Die neue Normalität im Einzelhandel
Seit einer Woche dürfen alle Geschäfte wieder öffnen. Ist nun wieder alles beim Alten? So ist die Situation bei Händlern im Landkreis Dillingen – und in diesen Bereichen ist die Nachfrage gestiegen
Seit einer Woche dürfen auch im Kreis Dillingen alle Geschäfte wieder öffnen. Ist nun wieder alles beim Alten?
Landkreis Die Einkaufsmeilen, Bücherhandlungen, Klamottenläden und Co. waren seit Mitte März verwaist. Menschen kauften nur noch ein, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Die Corona-Pandemie hat alles lahmgelegt. Mittlerweile, seit dem 11. Mai, darf der gesamte Einzelhandel wieder Kunden willkommen heißen, selbst bei einer Ladenfläche von mehr als 800 Quadratmetern. Doch wie konsumfreudig sind die Kunden im Landkreis Dillingen, und wie attraktiv ist das Bummeln unter der Maske?
Bernd Brenner ist Inhaber der Buchhandlung Brenner in Dillingen. Das Geschäft hat seit 27. April wieder auf, der Onlineshop wurde durchgehend betrieben – und auch genutzt. Trotzdem, sagt Brenner, hätten sich viele Kunden hocherfreut gezeigt, dass sie wieder persönlich in die Buchhandlung kommen konnten. In den ersten Tagen der Wiederöffnung sei die Nachfrage
sogar eindeutig höher gewesen als vor der Schließung. Dieser Zustand war aber nicht von Dauer. „Mittlerweile ist die Vorsicht der Kunden spürbar und die Kundenfrequenz eher niedriger“, sagt Brenner.
Fünf Kunden dürfen gleichzeitig in die Buchhandlung hinein. Da der Laden recht übersichtlich ist, wird auf Eintrittsmarken verzichtet. Vor der Kassentheke wurde zudem eine Plexiglasscheibe installiert, durch Plakate und Kennzeichnungen am Boden werden die Kunden auf die Abstandsregeln und auf das Tragen einer schützenden Maske hingewiesen.
Die Wertinger Filiale des Familienunternehmens Spielwaren Krömer hat ebenso seit Ende April wieder auf. „Alles ist beim Alten, es kommen nur weniger Kunden“, fasst Verkäuferin Christine Berger die Situation zusammen, die normalerweise in der Eichstätter Filiale des Unternehmens tätig ist und als Vertretung in Wertingen arbeitet. Die Hygienemaßnahmen werden natürlich auch dort eingehalten. Im Spielwarengeschäft dürfen sechs Kunden gleichzeitig stöbern. Bis jetzt würden sich alle an die Regeln halten, so Berger. Doch noch bleibt der Andrang auf die Spielwaren aus. Der Großteil der Kunden sei wohl noch sehr vorsichtig, vermutet die Verkäuferin. Die, die kommen, sind laut Berger aber sehr froh über die Wiedereröffnung des Spielwarengeschäfts. Sie selbst habe sich recht schnell an den Verkauf und die Beratung mit Mund-Nasen-Schutz gewöhnt. Sie hofft, dass die Anzahl an Infizierten nicht ansteigt, sodass der Laden wieder schließen müsste.
Das Versandhaus Erwin Müller aus Buttenwiesen bietet Heimtextilien an. Da die Ladenfläche größer als 800 Quadratmeter ist, wurde die Verkaufsfläche ab dem 4. Mai zunächst reduziert. Seit vergangener Woche steht wieder die gesamte Fläche des Lagerverkaufs zur Verfügung. Während der Schließung des stationären Handels hat der Textilgroßhandel viele Kunden über den Onlinehandel erreicht. „Dieses Angebot wurde gut angenommen“, sagt Katharina Rauwolf aus der Marketingabteilung des Unternehmens. Im Buttenwiesener Versandhaus war man für die Eröffnungswoche eigentlich von verhaltenen Besucherzahlen ausgegangen. „Wir wurden dann aber recht positiv von unserer Kundenfrequenz überrascht“, sagt Rauwolf. Neben den gängigen Hygienemaßnahmen steht laut Rauwolf bei Erwin Müller ein Hygienebeauftragter für den Verkauf zur Verfügung. Die weitläufige Verkaufsfläche, der große Parkplatz sowie der Standort in ländlicher Umgebung kommen dem Unternehmen und den Kunden dabei zu Gute, heißt es.
Mitten in Wertingen liegt das Juweliergeschäft der Familie Hirn. Das Geschäft um Trauringe, Uhren und Co. brummt. „Termine und
Beratungsgespräche sind gerade tatsächlich schnell ausgebucht“, sagt Anina Hirn aus dem Team des Traditionsunternehmens. Dabei handelt es sich laut Hirn jedoch auch um Termine, die aufgrund der Ausgangssperre verschoben werden mussten. Die Online-Nachfrage nach den Schutzengelketten der hauseigenen Werkstatt sei sogar gestiegen. Hirn sieht dabei einen Zusammenhang mit der Corona-Krise.
Drei bis vier Kunden können nach den derzeitigen Regeln gleichzeitig in den Laden an der Hauptstraße. Zu Stoßzeiten kann es dabei schon mal passieren, dass Kunden vor dem Laden warten müssen.
Am Anfang seien es „banale Dinge“gewesen, wie das Sprechen durch den Mundschutz, an die man sich im Verkauf gewöhnen musste. Vor der Wiedereröffnung war Hirn gespannt, ob es mit der Kundschaft aufgrund der Vorschriften viele Diskussionen geben wird. Hirn hat nur positive Erfahrungen gemacht: „Alle sind sehr diszipliniert und tolerant.“Dass viele Hochzeiten verschoben werden, bekommen Juweliere hautnah mit. Viele Verlobte verzichten laut Hirn vorerst auf eine Gravur des Hochzeitsdatums in die Eheringe. Falls ein Ring doch neu geschliffen und graviert werden muss, sei dies jedoch kein Problem, betont Hirn.
Über mangelnde Kundschaft kann sich Christine Fischer, Inhaberin von Blumen Hamaleser in Lauingen, nicht beklagen. Während der Gemüseladen durchgehend geöffnet hatte, ist das Kerngeschäft – die Gärtnerei und der Blumenladen – nun auch wieder auf. Viele Menschen hätten in den vergangenen Wochen das Gärtnern für sich entdeckt, so Fischer. Vor allem Kräuter, Gemüsesetzlinge und Salatpflanzen würden sich zurzeit gut verkaufen.
Am Muttertag sei im Blumenladen sogar noch mehr Trubel, als es an diesem Tag sowieso üblich ist, gewesen. Damit hat man bei Blumen Hamaleser nicht gerechnet. „Schwierig ist heuer, dass man die Nachfrage nicht wirklich planen kann“, sagt die Lauingerin. Die körperliche Arbeit mit Mund-NasenSchutz sei für die Mitarbeiter nicht leicht, doch Fischer ist sich sicher: Die Masken bleiben dem Einzelhandel noch eine Weile erhalten.
Termine sind schnell ausgebucht
An den Mundschutz musste man sich erst gewöhnen