Hohe Prämien trotz Corona?
Die Corona-Krise hat das Mobilitätsverhalten der Menschen kräftig verändert. Es wird deutlich weniger Auto gefahren – was die KfZ-Versicherer auf den Plan gerufen hat
Die Ausgangsbeschränkungen der Corona-Krise verändern auch unser Mobilitätsverhalten. Wir sind mehr zu Fuß oder mit dem Radl unterwegs und verzichten auf Bus und Bahn. Das Auto stand die letzten Wochen bei vielen Menschen sogar so viel mehr ungenutzt herum, dass dies einige Kfz-Versicherer auf den Plan gerufen hat. Weil derartig wenig Auto gefahren wird und damit auch weniger Unfälle passieren, wollen diese anteilig Versicherungsbeiträge an Kunden zurückerstatten. Ein Geschenk an die Versicherten? Nein, wohl eher eine Imageaktion. Denn wer bei der Kfz-Versicherung deutlich weniger Kilometer fährt als angegeben, der kann auf Antrag immer schon selbst den Beitrag anpassen lassen.
Letztlich erinnern die Versicherer an diese Option.
Aber dennoch ist was dran an der Idee des nicht benötigten Versicherungsschutzes. Wegen der welt
Reisebeschränkungen haben Millionen Verbraucher gebuchte Reisen bereits storniert und werden ihren Jahresurlaub voraussichtlich zu Hause verbringen.
Was bleibt, sind die Kosten für die bestehenden Reiseversicherungen, also solche, die bei Reiseabbruch, Rücktritt oder im Krankheitsfall im Ausland leisten würden. Für diese Versicherer entfällt zwar das versicherte Risiko und somit auch Kosten, die Prämie erhalten Sie aber dennoch.
Ob und wann ein Rückerstattungsanspruch vorliegt, wird im Zweifel ein Gericht klären müssen. So wird man als Kunde einer Jahresversicherung Reisebeschränkungen von zwei Monaten wohl noch akzeptieren müssen. Was aber, wenn wir den ganzen Sommer nicht weltweit reisen können, die Hauptreisesaison also ausfällt? Bei einem sogenannten Wegfall der Geschäftsgrundlage könnte man dann Beiträge zurückfordern.
Doch das Berufen auf die Prämie scheint auch nicht interessengerecht. Für den einzelnen Kunden wird es überwiegend um zweistellige oder niedrige dreistellige Beträweiten ge gehen. Die Versicherer haben ihrerseits laufende Kosten und könnten durch Massenrückzahlungen in finanzielle Engpässe geraten. Ein anderer Weg wäre vorzugswürdig. Die Versicherer sollten nicht eine juristische Auseinandersetzung abwarten, sondern ihren Vorteil freiwillig an die Kunden zurückgeben. Dies könnte in Form einer kostenfreien Vertragsverlängerung oder eines Beitragsnachlasses für das nächste Jahr geschehen. Dies würde jetzt die Finanzsituation entschärfen und das Kundeninteresse trotzdem berücksichtigen. Auch wäre dies im Sinne der Kundenbindung, denn eine solche Geste des Anstandes wird in Erinnerung bleiben.
Sascha Straub ist Fachmann für Finanzfragen und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Bayern.