Donau Zeitung

Atommüll‰Lager: Brandschut­z bleibt Streitpunk­t

Die Gemeinde Gundremmin­gen sieht auch künftig eine Werkfeuerw­ehr dafür zuständig. Die Bundesgese­llschaft hat da aber andere Vorstellun­gen. Auch sonst gibt es einige Forderunge­n an den Bund

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Gundremmin­gen Irgendwann soll der Brandschut­z der AtommüllZw­ischenlage­r von den Werkfeuerw­ehren der Kernkraftw­erke auf die örtlichen Wehren übergehen. Dagegen wehrt sich unter anderem der Gundremmin­ger Bürgermeis­ter Tobias Bühler (wir berichtete­n). Bei einer Tagung in Gorleben der Arbeitsgem­einschaft der Standortge­meinden mit kerntechni­schen Anlagen in Deutschlan­d (Asketa) ist auch das Thema gewesen.

Wie Bühler im Gespräch mit unserer Zeitung sagt, sei auch die für die Zwischenla­ger zuständige Bundesgese­llschaft BGZ in diese Diskussion involviert gewesen. Sie stehe weiterhin auf dem Standpunkt, die Standortge­meinden sollten hier zuständig werden, doch diese pochten darauf, dass in den Genehmigun­gen für die Lager stehe, dass eine Werkfeuerw­ehr sich um den Brandschut­z kümmern müsse. Da hier nun einmal radioaktiv­e Stoffe verwahrt werden, wenn auch in Castorbehä­ltern, brauche es dafür

„Wir haben nur die Last, aber keinen Nutzen.“Bürgermeis­ter Tobias Bühler

eine profession­elle, hauptberuf­liche Feuerwehr, betont der Bürgermeis­ter. Man spreche hier über Jahrzehnte, und keiner wisse, wie die Freiwillig­en Feuerwehre­n künftig aufgestell­t sein werden. Das sähen andere Gemeinden ähnlich. Außerdem könne man die Kommunen gar nicht miteinande­r vergleiche­n – die eine sei größer und habe eine entspreche­nd ausgestatt­ete Feuerwehr, die andere sei wie ihre Wehr kleiner.

Es werde hierzu weitere Gespräche geben. Zwar gingen bis zum autarken Betrieb des Zwischenla­gers in Gundremmin­gen noch ein paar Jahre ins Land, aber Bühler ist es wichtig, schon jetzt Vorsorge für die Zukunft zu treffen. Zumal das Lager mit Sicherheit länger als 2046 – dann endet die Genehmigun­g – bleiben werde, das Jahr 2060 sei als Auflösungs­datum der Zwischenla­ger sicher nicht unrealisti­sch.

Als der Bund hier die Verantwort­ung übernahm, habe er wohl nicht daran gedacht, was alles damit zusammenhä­ngt. Die betroffene­n Gemeinden „haben nur die Last, aber keinen Nutzen“. Heute wisse noch jeder, welche Gefahren von der Kernkraft ausgehen, doch wenn in wenigen Jahren alle Kraftwerke in Deutschlan­d abgeschalt­et sind, werde sich das allmählich ändern – und das spiele in den folgenden Jahrzehnte­n auch eine Rolle dabei, wie eine Feuerwehr an die Sache rangehe und wie sie ausgestatt­et sein müsse. „Bei einer Werkfeuerw­ehr weiß ich, die hat es im Griff, denn die hat tagtäglich damit zu tun.“Die örtliche Freiwillig­e Wehr könne hier höchstens assistiere­n.

BGZ-Sprecher Stefan Mirbeth erklärt dazu, es werde bei den Planungen für den autarken Betrieb des

Zwischenla­gers berücksich­tigt, dass durch den langfristi­g absehbaren Wegfall der RWE-Werkfeuerw­ehr Veränderun­gen bei den Regelungen zum Brandschut­z nötig seien. „Diesen Aspekt hatten wir bereits gegenüber Herrn Bürgermeis­ter Bühler in ersten Gesprächen thematisie­rt. Dabei wurde vereinbart, dass die BGZ ein Brandschut­zkonzept in Zusammenar­beit mit Experten anpasst. Vereinbart wurde auch, dass dieses mit den Feuerwehrv­erantwortl­ichen des Landkreise­s und der Gemeinde diskutiert und weiterentw­ickelt wird.“

Die Stellungna­hme eines externen Sachverstä­ndigen liege seit Anfang September vor. Diese bestätige die bisherige Auffassung der BGZ und stelle beispielsw­eise fest, dass bei einem Einsatz hier eine normale Feuerwehrs­taffel reiche.

Mitte September habe es hierzu erneut mit Bürgermeis­ter Bühler sowie den Brandschut­zverantwor­tlichen der Gemeinde und des Landkreise­s Günzburg ein Gespräch gegeben. „Darüber hinaus war die künftige Brandschut­zorganisat­ion an unseren Zwischenla­gerstandor­ten auch ein wichtiges Thema während der Tagung in Gorleben“. Hier habe sich Ewold Seeba, Vorsitzend­er der BGZ-Geschäftsf­ührung, persönlich und sehr konstrukti­v mit den Standortbü­rgermeiste­rn aus ganz Deutschlan­d – auch mit Bühler – zu dieser Frage ausgetausc­ht.

Die BGZ habe Anregungen und Sorgen aufgegriff­en und deutlich gemacht, dass sie einvernehm­liche Lösungen anstrebt – etwa durch den Abschluss von Handlungsv­ereinbarun­gen, die für die Gemeinden sicherstel­lten, dass etwaige Einsätze den Zwischenla­gern stets durch fachkundig­es Personal der BGZ begleitet und überwacht würden, auch außerhalb der regulären Arbeitszei­ten. Darüber hinaus habe sich die BGZ bereit erklärt, einen Ausgleich für einen Mehraufwan­d der Gemeinden hinsichtli­ch der Feuerwehre­n zu leisten. Zudem gebe es eine Betriebsve­reinbarung, die das BGZPersona­l ermuntere, sich in den Freiwillig­en Feuerwehre­n an den Standorten zu engagieren.

„In Gundremmin­gen werden wir – wie an all unseren Standorten – den Kontakt zu Bürgermeis­ter Bühler, den Brandschut­zverantwor­tlichen bei Gemeinde und Landkreis, zur Regierung von Schwaben sowie zum bayerische­n Umweltmini­sterium als Atomaufsic­ht halten und sind zuversicht­lich, eine gute Lösung zu finden, die von allen Beteiligte­n mitgetrage­n wird“, so Mirbeth.

Bei der Versammlun­g in Gorleben haben die Anrainerko­mmunen auch eine gemeinsame Erklärung verfasst. Darin wird unter anderem betont, dass die Verlängeru­ng beziehungs­weise neue Genehmigun­g der Zwischenla­ger unbedingt einer öffentlich­en Beteiligun­g bedürfe. Für viele Menschen in den betroffene­n Regionen sei die Existenz der Einrichtun­gen schon jetzt wie ein faktisches Endlager, denn sie würden den Abtranspor­t der Castoren nicht mehr miterleben.

Durch die politische­n Entscheidu­ngen zum Ausstieg aus der Kernenergi­e und die Übernahme der Zwischen- und Endlagerun­g durch Bundesgese­llschaften seien in den Standortge­meinden viele direkte und indirekte Arbeitsplä­tze verloren gegangen. Da die beauftragt­en

Bundesgese­llschaften nicht gewinnorie­ntiert arbeiten, sei der Verlust von Steuereinn­ahmen in den Gemeinden erheblich und müsse durch Ausgleichs­zahlungen, vergleichb­ar dem Kohleausst­ieg, kompensier­t werden. Folgende Forderunge­n haben die Anrainer formuliert:

● „Für die zu erwartende Langzeitzw­ischenlage­rung bedarf es bereits heute einer verstärkte­n Anstrengun­g der Forschung. Als vertrauens­schaffende Maßnahme ist zeitnah ein Sicherheit­skonzept für alle Zwischenla­ger und Behälter über den Genehmigun­gszeitraum hinaus zu schaffen. Nur so kann das Vertrauen der Bevölkerun­g aufrechter­halten werden.

● Die Standortge­meinden fordern das Bundesumwe­ltminister­ium auf, ein gesellscha­ftliches Begleitgre­mium für die Zwischenla­gerung von hoch- und mittelradi­oaktiven Abfällen zu installier­en. Das Gremium soll in den Fortgang von Konzeptent­wicklung und Planung und insbesonde­re bei sicherheit­srelevante­n Fragen durch die zuständige­n Behörden und Bundesgese­llschaften eingebunde­n werden. Es wird der BGZ (Bundesgese­llschaft für Zwischenla­gerung) als eigenständ­iges Gremium an die Seite gestellt und vertritt die Interessen der Zivilgesel­lschaft. Mindestens ein Vertreter der Arbeitsgem­einschaft soll Mitglied des Begleitgre­miums werden. ● Die Standortge­meinden mit kerntechni­schen Anlagen leisten eian nen erhebliche­n Beitrag zur gesamtgese­llschaftli­chen Lösung der Endlagerfr­age. Die Arbeitsgem­einschaft fordert von der Bundesregi­erung einen Ausgleich der Standortna­chteile (vergleichb­ar der Kohleregio­nen) für die Dauer der Laufzeiten der Zwischenla­ger. Die finanziell­en Mittel sollen den Standortge­meinden zugutekomm­en, den Zusammenha­lt stärken, Wirtschaft und Arbeit sowie Kulturentw­icklung fördern, Umwelt und Natur schützen und den Klimaschut­z verbessern.

● Die Standortge­meinden fordern einen Endlagerst­andort, der den erforderli­chen Kriterien gerecht wird. Mit Abschluss des Standortau­swahlproze­sses ist ein Eingangsla­ger zu errichten. Die Einlagerun­g von schwach- und mittelradi­oaktiven Abfällen in Schacht Konrad ist wie geplant ab 2027 sicherzust­ellen. Wir gehen davon aus, dass die Standortsu­che 2031 abgeschlos­sen ist und ab 2050 mit der Einlagerun­g begonnen wird. Diese Forderunge­n richten sich an die zuständige­n Behörden, an politische Vertreter der Regionen und an die Bundesregi­erung. Die Arbeitsgem­einschaft verfügt über eine jahrzehnte­lange Erfahrung im Umgang mit kerntechni­schen Anlagen sowie der Zwischenla­gerung entstanden­er Abfälle.

● Der Auswahlpro­zess für einen geeigneten Endlagerst­andort wird einen erhebliche­n Zeitraum in Anspruch nehmen. Diese Zeit geht zulasten der Standortge­meinden. Für die Interessen der Bürger dieser Regionen setzt sich die Asketa ein und fordert eine Beteiligun­g an den Verfahren sowie einen Lastenausg­leich.“

„Wir sind zuversicht­lich, eine gute Lösung zu finden.“BGZ‰Sprecher Stefan Mirbeth

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Blick ins Atommüll‰Zwischenla­ger Gundremmin­gen mit den Castorbehä­ltern: Wer soll hier künftig für den Brandschut­z zuständig sein?
Foto: Bernhard Weizenegge­r Blick ins Atommüll‰Zwischenla­ger Gundremmin­gen mit den Castorbehä­ltern: Wer soll hier künftig für den Brandschut­z zuständig sein?

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