AtommüllLager: Brandschutz bleibt Streitpunkt
Die Gemeinde Gundremmingen sieht auch künftig eine Werkfeuerwehr dafür zuständig. Die Bundesgesellschaft hat da aber andere Vorstellungen. Auch sonst gibt es einige Forderungen an den Bund
Gundremmingen Irgendwann soll der Brandschutz der AtommüllZwischenlager von den Werkfeuerwehren der Kernkraftwerke auf die örtlichen Wehren übergehen. Dagegen wehrt sich unter anderem der Gundremminger Bürgermeister Tobias Bühler (wir berichteten). Bei einer Tagung in Gorleben der Arbeitsgemeinschaft der Standortgemeinden mit kerntechnischen Anlagen in Deutschland (Asketa) ist auch das Thema gewesen.
Wie Bühler im Gespräch mit unserer Zeitung sagt, sei auch die für die Zwischenlager zuständige Bundesgesellschaft BGZ in diese Diskussion involviert gewesen. Sie stehe weiterhin auf dem Standpunkt, die Standortgemeinden sollten hier zuständig werden, doch diese pochten darauf, dass in den Genehmigungen für die Lager stehe, dass eine Werkfeuerwehr sich um den Brandschutz kümmern müsse. Da hier nun einmal radioaktive Stoffe verwahrt werden, wenn auch in Castorbehältern, brauche es dafür
„Wir haben nur die Last, aber keinen Nutzen.“Bürgermeister Tobias Bühler
eine professionelle, hauptberufliche Feuerwehr, betont der Bürgermeister. Man spreche hier über Jahrzehnte, und keiner wisse, wie die Freiwilligen Feuerwehren künftig aufgestellt sein werden. Das sähen andere Gemeinden ähnlich. Außerdem könne man die Kommunen gar nicht miteinander vergleichen – die eine sei größer und habe eine entsprechend ausgestattete Feuerwehr, die andere sei wie ihre Wehr kleiner.
Es werde hierzu weitere Gespräche geben. Zwar gingen bis zum autarken Betrieb des Zwischenlagers in Gundremmingen noch ein paar Jahre ins Land, aber Bühler ist es wichtig, schon jetzt Vorsorge für die Zukunft zu treffen. Zumal das Lager mit Sicherheit länger als 2046 – dann endet die Genehmigung – bleiben werde, das Jahr 2060 sei als Auflösungsdatum der Zwischenlager sicher nicht unrealistisch.
Als der Bund hier die Verantwortung übernahm, habe er wohl nicht daran gedacht, was alles damit zusammenhängt. Die betroffenen Gemeinden „haben nur die Last, aber keinen Nutzen“. Heute wisse noch jeder, welche Gefahren von der Kernkraft ausgehen, doch wenn in wenigen Jahren alle Kraftwerke in Deutschland abgeschaltet sind, werde sich das allmählich ändern – und das spiele in den folgenden Jahrzehnten auch eine Rolle dabei, wie eine Feuerwehr an die Sache rangehe und wie sie ausgestattet sein müsse. „Bei einer Werkfeuerwehr weiß ich, die hat es im Griff, denn die hat tagtäglich damit zu tun.“Die örtliche Freiwillige Wehr könne hier höchstens assistieren.
BGZ-Sprecher Stefan Mirbeth erklärt dazu, es werde bei den Planungen für den autarken Betrieb des
Zwischenlagers berücksichtigt, dass durch den langfristig absehbaren Wegfall der RWE-Werkfeuerwehr Veränderungen bei den Regelungen zum Brandschutz nötig seien. „Diesen Aspekt hatten wir bereits gegenüber Herrn Bürgermeister Bühler in ersten Gesprächen thematisiert. Dabei wurde vereinbart, dass die BGZ ein Brandschutzkonzept in Zusammenarbeit mit Experten anpasst. Vereinbart wurde auch, dass dieses mit den Feuerwehrverantwortlichen des Landkreises und der Gemeinde diskutiert und weiterentwickelt wird.“
Die Stellungnahme eines externen Sachverständigen liege seit Anfang September vor. Diese bestätige die bisherige Auffassung der BGZ und stelle beispielsweise fest, dass bei einem Einsatz hier eine normale Feuerwehrstaffel reiche.
Mitte September habe es hierzu erneut mit Bürgermeister Bühler sowie den Brandschutzverantwortlichen der Gemeinde und des Landkreises Günzburg ein Gespräch gegeben. „Darüber hinaus war die künftige Brandschutzorganisation an unseren Zwischenlagerstandorten auch ein wichtiges Thema während der Tagung in Gorleben“. Hier habe sich Ewold Seeba, Vorsitzender der BGZ-Geschäftsführung, persönlich und sehr konstruktiv mit den Standortbürgermeistern aus ganz Deutschland – auch mit Bühler – zu dieser Frage ausgetauscht.
Die BGZ habe Anregungen und Sorgen aufgegriffen und deutlich gemacht, dass sie einvernehmliche Lösungen anstrebt – etwa durch den Abschluss von Handlungsvereinbarungen, die für die Gemeinden sicherstellten, dass etwaige Einsätze den Zwischenlagern stets durch fachkundiges Personal der BGZ begleitet und überwacht würden, auch außerhalb der regulären Arbeitszeiten. Darüber hinaus habe sich die BGZ bereit erklärt, einen Ausgleich für einen Mehraufwand der Gemeinden hinsichtlich der Feuerwehren zu leisten. Zudem gebe es eine Betriebsvereinbarung, die das BGZPersonal ermuntere, sich in den Freiwilligen Feuerwehren an den Standorten zu engagieren.
„In Gundremmingen werden wir – wie an all unseren Standorten – den Kontakt zu Bürgermeister Bühler, den Brandschutzverantwortlichen bei Gemeinde und Landkreis, zur Regierung von Schwaben sowie zum bayerischen Umweltministerium als Atomaufsicht halten und sind zuversichtlich, eine gute Lösung zu finden, die von allen Beteiligten mitgetragen wird“, so Mirbeth.
Bei der Versammlung in Gorleben haben die Anrainerkommunen auch eine gemeinsame Erklärung verfasst. Darin wird unter anderem betont, dass die Verlängerung beziehungsweise neue Genehmigung der Zwischenlager unbedingt einer öffentlichen Beteiligung bedürfe. Für viele Menschen in den betroffenen Regionen sei die Existenz der Einrichtungen schon jetzt wie ein faktisches Endlager, denn sie würden den Abtransport der Castoren nicht mehr miterleben.
Durch die politischen Entscheidungen zum Ausstieg aus der Kernenergie und die Übernahme der Zwischen- und Endlagerung durch Bundesgesellschaften seien in den Standortgemeinden viele direkte und indirekte Arbeitsplätze verloren gegangen. Da die beauftragten
Bundesgesellschaften nicht gewinnorientiert arbeiten, sei der Verlust von Steuereinnahmen in den Gemeinden erheblich und müsse durch Ausgleichszahlungen, vergleichbar dem Kohleausstieg, kompensiert werden. Folgende Forderungen haben die Anrainer formuliert:
● „Für die zu erwartende Langzeitzwischenlagerung bedarf es bereits heute einer verstärkten Anstrengung der Forschung. Als vertrauensschaffende Maßnahme ist zeitnah ein Sicherheitskonzept für alle Zwischenlager und Behälter über den Genehmigungszeitraum hinaus zu schaffen. Nur so kann das Vertrauen der Bevölkerung aufrechterhalten werden.
● Die Standortgemeinden fordern das Bundesumweltministerium auf, ein gesellschaftliches Begleitgremium für die Zwischenlagerung von hoch- und mittelradioaktiven Abfällen zu installieren. Das Gremium soll in den Fortgang von Konzeptentwicklung und Planung und insbesondere bei sicherheitsrelevanten Fragen durch die zuständigen Behörden und Bundesgesellschaften eingebunden werden. Es wird der BGZ (Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung) als eigenständiges Gremium an die Seite gestellt und vertritt die Interessen der Zivilgesellschaft. Mindestens ein Vertreter der Arbeitsgemeinschaft soll Mitglied des Begleitgremiums werden. ● Die Standortgemeinden mit kerntechnischen Anlagen leisten eian nen erheblichen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Lösung der Endlagerfrage. Die Arbeitsgemeinschaft fordert von der Bundesregierung einen Ausgleich der Standortnachteile (vergleichbar der Kohleregionen) für die Dauer der Laufzeiten der Zwischenlager. Die finanziellen Mittel sollen den Standortgemeinden zugutekommen, den Zusammenhalt stärken, Wirtschaft und Arbeit sowie Kulturentwicklung fördern, Umwelt und Natur schützen und den Klimaschutz verbessern.
● Die Standortgemeinden fordern einen Endlagerstandort, der den erforderlichen Kriterien gerecht wird. Mit Abschluss des Standortauswahlprozesses ist ein Eingangslager zu errichten. Die Einlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen in Schacht Konrad ist wie geplant ab 2027 sicherzustellen. Wir gehen davon aus, dass die Standortsuche 2031 abgeschlossen ist und ab 2050 mit der Einlagerung begonnen wird. Diese Forderungen richten sich an die zuständigen Behörden, an politische Vertreter der Regionen und an die Bundesregierung. Die Arbeitsgemeinschaft verfügt über eine jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit kerntechnischen Anlagen sowie der Zwischenlagerung entstandener Abfälle.
● Der Auswahlprozess für einen geeigneten Endlagerstandort wird einen erheblichen Zeitraum in Anspruch nehmen. Diese Zeit geht zulasten der Standortgemeinden. Für die Interessen der Bürger dieser Regionen setzt sich die Asketa ein und fordert eine Beteiligung an den Verfahren sowie einen Lastenausgleich.“
„Wir sind zuversichtlich, eine gute Lösung zu finden.“BGZSprecher Stefan Mirbeth