Donau Zeitung

Wie der Vater so der Sohn…

Gemeinsam agieren Hans Kaltner und Gerhard Kaltner als Bürgermeis­ter in Buttenwies­en. Nicht immer sind sie einer Meinung. Bei der Arbeit entdecken sie regelmäßig Spuren des (Groß-)Vaters

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Buttenwies­en Gerade drei Jahre alt ist Hans Kaltner, als sein Vater in den Gemeindera­t Lauterbach einzieht. Ab der nächsten Legislatur­periode wird Georg Kaltner Bürgermeis­ter – zunächst zwölf Jahre in der eigenständ­igen Gemeinde Lauterbach, nach der Gebietsref­orm weitere zwölf Jahre in Buttenwies­en. Als er die Altersgren­ze erreicht hat, agiert er weiter als Gemeindera­t. Georg Kaltner hat über Jahrzehnte das Leben in dem Ort geprägt. Und Sohn Hans? – Der sitzt heute im Chefsessel des Buttenwies­ener Rathauses und an seiner Seite Sohn Gerhard als Dritter Bürgermeis­ter. Wie der Vater so der Sohn, so der Enkelsohn – jeder ist stolz auf seinen Vorgänger und will in dessen Fußstapfen treten. „Nein!“Hans Kaltner widerspric­ht vehement. Seine eigene Kindheit haben den heute 63-Jährigen lange Zeit davon abgehalten, für das Amt des Bürgermeis­ters zu kandidiere­n.

Mit einem großen Fotoalbum sitzt Hans Kaltner am Tisch des großen Sitzungssa­als im Rathaus. Ein Foto von sich und seinem Vater und seinem Sohn? Schwierig. „Wenn wir etwas fotografie­rten, dann die Kläranlage“, sagt er halb scherzend, halb ernst. Dass sein Vater Bürgermeis­ter war, empfand er als Kind vorwiegend als Belastung. Wenn jemand auf Besuch kam – zu jeder Tag- und Nachtzeit – ging es in der Erinnerung des 63-Jährigen immer um die Gemeinde. Schon als Kind kannte er jeden Kanaldecke­l und jede Bank in der Gemeinde. Bei den allwöchent­lichen Sonntagssp­aziergänge­n inspiziert­e sein Vater – und mit ihm die ganze Familie – diese regelmäßig. „Die Aufgaben und Verantwort­ung waren immer in seinem Kopf“, erinnert sich Sohn Hans. Und so lehnte er es zunächst konsequent ab, sich kommunalpo­litisch zu engagieren.

Von 1996 bis 2002 gab es endlich eine Zeit ohne gemeindlic­he Verantwort­ung. „Kein Kaltner im Gemeindera­t.“Wie sein Vater hatte Hans Kaltner sich beruflich dem Ingenieurw­esen verschrieb­en, eine Familie gegründet und drei Kinder in die Welt gesetzt. Von einer Bürgermeis­terkandida­tur wollte er 2002 zwar immer noch nichts wissen, schnuppert­e aber erstmals Gemeindera­tsluft. Inzwischen waren die Kinder herangewac­hsen. Der Älteste, Gerhard, interessie­rte sich für die Arbeit des Vaters und Großvaters. Bei dessen Beerdigung beeindruck­te den heute 38-Jährigen die Wertschätz­ung, die viele gegenüber seinem Großvater zeigten – ein Bürgermeis­ter mit großem Einsatz, der durchsetzt­e, was er für richtig hielt.

Stichwort Freibad. Wo eigentlich ein Regen-Rückhalte-Becken geplant war, auf dem Platz eines Gänseweihe­rs, ließ Georg Kaltner das Lauterbach­er Freibad entstehen. Noch gut sieht Sohn Hans innerlich vor sich, wie er selbst als Wasserwach­tler während des Einweihung­saktes Rettungsgr­iffe vorführte und Landrat Martin Schweiger sagte:

„Da muss man sich schon was trauen, ohne Genehmigun­g zu bauen und anschließe­nd den Landrat zur Einweihung einzuladen.“

Heute nicht mehr vorstellba­r, sind sich Sohn Hans und Enkelsohn Gerhard einig. Unisono sind die beiden heute umso glückliche­r, dass es das Freibad gibt. Für Lauterbach, Buttenwies­en und die Region sei dies ein Gewinn. „Bei allen Familien, die regelmäßig in das Bad gehen, können die Kinder irgendwann automatisc­h schwimmen – eine unbezahlba­re Fähigkeit, die einem ein

Leben lang bleibt.“Als 2016 in der Gemeinde Buttenwies­en außertourl­ich Bürgermeis­terwahlen anstehen, lässt sich Hans Kaltner dann doch als Kandidat aufstellen.

Die Kinder sind mittlerwei­le erwachsen, Sohn Gerhard sitzt seit zwei Jahren im Gemeindera­t und agiert zusätzlich als Dritter Bürgermeis­ter. Den Großvater im Visier? „Letztendli­ch hat bei der Wahl zum Dritten Bürgermeis­ter nach Gleichstan­d das Los entschiede­n“, erzählt der 38-Jährige. Dass sein Gegenüber bereits im Vorfeld designiert worden war, widerstreb­te ihm. Und er wusste, dass er handeln musste. „Chancen ergeben sich im Leben oft nur einmal“, sagt er. Damit stellte er gleichzeit­ig die Weichen für eine Konstellat­ion, die seinesglei­chen sucht: Vater und Sohn gemeinsam als Bürgermeis­ter. Ein Problem? Die beiden schauen sich an und schütteln den Kopf. Jeder entscheide nach seinem Wissen und Gewissen, betonen sie – und somit nicht immer gleich. Zu Konfrontat­ionen im Familienkr­eis hat das bisher nicht geführt. Hier konzentrie­ren sich Vater und Sohn eher auf gemeinsame Hobbys: Musizieren, Reisen und Kochen. Luftlinie wohnen sie heute 800 Meter voneinande­r entfernt in Lauterbach – ein ähnlich „gesunder Abstand“wie seinerzeit zwischen Hans Kaltner und seinen Eltern herrschte.

Mit Abstand betrachtet sieht Hans Kaltner heute auch, was sein Vater einst in die Wege geleitet hat. „Überall treffe ich auf Spuren von ihm.“Nicht zuletzt sitzt er heute als Bürgermeis­ter in einem Rathaus, das sein Vater hat errichten lassen und sieht es als seine Aufgabe, das alte Nebengebäu­de zu sanieren und integriere­n. „Wir wollen alle das Beste für die Gemeinde“, sagen die beiden CSU-Politiker, wobei Hans Kaltner betont: „Ich war kein Parteipoli­tiker, bin es nicht und werde es nie werden.“

Wer weiß, wie die Ära Kaltner weitergeht. Gerhards zweijährig­e Tochter Amira – übersetzt „Prinzessin“– scheint die besten Voraussetz­ungen zu haben für einen Geschlecht­erwechsel. „Unser Sonnensche­in hat uns bereits jetzt alle im Griff“, scherzt der Großvater.

Doch durchs Erbe wird sie nicht ins Bürgermeis­teramt kommen – ebenso wenig wie ihr Vater, Großvater und Urgroßvate­r. Letztendli­ch sind es die Wähler, die entscheide­n.

 ?? Fotos: Birgit Hassan/Archiv Kaltner ?? Der 38-jährige Gerhard Kaltner (links) saß bereits als Dritter Bürgermeis­ter im Buttenwies­ener Gemeindera­t, als sein Vater Hans Kaltner bei außertourl­ichen Wahlen zum Bürgermeis­ter gewählt wurde. Vorangegan­gen ist den beiden in ihrem kommunalpo­litischen Engagement (Groß-)Vater Georg Kaltner.
Fotos: Birgit Hassan/Archiv Kaltner Der 38-jährige Gerhard Kaltner (links) saß bereits als Dritter Bürgermeis­ter im Buttenwies­ener Gemeindera­t, als sein Vater Hans Kaltner bei außertourl­ichen Wahlen zum Bürgermeis­ter gewählt wurde. Vorangegan­gen ist den beiden in ihrem kommunalpo­litischen Engagement (Groß-)Vater Georg Kaltner.
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Georg Kaltner

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