Fast der halbe Dillinger Kreistag verabschiedet sich
Landrat Schrell dankt „kommunalpolitischen Urgesteinen“. Ein Kreisrat erinnert sich, dass er gar nicht in diesem Gremium sein wollte
Höchstädt Das letzte Wort bei der Verabschiedung der ehemaligen Kreisräte, die Ende April aus ihrem Amt ausgeschieden sind, hat einer, der schon am Anfang dabei war. 1972, gleich nach der Landkreisreform. Nachdem Landrat Leo Schrell sich am Freitagabend im Rittersaal von Schloss Höchstädt in alphabetischer Reihenfolge persönlich von den Kreisräten, die anwesend sein konnten, verabschiedet hat, begleitet er den Wertinger Alfred Sigg ans Rednerpult. Und der liefert einen Rückblick auf die Dillinger Landkreisgeschichte. Sigg erzählt vom Landrat Martin Schweiger, der die Zusamtaler vor 48 Jahren im neu gebildeten Kreistag „eingewöhnen“wollte. Doch der Wertinger gesteht mit einem Augenzwinkern: „Das Problem war, dass wir nicht wollten!“Die Zusamstädter wollten Siggs Worten zufolge nach Augsburg, nur wer die höhere Schule anpeilte, den habe es nach Dillingen gezogen. Zum guten Schluss meinte der Zusamtaler allerdings: „Wir wollten nach Augsburg, aber wir sind, so glaube ich, besser dran im Landkreis Dillingen … Danke für Ihre Arbeit!“
Auf 36 Jahre im Kreistag brachte es Alfred Sigg, nachdem er von 1984 bis 1996 dem Gremium nicht angehörte. Viele weitere „kommunalpolitische Urgesteine“wie den Wittislinger Reinhold Sing, der 48 Jahre lang durchgehend im Kreistag war, verabschiedete Schrell. Und den ehemaligen Bürgermeister von Schwennenbach Josef Sing, der es wie der langjährige Gundelfinger Bürgermeister Franz Kukla und der ehemalige Landtagsabgeordnete und Lauinger Bürgermeister Georg Barfuß auf 42 Jahre brachte. Seit 1978 lenkten sie die Geschicke des Landkreises mit.
Zum Gundelfinger Siegfried Wölz, der 38,5 Jahre Mitglied im Kreistag war, sagt Schrell: „Er ist ein einmaliges kommunales Schwergewicht.“Denn 54 Jahre lang wirkte Wölz im Gundelfinger Stadtrat mit. 30 Jahre war Karl Hurler, und 24 Jahre waren Michael Holzinger, Schön und Wolfgang Düthorn im Kreistag …
Etwas, das es in 48 Jahren Dillinger Kreistag wohl noch nie gegeben habe, sei nach der Kommunalwahl dieses Jahr eingetreten, stellt Schrell fest: „Mit 29 Kreisräten ist nahezu die Hälfte des Gremiums ausgeschieden.“Der Landrat dankt den Kommunalpolitikern: „Sie wussten, dass die Zufriedenheit mit dem demokratischen Rechtsstaat mit der Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger vor Ort beginnt. Ihr langjähriger persönlicher Einsatz im öffentebenso lichen Leben des Landkreises und vor Ort hat bewirkt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger informiert und ernst genommen fühlen.“
Auch wenn, oder gerade weil nicht immer alle einer Meinung sein konnten, hätten die Kreisräte durch ihre ehrenamtliche Arbeit das Vertrauen der Menschen in eine vernünftige, ehrliche und gemeinwohlorientierte kommunale Selbstverwaltung gestärkt, betont der Landrat. Durch die besondere Vielfalt, die laut Schrell aus der Unterschiedlichkeit der Temperamente, der beNorbert ruflichen Prägung und des politischen Verständnisses heraus entstanden ist, „haben Sie den Landkreis Dillingen verantwortungsvoll mitentwickelt und gelenkt“. Schrell dankt: „Sie alle, ob sechs Jahre im Gremium oder 48 Jahre, haben gelebte Demokratie praktiziert, haben kommunalpolitische Verantwortung übernommen und einen Teil Ihrer freien Zeit für die Bürger unseres Landkreises eingesetzt, um in Aufgabenfeldern, für die der Landkreis die Verantwortung trägt, die Lebensqualität zu verbessern.“