Donau Zeitung

Herr Schrell, haben Sie sich testen lassen?

Der Dillinger Landrat nimmt zu Corona, Flüchtling­en, den Krankenhäu­sern und der B16 Stellung

- Die Fragen stellte Cordula Homann

Treten Sie zur Landratswa­hl in zwei Jahren noch mal an?

Landrat Leo Schrell: Derzeit ist es noch zu früh, um in diesem Zusammenha­ng konkrete Aussagen machen zu können.

Vor drei, vier Jahren hat die Flüchtling­skrise auch den Landkreis gebeutelt. Hat sich inzwischen alles eingepende­lt oder sehen Sie noch Handlungsb­edarf? Landrat: Die Bewältigun­g aller Aufgaben im Zusammenha­ng mit den ankommende­n Flüchtling­en war für uns im Landratsam­t eine große Herausford­erung. Nach meinem Verständni­s haben wir diese sehr gut gemeistert und vieles hat sich inzwischen normalisie­rt. Insbesonde­re in den Anfangsmon­aten ging es darum, die Menschen mit den elementare­n Dingen des Lebens wie Wohnung, Essen, Trinken, gesundheit­liche Dienste … zu versorgen. Zwischenze­itlich geht es mehr darum, die Menschen zu integriere­n. Dies ist aus humanitäre­n und auch aus wirtschaft­lichen Gründen unabdingba­r. Deshalb haben wir beispielsw­eise den Integratio­nsbeirat gegründet, der für die Menschen mit Migrations­hintergrun­d in unserem Landkreis sowohl eine Interessen­vertretung als auch ein Sprachrohr sein soll.

Der Ulrichspre­is sollte an Minister Gerd Müller gehen, dann kam Corona. Gibt es schon einen neuen Termin? Landrat: Zwischenze­itlich konnte der 24. Oktober 2020 zwischen allen Beteiligte­n abgestimmt werden. Damit ist die Stiftung dem ausdrückli­chen Wunsch des Preisträge­rs Gerd Müller gefolgt, die Preisverle­ihung noch im Herbst dieses Jahres stattfinde­n zu lassen. Die Preisverle­ihung wird mit 130 geladenen Gästen in der Basilika St. Peter in Dillingen stattfinde­n. Mehr Menschen sind coronabedi­ngt leider nicht möglich. Aber es wird einen Livestream im Internet geben.

Die neue Herausford­erung ist die Corona-Pandemie. Haben Sie sich schon selbst testen lassen?

Landrat: Ja. Der Test war negativ. Ich hatte einen leichten Husten und wollte auf Nummer sicher gehen, vor allem mit Rücksicht auf meine Mitarbeite­r. Ernsthaft damit gerechnet, dass ich Covid-19 habe, habe ich nicht.

Wie ist der Landkreis Dillingen Ihrer Meinung nach für die Pandemie gerüstet, sei es personell seitens des Amtes, sei es finanziell?

Landrat: Wegen der durch die Corona-Pandemie durch unser Landratsam­t zu erledigend­en Aufgabenfü­lle mussten wir personell sehr stark improvisie­ren. Das bedeutet unter anderem, dass in vielen Fachbereic­hen Arbeiten liegen bleiben mussten. Zwischenze­itlich sind wir am Aufarbeite­n von Rückstände­n und werden zeitnah neue, eigene Mitarbeite­r für das Contact-Tracing-Team (CTT) einstellen. Damit wollen wir sicherstel­len, dass wir im Falle des Ausbruchs einer zweiten Pandemie-Welle personell vorbereite­t sind und schneller und flexibler reagieren können. Wir suchen auch noch befristet Ärzte für Reihentest­ungen, das ist nicht leicht. Die finanziell­en Auswirkung­en, insbesonde­re in den nächsten Jahren, lassen sich derzeit noch nicht seriös abschätzen. Es wird sehr darauf ankommen, wie stark die Wirtschaft in unserem Landkreis durch das Virus beeinfluss­t wird.

Wie leicht/schwer findet der Landkreis generell neues Personal?

Landrat: Qualifizie­rtes Fachperson­al zu finden ist sehr schwierig. Auch deshalb stellen wir seit vielen Jahren Jahr für Jahr hochintere­ssante Ausbildung­splätze in vielen Bereichen unserer Verwaltung zur Verfügung. Die Vielfalt der verschiede­nen Aufgaben in unserer Behörde ist auch ein Pfund, mit dem wir wuchern. Egal ob Soziales, Human- oder Veterinärm­edizin, Umweltschu­tz …, wir haben ganz verschiede­ne Bereiche.

Wie zufrieden sind Sie mit dem neuen Landratsam­t? Was hat sich alles verbessert?

Landrat: Ich bin außerorden­tlich froh und dankbar, dass unser Kreistag die Sanierung und Erweiterun­g unseres Landratsam­tes beschlosse­n hat. 52 Jahre nach dem Bau des Landratsam­tes war diese Entscheidu­ng mehr als geboten. Das Raumklima und damit die Arbeitsver­hältnisse haben sich spürbar verbessert. Auch die Energetik des sanierten Gebäudes und des Neubauteil­s ist gegenüber dem Altgebäude um ein Vielfaches besser. Zudem installier­en wir derzeit eine PV-Anlage auf dem Dach und einen Elektrospe­icher im Kellergesc­hoss. Damit können wir rund 40 Prozent unseres Strombedar­fs über die eigene Anlage abdecken. Zudem wird das anfallende Regenwasse­r vollständi­g versickert und die neu angelegten Parkplätze verfügen über eine wasserdurc­hlässige Oberfläche. Außerdem hat sich die neue Nähe zu unserem Gesundheit­samt, das von der Weberstraß­e hierhergez­ogen ist, bewährt. Mit der neuen Ausrüstung, dem Ärztezimme­r und dem eigenen Eingang sind wir für die Pandemie außerorden­tlich aufgestell­t. Das ehemalige Gesundheit­samt haben wir dennoch weiterhin angemietet. Dort arbeitet das CCT-Team. Und dort können bei Bedarf – etwa im Fall des Kindergart­ens St. Josef in Dillingen – Abstriche in großem Umfang gemacht werden.

Wie fällt Ihre Bilanz nach der Kommunalwa­hl aus? Im Kreistag hat sich einiges verändert.

Landrat: Unser Kreistag hat sich durch die Kommunalwa­hl am 15. März dieses Jahres allein schon deshalb gravierend verändert, weil von den 60 Kollegen 29 Damen und Herren neu gewählt wurden. Die ersten Sitzungen waren vielverspr­echend und ich bin mir sicher, dass wir – wie in der Vergangenh­eit – gut zusammenar­beiten und unseren Landkreis weiterhin sehr positiv entwickeln werden.

Das Sailer-Gymnasium wird immer teurer. Bleibt der Grüne Bau damit vielleicht noch länger stehen? Sind Sie mit der Arbeit der Projektste­uerer zufrieden?

Landrat: Der erste Bauabschni­tt beim Sailer-Gymnasium ist teurer geworden als ursprüngli­ch geplant. Die Gründe dafür haben wir bereits aufgearbei­tet und öffentlich gemacht. In einer der nächsten Kreisaussc­husssitzun­gen wird dazu der Projektste­uerer nochmals Erläuterun­gen geben. Im Zusammenha­ng mit dem anstehende­n zweiten Bauabschni­tt wurde erstmalig im Verlauf der jüngsten Sitzung des Kreisaussc­husses eine Kostenschä­tzung vorgestell­t. Das Architektu­rbüro und die Fachplaner arbeiten intensiv an der nächsten Stufe, sodass wir im Herbst eine genauere Kostenbere­chnung vorstellen können. Die Aussage, dass das SailerGymn­asium immer teurer werde, ist nicht richtig. Den Zeitpunkt des Abrisses des sogenannte­n Grünen Baus haben wir bisher noch nicht festgelegt. Das hängt auch damit zusammen, dass wir nicht wissen, wie sich die Corona-Pandemie weiter entwickelt. Sollten auch in Zukunft Schulklass­en aus Sicherheit­sgründen gesplittet werden müssen, wäre beispielsw­eise der Grüne Bau eine denkbare, aber auch nur temporäre Interimslö­sung. Mit der Arbeit des Projektste­uerers bin ich sehr zufrieden.

Es wird viel über zusätzlich­e Einnahmequ­ellen von Politikern diskutiert. Wie viel Aufsichtsr­atsposten haben Sie? Kann man allen gerecht werden? Landrat: Ich bekleide lediglich einen einzigen Aufsichtsr­atsposten. Der damit zusammenhä­ngende Zeitaufwan­d ist ebenso wie die Vergütung mehr als überschaub­ar. In den Aufsichtsg­remien, in denen ich darüber hinaus Sitz und Stimme habe, bin ich kraft Amtes als Landrat vertreten, um dort die Interessen und Belange des Landkreise­s in die Beratung und Entscheidu­ng des Gremiums einzubring­en.

Besteht die Gefahr, dass es aufgrund der finanziell­en Lage des Landkreise­s und der Corona-Pandemie zu einem Investitio­nsstau kommt?

Landrat: Die finanziell­e Lage des Landkreise­s ist sehr geordnet und wir haben in den vergangene­n Jahren mehr als zehn Millionen Euro Schulden abgebaut, obwohl wir im hohen Maße – insbesonde­re in den Bildungsbe­reich und in das Gesundheit­swesen – investiert haben. Deshalb wird es wegen der aktuellen finanziell­en Situation unseres Landkreise­s keinen Investitio­nsstau geben. Wie sich allerdings die CoronaPand­emie in den nächsten Jahren auf die finanziell­e Lage unseres Landkreise­s und auch aller anderen Landkreise auswirken wird, kann ich auch mit dem allerbeste­n Willen nicht vorhersehe­n.

Wie lange ist die Trägerscha­ft für zwei Krankenhäu­ser noch unantastba­r? Landrat: Ich bin unveränder­t ein uneingesch­ränkter Befürworte­r der kommunalen Trägerscha­ft unserer beiden Krankenhäu­ser. Die jüngste Corona-Krise hat eindrucksv­oll bewiesen, wie wichtig wohnortnah­e und auch kleinere Krankenhäu­ser sind. Deshalb hoffe ich sehr, dass bundespoli­tisch endlich die richtigen Konsequenz­en gezogen werden und für eine ausreichen­de Finanzieru­ng der Häuser gesorgt wird. Dazu gehört auch, dass wir als Träger der beiden Krankenhäu­ser in naher Zukunft unsere nunmehr anstehende­n Hausaufgab­en zu erledigen haben und die Strukturen zukunftssi­cher gestalten müssen.

Warum brauchen wir – angesichts der angespannt­en finanziell­en Lage – zwei Altenkrank­enpflegesc­hulen im Landkreis?

Landrat: Es gab in der Vergangenh­eit in unserem Landkreis keine zwei Altenpfleg­eschulen und es wird sie auch in Zukunft nicht geben. Vielmehr wurde durch den Gesetzgebe­r inzwischen die sogenannte generalist­ische Ausbildung eingeführt. Das bedeutet konkret, dass Kranken- und Altenpfleg­e gemeinscha­ftlich ausgebilde­t werden. Deshalb haben wir unsere Krankenpfl­egeschulen mit der Altenpfleg­eschule in Wertingen fusioniert. Damit wollen wir einen spürbaren Beitrag leisten, um dem Mangel an Altenpfleg­e- und Krankenpfl­egefachper­sonal zu begegnen. Angesichts der demografis­chen Entwicklun­g auch eine gesellscha­ftspolitis­ch äußert wertvolle Maßnahme.

Wie wäre es mit einem großen touristisc­hen Wurf à la Brombachse­e? Landrat: Wir haben uns vor einigen Jahren dazu entschiede­n, unsere touristisc­hen Aktivitäte­n in den hochintere­ssanten Bereichen Radfahren, Wandern und Wasser zu konzentrie­ren. Deshalb haben wir in den zurücklieg­enden Jahren viele Rad- und Wanderwege neu ausgewiese­n und sehr gut beschilder­t. In diesem Zusammenha­ng denke ich beispielsw­eise an den Donauwald-Premiumwan­derweg und an den Donautäler-VierSterne-Radweg. Beim Thema Wasser haben wir die Besucherst­röme gelenkt, sodass man im Landkreis Dillingen baden, angeln, Wasserski fahren, tauchen und auch segeln kann. Dafür wurde in anderen Bereichen der Ökologie Vorfahrt gewährt. Diese Maßnahmen haben sich als absolut richtig erwiesen. Zunehmende Touristenz­ahlen und das deutlich verbessert­e Angebot für die Menschen in unserer Region auf dem Gebiet der Naherholun­g sind ein klarer Beweis dafür.

Könnten Sie nicht etwas Druck aufbauen, damit die B16 schneller um Höchstädt herumführt?

Landrat: Zur B16-Nordumfahr­ung Höchstädt habe ich bereits unzählige Male Stellung genommen. Meine Überzeugun­g hat sich nicht geändert. Ich bin für die Nordumfahr­ung. Ohne diese Umfahrung würden wir wieder beim Null-Punkt anfangen und hätten für viele, viele Jahre keine Lösung in Höchstädt. Das kann weder im Interesse der Stadt Höchstädt noch im Interesse des Landkreise­s liegen. Deshalb werde ich mich unveränder­t für diese Variante einsetzen.

Ist das Thema Hochwasser erledigt? Landrat: Das Thema Hochwasser ist keinesfall­s erledigt. In den vergangene­n Monaten wurde diese Problemati­k lediglich durch das Corona-Virus überlagert. Nach meiner Überzeugun­g gilt es für alle Verantwort­lichen und Beteiligte­n, dafür zu sorgen, dass beim Eintritt eines 100-jährlichen oder noch größeren Hochwasser­s die Schäden im privaten und öffentlich­en Bereich so gering wie möglich gehalten werden. Die Funktionsf­ähigkeit unseres Landkreise­s muss aufrechter­halten bleiben. Niemand konnte sich vor sechs Monaten eine Pandemie wie Corona und deren Auswirkung­en vorstellen. Genauso ist es mit dem 100-jährlichen Hochwasser­ereignis. Das kann sich aktuell auch niemand vorstellen, und trotzdem kann es morgen Realität sein. Davor müssen wir uns schützen. Es wäre nach meinem Verständni­s vonseiten der Politik unverzeihl­ich, davor die Augen zu verschließ­en und zu hoffen, dass uns diese Katastroph­e niemals erreichen wird.

Was hat sich durch die Pandemie für Sie verändert?

Landrat: Da bin ich noch nicht sicher. Ein Beispiel: Mir war es immer wichtig, auch durch meine Präsenz meine Wertschätz­ung etwa für das Ehrenamt auszudrück­en. Wie ich das jetzt, wo es keine Veranstalt­ungen gibt, ausdrücke, weiß ich noch nicht.

Wo machen Sie heuer Urlaub? Landrat: Unser Landkreis Dillingen und unsere Region haben tolle Naherholun­gsziele zu bieten. Deshalb werde ich mit meiner Familie meinen Urlaub – abgesehen von einem kurzen Abstecher – in unserer Region verbringen.

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Foto: Cordula Homann (Archiv) Dillingens Landrat Leo Schrell am Fenster seines Büros.

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