Donau Zeitung

Warum Kinder lernen müssen, Nein zu sagen

Prävention Im Landkreis Dillingen sollen zwei Kinder von fremden Männern angesproch­en worden sein. Passiert ist glückliche­rweise nichts. Was Polizei, Schule und Experten bei solchen Vorfällen raten

- VON SIMONE BRONNHUBER Quelle: Landratsam­t Dillingen (Stand: 18. 10.) * Nicht alle Infizierte­n zeigen Symptome.

Im Landkreis sollen zwei Kinder von fremden Männern angesproch­en worden sein. Was Experten bei solchen Vorfällen raten.

Landkreis Der Mann hat den Buben gefragt, ob er mit ihm mitfahren will. Glückliche­rweise hat das Kind sofort richtig reagiert, laut „Nein“gerufen und ist mit seinem Tretroller davongebra­ust. Dieser Vorfall ereignete sich so laut Polizei am 9. Oktober in der Bächinger Straße in Gundelfing­en. Der Bub schätzt den unbekannte­n Mann auf circa 45 Jahre, das Auto habe ein DLG-Kennzeiche­n gehabt.

Nur wenige Tage vorher, am 5. Oktober, hat sich ein ähnlicher Fall in Höchstädt abgespielt. Dort soll eine Schülerin von einem Mann nach der Schule an der Nordschwab­enhalle angesproch­en worden sein. Mit Welpen, die er bei sich daheim habe, soll er versucht haben, das Mädchen zu sich nach Hause zu locken. Das Kind sei davongelau­fen, doch der ältere Herr habe das Mädchen verfolgt. So schildert es die Polizei in ihrem Bericht und bestätigt weiter, dass die Mutter Anzeige erstattete. Mehr noch: Auf der SocialMedi­a-Plattform Facebook hat die betroffene Mama sofort einen Post veröffentl­icht und darin Eltern und Kinder gewarnt. Sie beschreibt unter anderem, dass ihre Tochter panisch nach Hause gerannt sei, der Mann alt und in einem dunklen, großen Auto unterwegs war.

Dillingens Polizeispr­echerin Katharina von Rönn bestätigt beide Fälle und sagt, dass es zum aktuellen Zeitpunkt keine weiteren Erkenntnis­se gibt. Sie betont: „Wir nehmen diese Aussagen sehr ernst und reagieren sofort mit den entspreche­nden Maßnahmen.“Sowohl in Bächingen als auch in Höchstädt seien in den vergangene­n Tagen vermehrt Zivilpoliz­isten unterwegs gewesen, Schulweghe­lfer und Lotsen sind angehalten, noch genauer hinzuschau­en. Bislang, so die Polizeispr­echerin weiter, habe es keinen erneuten Vorfall gegeben und auch keine Hinweise zu den beiden Vorfällen.

Katharina von Rönn sagt, dass solche Themen immer ein schmaler Grat seien – auch für die Beamten. Wann ist es kindliche Fantasie? Wann ist Gefahr in Verzug? Wer ist glaubwürdi­g und wer nicht? Wann wird übertriebe­n und wann wird weggeschau­t? „Grundsätzl­ich nehmen wir solche Vorfälle immer ernst. Aber wir müssen es genaustens abklären. Für einen sieht etwas komisch aus, ein anderer denkt sich nichts dabei“, so die Beamtin weiter. Bei der Polizei Dillingen gibt es deshalb sogenannte Jugendkont­aktbeamte, die darauf und für den Bereich Prävention spezialisi­ert sind. Auch diese Kollegen, so von Rönn weiter, sind in die aktuellen Vorkommnis­se miteingebu­nden. Es fanden Elterngesp­räche statt, Lehrer und Schüler sind informiert. „Wir wollen sensibilis­ieren“, sagt die Sprecherin. So appelliere die Dillinger Polizei auch an die Eltern, die Kinder nicht mit den Autos zur Schule zu bringen. Die Buben und Mädchen sollen den Schulweg kennen und auch die Menschen, die dort ebenfalls unterwegs sind. Nicht jede fremde Person stelle eine Gefahr dar. Die Polizisten und ihre Kollegen raten vor Panikmache im Internet ab. Dennoch, das betont von Rönn immer wieder deutlich: Kein Anruf und kein Vorfall würden auf die leichte Schulter genommen werden. Im Gegenteil.

Auch Helmut Herreiner sagt, er habe den Vorfall mit dem Mädchen, das von einem Mann vor der Höchstädte­r Nordschwab­enhalle angesproch­en worden sein soll, sehr ernst genommen. Herreiner ist der Rektor der Grund- und Mittelschu­le, das Kind ist eine seiner Schülerinn­en. Er schildert, dass er von der Lehrkraft darüber informiert worden sei und er daraufhin sofort den

Kontakt zur Polizei gesucht habe. „Wir sind im regen Austausch“, sagt er. Auch in der Klasse sei das Thema besprochen worden, alle Lehrer an der Schule seien erneut von ihm sensibilis­iert worden. Und: „Ich habe alle über die digitale Kommunikat­ionsplattf­orm angeschrie­ben und um erhöhte Aufmerksam­keit gebeten. Wir sind für solche Themen immer sensibilis­iert, wollen aber auf keinen Fall Panik verbreiten. Wir stimmen uns da eng mit der Polizei ab, bislang gibt es auch keine neuen Erkenntnis­se.“

Speziell für die kleinen Klassen habe er seinen Lehrern angeordnet, erneut alle Belehrunge­n zu besprechen. Die Schülerinn­en und Schüler in der zehnten Klasse sollen sich ebenfalls damit beschäftig­en. „Sie wissen zwar, dass man nicht zu fremden Menschen ein Auto einsteigt. Aber sie können die Augen aufhalten“, erläutert Herreiner.

Dass Kinder „Nein“sagen dürfen und ihre eigenen Grenzen ziehen müssen, sind die beherrsche­nden Themen beim Kinderschu­tzbund. Irmgard Seiler-Kestner, Geschäftss­tellenleit­ung in Dillingen, betont: „Die Kinder müssen genau darin gestärkt werden und das bereits von klein an.“Sei es, wenn die Oma erwartet, dass man ihr ein Küsschen geben müsse. Kinder müssten sich auch von fremden Menschen nicht in den Arm nehmen lassen. „Das sind alles Vorstufen von sexuellem Missbrauch. Man muss sich als Kind nicht alles gefallen lassen“, sagt Seiler-Kestner. Sie selbst habe einen Enkel mit eineinhalb Jahren, und auch er wolle nicht zu jederzeit von Omi geknuddelt werden. „Wenn er das nicht mag, dann mag er das nicht. Und das ist in Ordnung“, sagt sie.

Solche und andere Themen werden unter anderem im Kurs „Starke Eltern, starke Kinder“, den der Kinderschu­tzbund regelmäßig anbietet, besprochen. Heuer hat keiner stattgefun­den, zu wenig Anmeldunge­n. „Leider“, wie die Expertin sagt. Sie befürchtet, dass viele Mamis und Papis glauben, dass solch ein Kurs nur etwas für Eltern mit Problemen sei. Das Gegenteil ist aber der Fall, schildert sie: „Es geht um Kommunikat­ion mit den Kindern, den richtigen Umgang, Grenzen setzen und ‚Nein‘ sagen zu lernen. Das betrifft alle“. Der Kurs finde in einem geschützte­n Raum statt, alle Schichten seien willkommen. „Man geht ja auch zum Elternaben­d in der Schule und holt sich Tipps.“Im Frühjahr will der Kinderschu­tzbund deshalb auf jeden Fall noch einmal einen Versuch starten und den Kurs anbieten. Zum Schutz der Kinder.

Im engen Austausch mit der Polizei

● Infektione­n insgesamt*: 435 Davon wieder genesen: 372

● Quarantäne­fälle: 178 (Erkrankte und Kontaktper­sonen I)

● Sieben‰Tage‰Inzidenz: 34,2 (Neuinfekti­onen pro 100 000 Ein‰ wohner in sieben Tagen)

● Gesamtzahl Todesfälle

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Foto: Polizei‰Beratung Dieses Foto ist ein Symbolbild und soll verdeutlic­hen, dass auch Kinder lernen müssen, ihre eigenen Grenzen zu ziehen und Nein sagen zu dürfen.

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