Es gibt einen neuen Schlossbesitzer
Die sanierungsbedürftige Immobilie hat neue Eigentümer. Die haben zahlreiche Visionen, um neues Leben auf das Anwesen zu bringen. Doch bis die Ideen umzusetzen sind, dürfte einige Zeit vergehen
Das Schloss in Oberbechingen hat einen neuen Eigentümer. Und der hat große Pläne für die alten Gemäuer.
Oberbechingen Das Schloss Oberbechingen hat neue Besitzer. Die Immobilie im Ortsteil von Bachhagel gehört seit kurzem einem Ehepaar aus Wittislingen. Die beiden neuen Schlossherren haben große Pläne und Visionen für die RenaissanceGemäuer und das großzügige Anwesen.
Das Ehepaar, das zunächst nicht genannt werden möchte, sei schon seit Jahrzehnten auf der Suche nach einer passenden Immobilie und einem Projekt für das Alter gewesen, erzählt es. Nachdem bekannt war, dass das Schloss Oberbechingen zum Verkauf steht (wir berichteten), haben die beiden das Anwesen besichtigt und waren begeistert. Sie sprechen von ihrem „absoluten Wunschobjekt“– und einem Vorhaben für den Rest ihres Lebens. Die beiden haben sich bereits eingehend Gedanken gemacht, was aus der historischen Immobilie werden soll. Zum einen entsteht auf den knapp 800 Quadratmetern Wohnfläche eine Wohngemeinschaft. Die bisherige Schlossherrin Gertraud Dehner, die bereits seit mehr als 40 Jahren auf Schloss Oberbechingen wohnt, kann dort bleiben. Für sie wird dafür ein Bereich saniert. Die neuen Besitzer wollen sich auf eine Zwei-Zimmer-Wohnung beschränken. In Kürze wollen sie das dazugehörige Bad herrichten und dann endgültig im Schloss einziehen. Zusammen mit der bisherigen Schlossherrin bilden sie eine Art WG – man kocht etwa gemeinsam, erzählen die Beteiligten. Man sei an weiteren Mitbewohnern interessiert und auf der Suche nach Menschen, die ähnliche Vorstellungen haben – auch, was das Zusammenleben im hohen Alter angeht. Das Schloss soll zu diesem Zweck barrierefrei werden. Die Besitzer zeigen Pläne für einen Aufzug, der an der Außenwand im Hof angebracht werden soll.
Es sei beispielsweise vorstellbar, Entspannungsaufenthalte für Palliativpatienten oder Eltern mit behinderten Kindern auf dem Schlossareal zu ermöglichen. Dazu sollen Räumlichkeiten zu Fremdenzimmern umgebaut werden. Solche Zimmer könnten sich auch für andere Zwecke eignen, etwa um Urlauber, die mit dem Fahrrad in der Region unterwegs sind, auf dem Schloss zu beherbergen. Auf dem gesamten, gut 23000 Quadratmeter großen Areal könnte eine Art Park entstehen. Dort möchten die neuen Besitzer Nutz- und Therapietiere halten, etwa Hühner, Alpakas, Esel oder Schweine. Auch die ehemaligen Stallungen im Nebengebäude sollen dafür wieder ihrer ursprünglichen Nutzung zugeführt werden. Dort könnten außerdem Appartements oder Schulungsräume entstehen. Die Rinder, die derzeit die Rasenflächen bewirtschaften, sollen bleiben. Und auch die örtliche Bevölkerung soll miteingebunden werden. Man wolle sich nicht hinter den Toren verschließen, heißt es. Vorstellbar seien etwa Tage der offenen Tür sowie Kunsthandwerker- oder Weihnachtsmärkte auf dem Schlossareal.
Die Schlossherren betonen: „Wir haben sehr viele Ideen.“Bislang sind diese jedoch lediglich lose Gedankenspiele. „Die Frage wird sein, was davon möglich sein wird.“Bevor sie in den denkmalgeschützten Gemäuern ihre Visionen verwirklichen können, dürfte einige Zeit vergehen. Zunächst lasse man Statiker die Nebengebäude prüfen. Es gehe nun vorrangig darum, den Verfall des eingestürzten Nebengebäudes aufzuhalten und dieses winterfest zu machen. Dazu sollen die Gemäuer mit einer schweren Plane überdeckt werden. Nur, wenn von den Nebengebäuden definitiv keine Einsturzgefahr mehr droht, wolle man den angrenzenden Weg, der momentan aus Sicherheitsgründen gesperrt ist, wieder freigeben, heißt es in Rücksprache mit Bürgermeister Ingo Hellstern. Bis wann dies sein wird, könne man derzeit nicht absehen.
Auch das Schlossgebäude aus dem Jahr 1584 braucht eine Sanierung. Vieles im Inneren ist von historiund schem Wert. Die Holztreppe etwa ist noch original erhalten und somit fast 500 Jahre alt. Quasi in jedem Raum gibt es alte Schätze zu entdecken – aber eben auch den Verfall, den es aufzuhalten gilt. „Es ist uns sehr wichtig, den historischen Charme zu erhalten“, sagen die neuen Besitzer. Sie wissen um die lange und abwechslungsreiche Historie ihrer neuen Heimat. Einst war das Schloss beispielsweise Polizeistation Gefängnis, im Zweiten Weltkrieg ein Genesungsheim für verwundete Soldaten.
In welchem Rahmen man die Immobilie fit für die Zukunft machen kann, kläre man in enger Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landratsamtes und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalschutz. Es gehe zunächst darum, Genehmigungen einzuholen und Zusagen für Förderprogramme zu sichern. Den Besitzern ist bewusst, dass sie wohl einen langen Atem brauchen, bis sich Gravierendes auf dem Schloss verändern kann – sie gehen grob von zehn Jahren aus. Doch es handele sich um ein „Projekt für den Rest ihres Lebens“, betonen sie. „Ich freue mich, dass das Schloss in so gute Hände gekommen ist“, sagt die ehemalige Schlossherrin Gertraud Dehner. Sie unterstützt das Ehepaar mit ihrem Wissen und Erfahrungsschatz über das Schloss. Auch Bachhagels Bürgermeister Ingo Hellstern begrüßt es, dass auf dem Areal in Oberbechingen etwas vorangehen soll. „Ich bin sehr froh, dass wir jemanden haben, der das Schloss wiederbelebt.“