Sie zieht Millionen in ihren Bann
Suzanne Collins schuf mit „Die Tribute von Panem“eine der erfolgreichsten Fantasy-Trilogien. Jetzt erzählt sie die Geschichte, bevor alles begann
Dass Millionen von FantasyFans dem morgigen Tag entgegenfiebern, liegt an dieser Frau: Suzanne Collins. Lange blonde Haare, ein offener Blick aus klaren, grauen Augen, ansonsten unauffällig. 57 Jahre alt, verheiratet, zwei erwachsene Kinder, in Connecticut lebend. „Ich bin eher ein privater Mensch. Ich möchte nicht von Fremden auf der Straße erkannt werden. Was ich mit ihnen teilen möchte, bringe ich in meine Bücher ein“, sagte sie dem Deutschlandradio Kultur in einem Interview.
Nur wenige Leute würden Suzanne Collins also auf der Straße grüßen. Mit „Die Tribute von Panem“können aber umso mehr Menschen etwas anfangen, auch weil die über 100 Millionen Mal verkauften Bücher Stoff lieferten für nicht weniger erfolgreiche Blockbuster im Kino. Collins entwirft in diesen drei Büchern eine postapokalyptische Dystopie, in deren Mittelpunkt die 16-jährige Katniss steht. Sie wird zur Anführerin einer Rebellion gegen Macht und Manipulation eines Schreckensregimes, das die Bewohner des Landes Panem foltert und in Not und Elend leben lässt. Nur spannende Unterhaltungslektüre, noch dazu garniert mit einem klassischen Liebeskonflikt, wäre das, wenn nicht Collins diesen Plot zu einer eindringlichen Parabel über die Auswüchse von tyrannischer Herrschaft werden ließe, zu einem ungeschönten Szenario der Schrecken von Krieg und Gewalt, und zu einer eindrucksvollen und eindringlichen Demonstration medialer Inszenierungen.
Die Idee zu diesen Themen kam der Autorin, die zuvor fürs Kinderfernsehen gearbeitet hatte und auch schon mit ihrer Kinderbuchreihe „Gregor“sehr erfolgreich war, als sie vor dem Fernseher zwischen den Berichten über den Irak-Krieg und einer Reality-Show hin- und her zappte. Im Hinterkopf hatte sie dabei die griechischen und römischen Sagen, die sie als Mädchen den Märchen und Kinderbüchern vorzog. Viel haben die „Panem“-Bücher aber auch mit Collins’ Herkunft zu tun. Mit ihrem Vater, einem Angehörigen der US Army mit Einsatz in Vietnam, der später als Professor Geschichte, Politik und Philosophie lehrte. „Es lag ihm ganz besonders am Herzen, seinen vier Kindern zu erklären, was Krieg auslöst, was in einem Krieg passiert und welche Folgen er haben kann“, sagte sie.
Nun soll es, zehn Jahre nach Erscheinen des letzten Trilogieteils, einen vierten Band geben, wurde im Juni letzten Jahres bekannt. Keine Fortsetzung, sondern die Vorgeschichte, die 64 Jahre zurückführt in die Vergangenheit. Mit dem neuen Roman wolle sie der Frage nachgehen, wer wir seien und was wir als notwendig wahrnehmen würden, um zu überleben, gab die Autorin Auskunft. Weltweiter Erscheinungstag von „Die Tribute von Panem – Das Lied von Vogel und Schlange“ist der 19. Mai. Sehr wahrscheinlich, dass Mrs. Collins erst einmal nicht mehr unerkannt zum Einkaufen gehen kann.
Birgit Müller-Bardorff