Donau Zeitung

Dillinger Flüchtling­shelfer fordern „Infektions­schutz für alle“

Unterstütz­ergruppe hält hygienisch­e Bedingunge­n in manchen Wohnungen für nicht akzeptabel. Vorsitzend­er Schrenk befürchtet wegen Corona Rückschrit­t bei der Integratio­n

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Landkreis Der Vorstand der Unterstütz­ergruppe „Asyl/Migration Dillingen“hat sich einer Petition des Münchner Integratio­nshauses Bellevue di Monaco angeschlos­sen. Der offene Brief, gerichtet an Ministerpr­äsident Markus Söder, Innenminis­ter Joachim Herrmann und an alle Bezirksreg­ierungen, Landratsäm­ter und Kommunen in Bayern, fordert eine schnelle Reduzierun­g der „Belegungsd­ichte“in den Unterkünft­en, ein Ausweichen auf alternativ­e Unterbring­ungsmöglic­hkeiten und einen gezielten Schutz von Risikogrup­pen.

„Während der gesamten Bevölkerun­g ‚social distancing‘ verordnet wird, nimmt man billigend in Kauf, dass Geflüchtet­e sich in Unterkünft­en in der Regel nicht an diese Auflagen halten können. Die beengten Verhältnis­se, die dichte Belegung der Zimmer, die gemeinsame Nutzung von Kochgelege­nheiten und sanitären Einrichtun­gen führen dazu, dass Geflüchtet­e permanent in Angst leben müssen, sich oder andere anzustecke­n, weil ein Ausweichen

möglich ist“, heißt es in dem Schreiben.

Nun sei „passiert, was passieren musste“: Die ersten Todesfälle in den abgeschlos­senen Anker-Zentren. Jan Doria von der Dillinger Unterstütz­ergruppe vergleicht die Probleme mit der Diskussion um die Unterbring­ung von Erntehelfe­rn und Schlachtar­beitern: „Auch hier sind die Missstände seit Jahren bekannt, und auch hier wurden sie bisher von der Politik ignoriert“, heißt es in der Pressemitt­eilung.

In Dillingen gebe es seines Wissens nach zwar noch keine CoronaInfe­ktionsfäll­e unter den Flüchtling­en, berichtete der Dillinger Vorsitzend­e und Koordinato­r Georg Schrenk.

Dennoch habe sich der Verein der Petition angeschlos­sen, da er viele Sorgen anspreche, die die Dillinger teilen. „In manchen ‚Wohnungen‘, die zur Miete angeboten werden, sind die hygienisch­en Bedingunge­n ebenfalls nicht akzeptabel“, so Schrenk. An den Flüchtling­en liege das jedoch nicht, eher an den Vermietern. „Als ich vor Kurzem in der Gemeinscha­ftsunterku­nft in der Max-Planck-Straße die neuen Corona-Maßnahmen in die Briefkäste­n verteilte, waren die Flüchtling­e fleißig am Putzen.“

Diese Regeln habe der Verein selbst zusammenge­fasst und in die wichtigste­n Herkunftss­prachen übersetzt. Denn die Bayerische

Staatsregi­erung veröffentl­iche ihre regelmäßig­en Corona-Maßnahmenp­akete nur auf Deutsch, ergänzte Doria. „Es kann nicht sein, dass jede Flüchtling­shelfergru­ppe und jeder Landkreis in Bayern die Verordnung­en jedes Mal selbst auf Englisch, Französisc­h und andere Sprachen übersetzen muss. Warum stellt die Staatsregi­erung keine mehrsprach­igen Corona-Informatio­nen bereit?“, fragt sich Doria.

Von innen sehen die Flüchtling­shelfer die Unterkünft­e in der Coronicht na-Pandemie immer seltener. „Die Mehrzahl der Mitglieder unseres Vereins gehört selbst zur Risikogrup­pe und hält sich zurück“, erklärt Schrenk.

Das könne er verstehen, aber es gehe auch zu Lasten der Betreuung. Für etwa 60 von 116 Wohnungen habe er keine Ehrenamtli­chen mehr. Die Wiederaufn­ahme der vor Corona durchgefüh­rten Nachhilfes­tunden und der Arabisch-Kurse für Kinder habe das Landratsam­t abgelehnt. „Dabei hätten wir die Hygieneauf­lagen erfüllen können“, sagte Schrenk. Der Offene Brief fordere deshalb auch einen freien Zugang für haupt- und ehrenamtli­che Berater zu den Unterkünft­en. „Die Integratio­n“, so Schrenk, „erfährt durch den Corona-Shutdown einen gewaltigen Rückschrit­t. Ich bezweifle stark, dass der Politik das bewusst ist.“

Maßnahmen nur auf Deutsch

ODer offene Brief im vollen Wortlaut kann auf der Website der Flüchtling­shelfer www.asyl.dillingen.de eingesehen werden.

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