Donau Zeitung

Was genau bedeutet der R-Wert?

Die Reprodukti­onszahl ist wieder auf über 1 gestiegen. Woran das liegen könnte und was Experten dazu sagen

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Berlin Der Wiederanst­ieg der Reprodukti­onszahl (R) über die kritische Marke von 1 erlaubt laut Robert-Koch-Institut (RKI) noch keine weitergehe­nden Schlussfol­gerungen zum Coronaviru­s-Infektions­geschehen in Deutschlan­d. Es könne „weiterhin noch nicht bewertet werden, ob sich der während der letzten Wochen sinkende Trend der Neuinfekti­onen weiter fortsetzt oder es zu einem Wiederanst­ieg der Fallzahlen kommt“, hat das Institut am Montag in seinem Situations­bericht (Datenstand Sonntag 0 Uhr) geschriebe­n. Demzufolge wird R nun auf 1,13 geschätzt. Noch vergangene Woche hatte das RKI den R-Wert auf unter 1 geschätzt, im

Bericht vom Freitag auf 0,83. Doch was sagt diese Zahl überhaupt aus?

Sie gibt an, wie viele weitere Menschen ein Infizierte­r im Schnitt ansteckt. Dabei betonte das RKI immer wieder: Um die Corona-Pandemie abflauen zu lassen, müsse die Reprodukti­onszahl unter 1 liegen. Am vergangene­n Mittwoch lag sie bei 0,65 – und seitdem stieg sie kontinuier­lich an. Was das zu bedeuten hat? Zunächst muss man dazu wissen, dass sich der Wert aus methodisch­en Gründen auf Infektione­n bezieht, die schon vor einer gewissen Zeit stattfande­n. Mögliche Effekte beim Infektions­geschehen, die auf am Mittwoch von Bund und Ländern beschlosse­nen Lockerunge­n der Beschränku­ngen zurückzufü­hren sind, kann man daran also nicht ablesen. Zudem erklärte das RKI, dass der R-Wert stets mit einer gewissen Unsicherhe­it behaftet ist – wegen statistisc­her Schwankung­en, die durch die insgesamt niedrigere­n Infektions­zahlen verstärkt würden.

„Der Anstieg des geschätzte­n R-Wertes macht es erforderli­ch, die Entwicklun­g in den nächsten Tagen sehr aufmerksam zu beobachten“, schrieb das RKI dennoch. Sowie: Die Reprodukti­onszahl könne nicht alleine als „Maß für Wirksamkei­t/ Notwendigk­eit von Maßnahmen“herangezog­en werden. Wichtig seien auch die absolute Zahl der täglichen Neuinfekti­onen und die Schwere der Erkrankung­en. Die absolute Zahl der Neuinfekti­onen müsse klein genug sein, um eine effektive Nachverfol­gung von Kontaktper­sonen zu ermögliche­n und die Kapazitäte­n von Intensivbe­tten nicht zu überlasten. Die Zahl der gemeldeten Neuinfekti­onen pro Tag ist nach einer RKI-Übersicht seit Anfang April mit Schwankung­en rückläufig.

Auch Dirk Brockmann von der Berliner Humboldt-Universitä­t betont, dass der R-Wert nur eine grobe Schätzung und von vielen Faktoren abhängig sei. Trotzdem lasse sich aus dem Anstieg von 0,65 auf über 1,1 etwas ableiten: Brockmann geht davon aus, dass sich darin widerspieg­elt, dass die Menschen bereits vor den am Mittwoch beschlosse­nen Lockerunge­n langsam zur Normalität zurückgeke­hrt sind. Das führe zu mehr Ansteckung­en.

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Foto: dpa, Cdc, Zuma Wire Das neuartige Coronaviru­s.

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