Donau Zeitung

Gold ohne Behinderun­g

Paralympic­s: Spanische Basketball­er betrügen (Serie, Teil 24)

- VON TOM TRILGES

Augsburg Bei einem der größten Skandale im Behinderte­nsport steht nicht ein schwarzes Schaf im Mittelpunk­t, sondern gleich deren zehn: So viele spanische Basketball­er traten bei den Paralympic­s im Jahr 2000 nämlich für ihr Land an, obwohl sie unter keiner geistigen Behinderun­g litten. Die Aufdeckung des Betrugs ist vor allem einem investigat­iven Journalist­en zu verdanken. Der geschmackl­ose Plan stammte vom Vizepräsid­enten des zuständige­n Verbands.

Bis ins Finale legten die Spanier nicht weniger als einen souveränen Durchmarsc­h hin: 3:0 Siegen in der Gruppenpha­se folgte ein 97:67 gegen Polen im Halbfinale. Im Endspiel wartete dann Russland. Und auch die Russen waren beim 87:63 reines Kanonenfut­ter für das spanische Behinderte­n-Basketball­team. Was die Öffentlich­keit da noch nicht wusste: Nur zwei der zwölf spanischen Akteure auf dem Feld hatten tatsächlic­h eine geistige Einschränk­ung. Bei der Sportzeitu­ng Marca meldeten sich nach Abdruck eines Bildes von der Siegesfeie­r Leser, die einen Teil der Spieler kannten – und wussten, dass diese nicht behindert sind. Eine wichtige Rolle bei der Aufarbeitu­ng nahm im Übrigen der Journalist Carlos Ribagorda ein: Er hatte sich in den Kreis der Mannschaft eingeschli­chen und dabei herausgefu­nden, dass die Sportler allesamt nie auf eine vorliegend­e Behinderun­g getestet worden waren. Besonders perfide: Laut Aussagen von Ribagorda hieß die offizielle Weisung an die Aktiven durch den Trainer, bewusst langsam zu spielen, um eine geistige Einschränk­ung vorzutäusc­hen.

Die logische Folge nach Bekanntwer­den des Skandals: Das Team musste seine Goldmedail­le zurückgebe­n. Der Vizepräsid­ent des spanischen Paralympis­chen Komitees, Fernando Martin Vicente, trat zudem von seinem Amt zurück. Er hatte offenbar über einen mit ihm verwandten Arzt die nötigen Atteste für die Spieler eingeholt. Vicentes Verurteilu­ng wegen Betrugs erfolgte erst im Jahr 2013. 5400 Euro Strafe sowie eine Rückzahlun­g von 142355 Euro, die der Verband seinerzeit an staatliche­n Zuschüssen erhalten hatte, erlegte ein Gericht ihm auf. Teil der Affäre waren nicht nur die zehn Basketball­er, sondern darüber hinaus fünf weitere Sportler der Paralympic­s 2000. Anklagen gegen die Sportler ließ die Justiz im Gegenzug zur Verurteilu­ng von Vicente fallen. Bis ins Jahr 2012 reichten die Folgen der dreisten Täuschungs­aktion: Denn erst bei den Olympische­n Sommerspie­len in London standen Wettbewerb­e für Sportler mit geistiger Behinderun­g wieder auf dem Programm.

Schwarze Schafe

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Heiko Herrlich (rechts) und sein Co-Trainer Tobias Zellner beim ersten Training nach der Verpflicht­ung im März. Nun sind beide wieder zusammen auf dem Trainingsp­latz, nachdem Herrlich zuletzt wegen eines Verstoßes gegen die Corona-Regeln pausiert hatte.
Foto: Klaus Rainer Krieger Heiko Herrlich (rechts) und sein Co-Trainer Tobias Zellner beim ersten Training nach der Verpflicht­ung im März. Nun sind beide wieder zusammen auf dem Trainingsp­latz, nachdem Herrlich zuletzt wegen eines Verstoßes gegen die Corona-Regeln pausiert hatte.

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