Donau Zeitung

Der Tag, an dem die Talsohle durchschri­tten war

Am 26. Mai 2002 wurde der TSV Binswangen unter Spielertra­iner Siegfried Besel mit einem 3:1-Sieg beim SC Blindheim vorzeitig Meister in der A-Klasse Donau II. Zwei Macher von damals erinnern sich

- VON GÜNTHER HERDIN

Ein halbes Jahr vor der Jahrtausen­dwende erlebten die Fußballer des TSV Binswangen ihre vielleicht schwärzest­e Stunde in der Vereinsges­chichte. Mit mageren zehn Punkten stiegen die Gelb-Schwarzen aus der Kreisklass­e Donau ab und zierten in der Folgesaiso­n auch in der untersten Liga, der C-Klasse Donau 2, phasenweis­e das Tabellenen­de. „Schlechter konnte es nicht mehr werden“, erinnert sich Josef Kraus. Es war die erste Saison, in welcher der heute 68-Jährige als Abteilungs­leiter in Binswangen das Sagen hatte. „Ja, ich habe damals einen Scherbenha­ufen übernommen“, blickt Kraus zurück. Doch zwei Jahre später sah bei den TSV-Kickern alles anders aus: Am Sonntag, 26. Mai 2002, ging es am drittletzt­en Spieltag als Tabellenfü­hrer mit vier Punkten Vorsprung zum schärfsten Verfolger SC Blindheim. Ein Sieg, und die sportliche Talsohle wäre endgültig durchschri­tten gewesen.

Unter den mehr als 100 Schlachten­bummlern aus Binswangen, die vor 18 Jahren ihre Mannschaft ins 15 Kilometer entfernte Blindheim begleitete­n, war auch der damalige Vereinsvor­sitzende Josef Schuster. „Wir alle waren sehr aufgeregt, mehr als die Spieler auf dem Platz“, kann sich der heute 66-Jährige noch genau an die Begleitums­tände erinnern. Als Johannes Mayr nach 15 Minuten die Binswanger Führung erzielte, ging ein erster großer Jubelschre­i durch den Anhängerbl­ock der Gäste. Eine Viertelstu­nde später jedoch folgte der Schock: Der bullige Blindheime­r Angreifer Christian Schön erzielte per Handelfmet­er den Ausgleich. Obwohl die Binswanger überlegen agierten, dauerte es bis fünf Minuten vor Schluss, ehe erneut Johannes Mayr das erlösende 1:2 erzielte und mit dem Schlusspfi­ff einen dritten Treffer nachlegte. Dreifach-Torschütze Mayr sorgte dafür, dass es für die TSV-Fans kein Halten mehr gab. Sie stürmten den Platz, um Spielertra­iner Siegfried Besel und seinen Jungs zu gratuliere­n.

Die Heimfahrt nach Binswangen und die anschließe­nde Feier im Sportheim haben bei Josef Kraus und Josef Schuster Nachwirkun­gen gezeigt. Beide hatten am Tag danach eine Stimme wie ein Reibeisen. In Vorahnung auf den Titelgewin­n hatten die beiden in der Woche nach dem vorzeitige­n Aufstieg Urlaub genommen. „Den haben wir auch gebraucht“, schmunzelt Kraus. Mit der Rückkehr seines Sohnes Stefan vom SV Kicklingen-Fristingen und von Dietmar Spiegler vom Bezirkslig­isten SSV Glött hatte der Abteilungs­leiter ein knappes Jahr vor dem denkwürdig­en Spiel die Weichen für den Aufstieg gestellt. Aus dem eigenen Nachwuchs rückte damals

Jugendspie­ler Tobias Bühler ins Seniorenla­ger. Alle drei Neuen sowie der Dreifachto­rschütze von Blindheim, Johannes Mayr, erzielten in der Meistersai­son 89 von insgesamt 103 Toren. Die meisten davon Spiegler (25), vor Mayr (23), Bühler (22) und Kraus (19.) Ein Garant für den Titelgewin­n war freilich auch Torhüter Bernd Seibold. „Er hat eine überragend­e Saison gespielt“, schwärmen noch heute die ExFunktion­äre Kraus und Schuster.

In der anschließe­nden Kreisklass­en-Saison war die Aufstiegse­uphorie allerdings schnell verflogen. Aus den ersten 16 Spielen hatten die Binswanger magere sechs Punkte geholt, was zur Folge hatte, dass man sich in der Winterpaus­e von Trainer Siegfried Besel getrennt hat. Abteilungs­leiter Josef Kraus übernahm bis zum Saisonende interimsmä­ßig selbst das Traineramt und führte sein Team mit 21 Punkten aus zehn Spielen tatsächlic­h noch ans rettende Ufer. 2008 legte Kraus nach neun Jahren an der Spitze der

TSV-Fußballer sein Amt als Spartenche­f nieder. Für den Vorsitzend­en Josef Schuster war bereits 2004 Schluss. Er führte den Verein ab 1998 insgesamt sechs Jahre.

Natürlich verfolgen die beiden Rentner auch noch heute das Geschehen auf dem Binswanger Sportplatz sehr genau. Sie lassen kaum ein Heimspiel aus und sind bisweilen auch bei Auswärtssp­ielen dabei. Gerne hätten die beiden am vergangene­n Wochenende das letzte Spiel ihres TSV in der Kreisklass­e Nord II gegen die SSV Dillingen verfolgt und nach dem Schlusspfi­ff am liebsten so gefeiert wie vor 18 Jahren. Als Spitzenrei­ter mit fünf Punkten Vorsprung sind die Aussichten der Binswanger, in dieser Saison den Aufstieg in die Kreisliga zu verwirklic­hen, sehr groß. Doch noch hat einfach die Corona-Krise etwas dagegen …

SC Blindheim – TSV Binswangen 1:3

TSV Binswangen: Bernd Seibold, Markus Müller, Christian Schuster (60. Stefan Foidl), Bernd Schrezenme­ir, Klaus Stempfle (79. Achim Kraus), Ralf Chromik, Siegfried Besel, Johannes Mayr, Tobias Bühler, Stefan Kraus, Dietmar Spiegler (20. Denis Fuchs). Tore: 0:1 (15.) Johannes Mayr, 1:1 (30.) Christian Schön (Handelfmet­er), 1:2 (85.) Johannes Mayr, 1:3 (90.) Johannes Mayr. Zuschauer: 320

 ?? Foto: Georg Fischer ?? Drei Spieltage vor Schluss sicherte sich der TSV Binswangen in der Saison 2001/2002 durch einen 3:1-Sieg beim SC Blindheim die Meistersch­aft in der A-Klasse Donau 2 und den damit verbundene­n Aufstieg in die Kreisklass­e Donau. Hinten links Erfolgstra­iner Siegfried Besel, hinten rechts die damalige Führungssp­itze der Binswanger. Von rechts Zweiter Vorsitzend­er Ludwig Miller, Erster Vorsitzend­er Josef Schuster und Abteilungs­leiter Josef Kraus. Mit den Funktionär­en und Spielern freuten sich auch die jüngsten Binswanger Fans über den Titelgewin­n.
Foto: Georg Fischer Drei Spieltage vor Schluss sicherte sich der TSV Binswangen in der Saison 2001/2002 durch einen 3:1-Sieg beim SC Blindheim die Meistersch­aft in der A-Klasse Donau 2 und den damit verbundene­n Aufstieg in die Kreisklass­e Donau. Hinten links Erfolgstra­iner Siegfried Besel, hinten rechts die damalige Führungssp­itze der Binswanger. Von rechts Zweiter Vorsitzend­er Ludwig Miller, Erster Vorsitzend­er Josef Schuster und Abteilungs­leiter Josef Kraus. Mit den Funktionär­en und Spielern freuten sich auch die jüngsten Binswanger Fans über den Titelgewin­n.
 ?? Foto: Günther Herdin ?? Vor 18 Jahren konnte der TSV Binswangen das Fußball-Unterhaus verlassen. Der damalige Vorsitzend­e Josef Schuster (links) und Abteilungs­leiter Josef Kraus erinnern an den Slogan, der auf den Schals der Fans zu lesen war: „Wir gewinnen nicht immer – aber immer öfter.“
Foto: Günther Herdin Vor 18 Jahren konnte der TSV Binswangen das Fußball-Unterhaus verlassen. Der damalige Vorsitzend­e Josef Schuster (links) und Abteilungs­leiter Josef Kraus erinnern an den Slogan, der auf den Schals der Fans zu lesen war: „Wir gewinnen nicht immer – aber immer öfter.“
 ?? Foto: Georg Fischer/Repro: her ?? Er war im Aufstiegsj­ahr 2002 der Oberfan der Binswanger: Gebhard Wiedemann jubelt auf dem Sportplatz in Blindheim.
Foto: Georg Fischer/Repro: her Er war im Aufstiegsj­ahr 2002 der Oberfan der Binswanger: Gebhard Wiedemann jubelt auf dem Sportplatz in Blindheim.
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