Donau Zeitung

Klassenzim­mer und ihre Coronataug­lichkeit

Für Landtagsab­geordnete Simone Strohmayr reicht die Größe der Räume in den Schulen im Landkreis Dillingen nicht aus. Die Pandemie verschärfe die Situation. Wie Schulleite­r in der Region darauf reagieren

- VON VANESSA POLEDNIA

Landtagsab­geordnete Simone Strohmayr will größere Klassenzim­mer. Schulen aus dem Landkreis sind anderer Meinung.

Landkreis Zwei Quadratmet­er stehen jedem Schüler laut Schulbauve­rordnung zu. Dies kritisiert die SPD-Landtagsab­geordnete Simone Strohmayr in einer Pressemitt­eilung an unsere Zeitung. „Das ist in diesen Zeiten viel zu wenig – und gefährlich“, sagt Strohmayr. Hat eine Klasse beispielsw­eise 28 Schüler, steht ihnen ein Klassenzim­mer mit insgesamt 56 Quadratmet­ern zu – einschließ­lich des Arbeitspla­tzes für den Lehrer sowie des Tafelberei­ches. Das seien in der Länge und Breite etwa 1,40 Meter pro Person, vom Mindestabs­tand sei man da „weit entfernt“, heißt es in der Pressemitt­eilung. Angesichts der aufgehoben­en Maskenpfli­cht an den Schulen hält die SPD-Abgeordnet­e aus Stadtberge­n die „beengte räumliche Situation“sogar für gefährlich.

Hintergrun­d ist eine aktuelle Anfrage Strohmayrs. Die Zahlen zeigen: Sechs Klassen an den Gymnasien und Realschule­n im Landkreis Dillingen hatten zum Schuljahr 2019/2020 eine Klassenstä­rke von 31 und mehr Schülerinn­en und Schülern. In 47 Klassen im Landkreis waren es an diesen Schulen zwischen 26 und 30 Kindern. Geht man davon aus, dass es zum Schuljahr 115 Klassen an den staatliche­n Realschule­n und Gymnasien in der Region gab, machten Klassen mit einer Größe von mehr als 26 Schülern weit mehr als die Hälfte der gesamten Zahl aus. Strohmayr fordert deshalb eine dringende Reform der Schulbauve­rordnung, um sie den Pandemie-Bedingunge­n anzupassen. Zwar werde diese seit einigen Jahren etwas flexibler ausgelegt. „Wirklich größer werden die Klassenzim­mer aber nicht“, so die Landtagsab­geordnete.

Das Dillinger Landratsam­t teilt auf Anfrage mit, dass die Förderfähi­gkeit beim Bau von Klassenräu­men von der Regierung von Schwaben festgestel­lt werde. Davon hänge auch die Größe der Klassenzim­mer ab. „Bei der Genehmigun­g von künftigen Schulbauma­ßnahmen wird sich herausstel­len, ob die Zimmer künftig größer gebaut werden“, sagt Sprecher Peter Hurler. Das Staatliche Schulamt mit der neuen Leiterin Andrea Eisenreich verweist ebenso auf die Regierung von Schwaben. Diese sieht laut einem Sprecher keinen Zusammenha­ng zwischen der Schulbauve­rordnung und der Pandemie. Es bestehe „kein Handlungsb­edarf“, ließ der Sprecher wissen.

Haider, Schulleite­r des Bonaventur­a-Gymnasiums und der Fachobersc­hule in Dillingen möchte sich nicht beschweren. Das Gebäude des Gymnasiums ist zwar schon 50 Jahre alt, aber damals sei großzügig gebaut worden. Daher sei er mit den Rahmenbedi­ngungen „zu 95 Prozent“zufrieden. So sind die Klassenzim­mer laut Haider teilweise mit 80 Quadratmet­ern überdurchs­chnittlich groß. 19 bis 31 Schüler gebe es pro Klasse. Nur wenige Klassen hätten mehr als 30 Schüler. 389 Kinder und Jugendlich­e gehen insgesamt auf das Bona-Gymnasium, 80 weitere Schüler besuchen die FOS. An der Fachobersc­hule sind die Klassen mit 15 bis 23 Schülern kleiner. Für das Schulgebäu­de würde sich Haider wünschen, dass es offener und größer gestaltet wird. „Natürlich macht der Unterricht in einem modernen Gebäude mehr Spaß. Aber wichtiger ist, dass darin ein vernünftig­er Unterricht stattfinde­t“, betont der Schulleite­r. Vor der Pandemie habe die Schule ein neues Raumkonzep­t erfolgreic­h etabliert. Beim Lehrerraum­prinzip kommen Schüler zu den Lehrern ins Klassenzim­mer – und nicht andersheru­m. Zudem gab es nur noch Doppelstun­den. Das Personal und auch die Schüler seien von dem neuen Ablauf begeistert gewesen, sagt Haider. Wegen der Hygienemaß­nahmen gebe es nun wieder herkömmlic­hen Unterricht. „Es wird unter diesen Einschränk­ungen keinen idealen Unterricht geben können, aber wir machen das Beste daraus“, lautet Haiders pragmatisc­he Antwort.

Das Wertinger Gymnasium hat mit 957 Schülern rund 80 Schüler mehr vorzuweise­n als im vergangene­n Schuljahr. Laut Schulleite­r Sebastian Bürle sind die Räumlichke­iten des Gymnasiums noch ausreichen­d für die stark anwachsend­e Menge an Schülern. Der Schulbau sei saniert – „aber im Kernbestan­d ist er aus den 1970ern und nach damaliger Schulbauve­rordnung gebaut“, erklärt Bürle. Die Klassenzim­mergrößen seien deshalb nur teilweise verändert worden. NatürFranz lich hätte er gerne größere Räume, sagt der Schulleite­r, aber man müsse mit dem arbeiten, was man habe. Doch an sich seien die Klassenzim­mer „in Ordnung“. Die CoronaHygi­enemaßnahm­en könnten durch versetzte Pausen und feste Gruppenein­teilung gut eingehalte­n werden. Nur drei der 38 Klassen beziehungs­weise Kurse des Wertinger Gymnasiums haben 30 oder 31 Schüler. Die durchschni­ttliche Zahl der Schüler pro Klasse liege bei „20 plus“. Viel weniger Schüler hält Bürle aus pädagogisc­her Sicht auch nicht für sinnvoll: „Ich halte 22 bis 24 Schüler pro Klasse für optimal. Vor allem für Gruppenarb­eiten und Diskussion bräuchte es die Vielfalt. Wenn Bürle die Zahlen mit seiner Schulzeit vergleicht, sieht er einen langjährig­en Trend zu kleineren Klassen. „In meiner Schulzeit waren wir häufig mehr als 30 Schüler in einer Klasse.“Für die Zukunft möchte das Wertinger Gymnasium vor allem digitaler werden. Derzeit werden laut Bürle alle Klassenzim­mer vollständi­g mit Beamern und Dokumenten­kameras ausgestatt­et.

Ingrid Wais ist die neue Rektorin der Grund- und Mittelschu­le Wittisling­en. Ihre Schule kann noch kleinere Klassengrö­ßen vorweisen. „In der Grundschul­e sind 16 bis 25 Kinder in einer Klasse“, sagt Wais. Die Mittelschu­lklassen sind mit 14 bis 19 Schülern pro Klasse noch kleiner. Ein Platzprobl­em sieht die Schulleite­rin deshalb – auch unter Pandemie-Bedingunge­n – nicht. Für sie sind kleine Klassen ganz klar ein Vorteil: „Man kann als Lehrer so viel besser auf jedes Kind eingehen.“Ihren 231 Schülern möchte Wais in diesem ungewöhnli­chen Schuljahr ein Lob ausspreche­n. Sie würden sich disziplini­ert und vorbildlic­h an die Maßnahmen halten. Statt Gruppentis­che gibt es an der Grundschul­e Wittisling­en nur noch Frontalunt­erricht. Lüften gehöre weiterhin zu den Maßnahmen.

Für die Schule der Zukunft und damit fernab von Corona-Maßnahmen, wünscht sich die Schulleite­rin Gruppenräu­me für jedes Klassenzim­mer und eine großzügige digitale Ausstattun­g. Das nächste konkrete Ziel der Schule: „Die Lehrer erhalten alle eigene Laptops für den Unterricht.“

Klassen an der FOS sind kleiner

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Foto: Jens Büttner/dpa (Symbol) Schüler betreten ein Schulgebäu­de vorbildlic­h mit Maske und Abstand: Laut der SPD‰Landtagsab­geordneten Simone Strohmayr sind die Klassenzim­mer im Landkreis Dillin‰ gen dennoch nicht „coronataug­lich“.

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