Donau Zeitung

Kleinameri­ka an der Haunsheime­r Straße

Als Baseballer sind die Gundelfing­er Moskitos in Nordschwab­en Exoten. Obwohl sie nun schon fast drei Jahrzehnte lang ihre für die USA so typische Sportart betreiben

- VON CHRISTIAN SCHUSTER

Dieses Sportfeld könnte auch in einer Kleinstadt irgendwo in den amerikanis­chen Great Planes liegen. Rote Sandkreise mit weißen Markierung­en verteilen sich über die Grasfläche, ein hoher Gitterzaun dient als Abgrenzung zur „Außenwelt“. Das Baseballfe­ld der Moskitos ist aber nicht in den USA, sondern mitten in Schwaben angesiedel­t. Genauer gesagt an der Haunsheime­r Straße zu Gundelfing­en. Baseballsc­hläger und Bälle, Bases, Spieler mit langen Stoffhosen, Stollensch­uhe und Helmen prägen das Bild – wenn dieses nicht gerade von „Corona“getrübt wird.

Da wo sonst Turner, Handballer oder Fußballer im Vordergrun­d stehen, nahm diese schwäbisch-amerikanis­che Baseball-Liebe ab 1992 ihren Lauf: Wolfgang Lindenthal hatte von seinem Vater, der über 40 Jahre bei der US-Army beschäftig­t war, Baseball-Handschuhe und einen Schläger geschenkt bekommen – und spielte damit auf der Straße. Allein ist das der halbe Spaß, Mitspieler mussten her. Mit auffällige­n Plakaten „Baseball – wir gründen ein Team“warb der junge Mann für seine neue Leidenscha­ft. Mit Erfolg, die Gundelfing­er Moskitos waren geboren.

Die Baseball-Abteilung ist eine der kleinsten Abteilunge­n des TVG, zählt im Moment 45 Mitglieder. Seit 2017 ist Tim Wiedemann der Spartenche­f und mit erst 23 Jahre ein sehr junger. Unterstütz­t wird er von seinem Bruder und Stellvertr­eter Peter, der 2003 als Jugendspie­ler mit dem Baseballsp­ielen begann. Tim hat 2011 angefangen, Homeruns zu schlagen. „Baseball ist eine Besonderhe­it, weil die verteidige­nde Mannschaft den Ball und damit die Spielgesch­windigkeit kontrollie­rt“, sagt Tim Wiedemann und erklärt seine Begeisteru­ng für diesen US-Sport: „Man kann relativ schnell lernen, den Ball zu werfen, zu fangen und auch mit dem Schläger zu treffen. Allerdings kann man auch immer besser werden, denn es gibt keine Grenze nach oben. Jede Position ist verschiede­n und anspruchsv­oll. Der facettenre­iche Sport verlangt einem alles ab.“

Etliche seiner Mitspieler haben amerikanis­che, dominikani­sche oder sogar schottisch­e Wurzeln. „Gemeinsam verfolgen wir aber alle das gleiche Ziel, nämlich, dass wir einfach nur Bälle schlagen und fangen wollen“, sagt der Abteilungs­leiter: „Und nach dem Training oder

sitzen wir gerne zusammen, um auch das ein oder andere Bier zu genießen“. Bei Heimspiele­n sind zudem viele Spielerfam­ilien und Kinder auf dem Gelände.

Überhaupt legen die Moskitos viel Wert auf Kameradsch­aft und Spaß am Sport. Wiedemann: „Eigentlich ist es uns nicht so wichtig, jedes Spiel zu gewinnen, solange wir nur gemeinsam auf dem Feld stehen und diesen amerikanis­chen Sport leben können. In unserem Team ist jeder willkommen, egal ob dick oder dünn, jung oder alt. Das zeigt auch, dass unser bunter Haufen aus Frauen und Männer besteht, die Jüngste gerade 18 ist und der älteste Spieler schon Richtung Rente geht.“

Zu größeren Ausgaben kommt es bei jedem Heimspiel für die Moskitos, da immer zwei Schiedsric­hter bezahlt zu entlohnen sind – mit je 50 Euro. Zusätzlich müssen immer frische Bälle zur Verfügung gestellt werden. Deshalb würden sich die Moskitos über den ein oder anderen Sponsor sehr freuen. „Wir Baseballer freuen uns aber auch immer über zahlreiche Zuschauer, die vielleicht die Vereinskas­se mit dem Kauf eines Biers oder der amerikanis­che Spezialitä­t Donut auffüllen“, so Tim Wiedemann.

Die Moskitos absolviere­n in der bayrischen Landesliga Gruppe Südwest ihre Innings, wie die Spielabsch­nitte heißen. Gegner dort sind die Augsburg Gators II, die Steinheim Red Phantoms, die Füssen Royal Bavarians II, Gauting Indians II und die Landsberg Crusaders. In der Regel sind die Moskitos ein bis zwei Stunden zu ihren Auswärtssp­ielen unterwegs.

Seit zwei Jahren werden die Gundelfing­er Baseballsp­ieler von Florian Rothbrust trainiert. Der Coach hat bereits Bundesliga-Erfahrung in Mannheim und Bad Homburg gesammelt. „Seit der Trainer in GunSpiel delfingen ist, hat sich die Mannschaft kontinuier­lich verbessert und somit ist der sportliche Erfolg eingekehrt“, stellt Tim Wiedemann fest.

Dabei standen die Moskitos Mitte der 90er-Jahre schon kurz vor ihrer Auflösung – zu viele gute Spieler hatten wegen Beruf oder Familie aufgehört. Auch aktuell bleibt das Baseballfe­ld leer: die Corona-Krise. Richtiges Training ist im Moment unmöglich, da der Platz noch nicht freigegebe­n ist. „Aktuell stimmen wir uns mit unserem Hauptverei­n TV Gundelfing­en über die nötigen Hygienebes­timmungen ab und starten unser Training in Kleingrupp­en. Wieder zu den gewohnten Zeiten am Montag und Freitag jeweils ab 18 Uhr“, sagt der Abteilungs­leiter: „Wie es mit der Saison weitergeht, steht noch in den Sternen. Keiner kann im Moment sagen, wie sich die Lage in Sachen Corona-Beschränku­ngen entwickelt.“

Serie: Das Coronaviru­s beeinträch­tigt das Vereinsleb­en immer noch stark. Gerade in solch außergewöh­nlichen Zeiten gilt: Manche „gewöhnlich­en“, ja scheinbar so selbstvers­tändlichen Dinge, schätzt man erst richtig, wenn man sie plötzlich nicht mehr hat. Etwa den Verein vor Ort. In unserer Serie „Klein, aber fein – mein Verein“erzählen uns Menschen, was ihnen an ihrem Sport- oder Schützenve­rein so sehr gefällt.

Die Jugendleit­erin des SV Donaualthe­im, Silke Klauser, entwickelt­e eine Idee für die fußballlos­e Zeit während der Corona-Zwangspaus­e, um den Vereinsnac­hwuchs fit und bei der Stange zu halten. Auf dem Härtsfeld-Radweg von Donaualthe­im nach Schabringe­n hat sie einen Trimm-Dich-Pfad ausgeschil­dert. Auf zehn Plakaten sind gymnastisc­he Übungen aufgezeich­net – von Liegestütz­en über Dehnübunge­n bis zum Hampelmann. Die SVD-Kinder werden nach Altersgrup­pen eingeteilt und müssen den vorgeschri­ebenen Mindestabs­tand halten. Der SVD möchte auf diese Weise seinen Fußball-Nachwuchs auch während der langen Spiel- und Trainingsp­ause fit halten. Der Parcours hat eine Länge von zwei Kilometern, die romantisch­e Strecke entlang der Egau einen beachtlich­en Freizeitwe­rt. Auch viele ältere Benutzer des Radweges üben gerne an den Haltestell­en. Text/Fotos: Konrad Gallenmüll­er

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Fotos: Chr. Schuster Peter Wiedemann (links) versucht sich hier als Batter und erwartet den Pitch seines Bruders Tim Wiedemann. Letzterer ist auch aktueller Abteilungs­leiter der Gundelfing­er Moskitos.
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Das sportliche Werkzeug der Gundelfing­er Baseballer.
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Mit Plakaten wie diesem warb Wolfgang Lindenthal in den Landkreise­n Dillingen und Günzburg um Mitspieler.

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