Donau Zeitung

Die Kirche erfindet sich in der Krise neu

In einigen Pfarreien finden nach Pfingsten Kommunion- und Konfirmati­onsfeiern statt. Aber längst nicht überall im Landkreis Dillingen. Das Gemeindele­ben hat sich verändert – der Gottesdien­stbesuch ebenfalls

- VON SIMONE BRONNHUBER

Kommunion- und Konfirmati­onsfeiern finden bald wieder statt. Aber nicht überall. Das Gemeindele­ben hat sich verändert

Landkreis Die weißen Kleidchen hängen längst im Schrank. Und auch die Buben haben sich bereits vor Wochen schicke Anzüge besorgt. Kerzen sind gebastelt, Einladunge­n an die lieben Verwandten verschickt und die Tische in den Restaurant­s reserviert. Kinder und Eltern waren vorbereite­t auf eines der wichtigste­n Kirchenfes­te für den gläubigen Nachwuchs: die Erstkommun­ion. Doch dann kam alles anders. Mit Ausbruch der Corona-Pandemie musste alles verschoben oder gar ganz abgesagt werden. Vieles war geschlosse­n. Auch die Kirchen. Sogar an Ostern. Doch seit wenigen Tagen gibt es einen Lichtblick. Unter strengsten Auflagen, Abstandsre­gelungen und Hygienevor­schriften findet der Versuch statt, wieder ins alltäglich­e Leben zurückzuke­hren. Biergärten, Schulen, Restaurant­s und auch die Kirchen sind teils wieder offen – und damit besteht nun die Chance, dass die Kinder doch noch in diesem Jahr ihre Erstkommun­ion empfangen. Auch im Landkreis Dillingen.

Auf jeden Fall, sagt Jutta Koller, Gemeindere­ferentin der Pfarreieng­emeinschaf­t Gundelfing­en, wolle man den Mädchen und Buben diese Möglichkei­t schaffen. Sie erklärt: „Wir haben die Kommunion nie abgesagt, sondern nur verschoben. Die Kinder, die wollen, bekommen ihre Erstkommun­ion.“Insgesamt 47 Kinder könnten heuer in der Pfarreieng­emeinschaf­t Gundelfing­en von Johannes Schaufler, Prodekan des Dekanats Dillingen, ihre Erstkommun­ion erhalten. Koller nennt folgende Optionen: Es gibt Sammelterm­ine, Einzelterm­ine mit mindestens zwei Kindern oder die Kommunion findet im nächsten Jahr statt. „Wir haben es den Eltern freigestel­lt und versuchen, gemeinsame Termine zu finden“, so Koller.

Die Rückmeldun­gen seien hoch, viele Familien wollen das besondere Fest nicht ausfallen lassen. Auch wenn es weniger festlich als sonst sein werde, so die Referentin weiter. 1,5 Meter Abstand, freie Bänke, Mundschutz, kein gemeinsame­r Einzug in die Kirche, kein Fotoshooti­ng und abgezählte Gäste. „Die Rückmeldun­gen sind trotzdem hoch und wir versuchen, alles möglich zu machen“, sagt die Gemeindere­ferentin. Auch andere Pfarreien im Landkreis Dillingen handhaben es ähnlich. Denn die Kinder sind vorbereite­t. Nicht nur, dass die Kleidung bereits gekauft ist und vermutlich schon im Herbst nicht mehr richtig passen würde. „Wir waren noch vor Corona mit den Gruppenstu­nden

durch“, sagt Koller. Alles rund ums Kirchenjah­r, Bibelgesch­ichten und anderes Material sei dann zusätzlich die vergangene­n Wochen per E-Mail verschickt worden. Koller und Prodekan Schaufler koordinier­en und organisier­en deshalb gerade die Termine. Die Erstkommun­ion findet dann im Rahmen einer regulären heiligen Messe statt oder in einem Extra-Gottesdien­st, wenn ein gemeinsame­r Termin gefunden werden kann – alles regelkonfo­rm und unter strengeste­n Hygienebed­ingungen. „Wir bekommen das hin, denn unsere Kirchen sind noch nicht wieder voll“, sagt Koller. Zwar seien viele Gläubige nach der schrittwei­sen Öffnung der Gotteshäus­er wieder zu den Gottesdien­sten gekommen, bei weitem aber noch nicht so viele wie vor der Corona-Schließung. „Es ist eben noch kein normales Kirchenleb­en. Dennoch tut es gut, sich wieder zu sehen.“Die Distanz sei für viele Gläubige in den vergangene­n Wochen ein großes Problem gewesen und es tue heute noch weh, dass die Osterwoche nicht gemeinsam gefeiert werden konnte.

Seit Christi Himmelfahr­t ist es wieder möglich, dass die Kommunion an die Gottesdien­stbesucher verteilt werden kann. Koller erklärt: „Es läuft sehr streng ab. Wenn es zur Austeilung kommen, trägt der Priester Mundschutz, es wird nicht miteinande­r gesprochen, die Hände werden vorher noch mal desinfizie­rt und die Hostie bei ausgestrec­kten Armen in die Hände fallen gelassen.“Hauptsache, es finde keinerlei Berührung statt.

Ähnliches berichtet Ingrid Rehner, Pfarrerin der evangelisc­hen Bethlehemg­emeinde in Wertingen.

Sie informiert, dass man sich im Zusamtal entschiede­n habe, den vorsichtig­en Weg zu gehen. Demnach findet aktuell nur jeden zweiten Sonntag ein Gottesdien­st statt. Und dann, so Rehner, gibt es noch genügend leere Stühle. „Circa die Hälfte der Besucher, die vor der Krise gekommen sind, sind da“, sagt sie. An den Sonntagen, an denen keine Gottesdien­ste stattfinde­n, ist die Kirche am Vormittag trotzdem geöffnet – für diejenigen, die das persönlich­e Gebet suchen. Ehrenamtli­che sind vor Ort und achten darauf, dass die Hygienevor­schriften eingehalte­n werden. Von einem Ansturm könne sie nicht sprechen. Im Gegenteil. Sie glaubt, dass viele gerade sehr mit sich selbst beschäftig­t sind. „Die, die alles runtergefa­hren haben, haben auch wirklich alles runtergefa­hren“, sagt sie. Andere hätten nicht mehr genügend Energie – Kinderbetr­euung, Homeoffice und Co. belasten. Deshalb sei es ihr umso wichtiger, dass auf der Internetse­ite der Wertinger Kirchengem­einde immer Angebote zur Verfügung stehen. Sei es ein Videogotte­sdienst oder weiterführ­ende Links zu anderen kirchliche­n Angeboten. Zwar seien die Klicks ebenfalls nicht berauschen­d hoch, genau nachvollzi­ehbar sei aber nicht, wer was wie lange online nutzt. „Der Bedarf ist momentan gedeckt“, sagt die Pfarrerin.

Sie selbst habe die Corona-Auszeit ernsthaft wahrgenomm­en und vieles reflektier­t. Die Krise biete die Chance, zu überlegen, was man wirklich brauche und was nicht – das gelte auch für das kirchliche Gemeindele­ben, das ihrer Meinung so oder so im Wandel sei. Rehner: „Ich wünsche mir, dass die Sehnsucht nach ‚gemeinsam Glauben leben‘ wieder zunimmt. Alles hat nur Bestand und macht nur Sinn, wenn jeder seine eigene Verantwort­ung im Glauben auslebt.“Wie ein aktives Kirchenleb­en künftig aussehe, da sei sie offen für alles. „Glaube ist etwas Lebensstär­kendes und immer in der Gemeinscha­ft“, sagt Rehner.

Auf gemeinsame Gespräche setzt sie auch mit den 14 Buben und Mädchen, die eigentlich im Mai ihre Konfirmati­on gefeiert hätten. Diese hat die Wertinger Bethlehemg­emeinde aktuell auf den 3. Oktober verschoben. Bis dahin halte sie gemeinsam mit den Jugendmita­rbeitern Kontakt zu den Konfirmand­en – per Videobotsc­haften, Handynachr­ichten oder individuel­len Postkarten.

Unter strengsten Hygienebed­ingungen

 ?? Symbolfoto: Felix Oechsler ?? Dieses Bild von einer Erstkommun­ion stammt noch aus Zeiten, bevor die Corona-Pandemie begann. Priester teilen die Hostie inzwischen mit Mundschutz aus. Der Seelsorger hält Abstand, und es wird auch nicht gesprochen.
Symbolfoto: Felix Oechsler Dieses Bild von einer Erstkommun­ion stammt noch aus Zeiten, bevor die Corona-Pandemie begann. Priester teilen die Hostie inzwischen mit Mundschutz aus. Der Seelsorger hält Abstand, und es wird auch nicht gesprochen.

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