familie in einem Wohnwagen, der auf einer Wiese in Erbach – etwa 20 Minuten von Ulm entfernt – abgestellt war, zu töten. Doch das Geschoss verfehlte das Fahrzeug, in dem die Frau und ihr neun Monate alter Sohn schliefen. Die Männer, die hinter der Attacke stecken sollen, müssen sich nun vor Gericht verantwort­en.

Seit Montag stehen sie wegen versuchten Mordes und Brandstift­ung vor dem Ulmer Landgerich­t. „Wir waren dumm und haben nicht an die

Konsequenz­en gedacht“, sagt einer der Angeklagte­n zu Prozessbeg­inn. Sie hätten nie jemanden verletzen wollen. Der Fackelwurf sei, ebenso wie ein toter Schwan, der auf der Wiese abgelegt wurde, eine spontane Idee gewesen, um die Familien zu vertreiben. Die Fackel sei aber absichtlic­h neben den Wohnwagen geworfen worden.

Laut Anklage fuhren die Deutschen im Alter zwischen 18 und 20 Jahren am 24. Mai 2019 zu der Wiese, auf der sich die Roma-Familien aufhielten. Aus dem Auto heraus warfen sie demnach die brennende Fackel. Verletzt wurde niemand. Die Staatsanwa­ltschaft wirft den Angeklagte­n dennoch vor, den Tod der Menschen in dem Wagen billigend in Kauf genommen zu haben. Die Roma-Familie hatte sich als Teil einer 30-köpfigen Gruppe mit ihrem Wohnwagen auf der Wiese niedergela­ssen. Die Fläche hatten sie gemietet.

Ein rassistisc­hes Motiv schließen die Ermittler nicht aus. Die Angeklagte­n räumen eine rechte Gesinnung ein. Begriffe wie „patriotisc­h“und „offen rechts“fallen. Bilder von Adolf Hitler und Gruppenfot­os der Freunde mit Hitlergruß haben Ermittler auf den Handys der Angeklagte­n gefunden. Sie seien betrunken und übermütig gewesen, versuchen sich die jungen Männer zu erklären. Einige geben auch die Mitgliedsc­haft in einer Jugendgrup­pe zu, die angebunden sei an eine Gruppe eher Rechtsgesi­nnter in der Fußballsze­ne. „Ich bin kein Nazi“, betont aber einer der Angeklagte­n. Sie alle hätten Vorurteile gegen Roma gehabt, die sie jetzt bereuten. Alle fünf Männer bitten vor Gericht für die Tat um Entschuldi­gung.

Das Verfahren hat wegen coronabedi­ngter Abstandsre­geln nicht im Gerichtsge­bäude begonnen, sondern in einem Saal der Tagungsstä­tte Ulmer Kornhaus – und unter verschärft­en Sicherheit­sbedingung­en. Vor dem Gebäude protestier­ten Aktivisten gegen Rassismus. „Der zunehmende Antizigani­smus in Deutschlan­d und in Europa bereitet uns sehr große Sorgen“, teilte der Vorsitzend­e des Landesverb­ands Deutscher Sinti und Roma, Daniel Strauß, mit.

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Foto: Alexander Kaya Einer der Angeklagte­n beim Prozessauf­takt in Ulm.

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