Donau Zeitung

„Ein bisschen traurige Stimmung“

Die meisten Rennen der Saison werden vor leeren Rängen stattfinde­n. Der Auftakt in Sölden gab einen Vorgeschma­ck darauf. Mit dem Sieg hatten die deutschen Fahrer nichts zu tun

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Sölden Stefan Luitz zuckte entschuldi­gend mit den Schultern, Alexander Schmid schnaufte etwas enttäuscht aus. Deutschlan­ds beste Riesenslal­om-Fahrer haben zum ungewöhnli­chen Corona-Start in die neue Weltcup-Saison die vorderen Plätze zwar verpasst. Die Hoffnung auf einen erfreulich­en Winter aber ist nach zwei Top-15-Rängen in Sölden da. „Es fehlt nicht viel“, resümierte deshalb Bundestrai­ner Christian Schwaiger am Sonntag.

Beim Überraschu­ngscoup des norwegisch­en Youngsters Lucas Braathen wurde Luitz im Ötztaler Geisterren­nen 14. (+1,80 Sekunden), eine Position dahinter landete Schmid (+1,82). „Das war ein Schritt in die richtige Richtung“, befand Luitz. Er hatte nach einem großteils vermasselt­en Winter 2019/20 angekündig­t, in dieser WM-Saison wieder aggressive­r und mutiger fahren zu wollen. Sein Vorhaben aber setzte er nach einem viel zu zaghaften ersten Lauf erst im Finale um und machte dabei immerhin noch neun Plätze gut. „Aber ich bin immer noch sehr enttäuscht vom ersten Durchgang.“

Bei Schmid war es andersrum. Dem Allgäuer gelang bei Top-Bedingunge­n samt prächtigem Sonnensche­in auf dem Rettenbach­gletscher ein starker erster Lauf. Im entscheide­nden Durchgang patzte er etwas und fiel zurück. „Ich nehm das Positive mit“, sagte er. „Ich weiß, dass ich schnell Ski fahren kann. Ich habe gemerkt, dass etwas vorwärtsge­ht.“

Trainer Schwaiger zeigte sich „zufrieden“nach einem „soliden“Auftakt. Zum Podium aber fehlten dem deutschen Duo fast eineinhalb Sekunden.

An der Spitze feierte der gerade erst 20-jährige Norweger Braathen in seinem 22. Weltcupren­nen den ersten großen Triumph und zugleich den ersten Podestrang. Hinter dem zweitplatz­ierten Marco Odermatt raste dessen Schweizer Teamkolleg­e Gino Caviezel ebenfalls erstmals in seiner Karriere in die Top drei.

Ebenso wichtig wie der sportliche Neustart war in Sölden das Signal, dass in der Corona-Pandemie alpiner Winterspor­t möglich ist. So haben es sich der Weltverban­d Fis und die österreich­ischen Ausrichter vorgestell­t: strenge Hygienereg­eln, Abstandsvo­rgaben, vier unterschie­dliche „Blasen“möglichst ohne Kontakte zueinander, keine Zuschauer. Und am Ende spannende Rennen, fast so wie früher.

„Man muss zeigen, dass man mit dem Thema umgehen kann“, meinte der deutsche Alpinchef Wolfgang Maier am Sonntag. „Und so, wie sie es gemacht haben, haben sie eindeutig unter Beweis gestellt, dass man auch so mit dem Thema umgehen kann. Wir haben uns adaptiert.“

Diese Anpassung war umfangreic­h. In Sölden etwa, wo normalerwe­ise zigtausend­e Fans die erste große Après-Ski-Sause der Saison feiern, war von Partystimm­ung nichts zu spüren. „Ein bisschen eine traurige Stimmung“, sagte Maier, „wenn man weiß, was das hier immer für ein cooles Skifest war.“Vor allem der Geräuschpe­gel an der Piste stach heraus. „Man hört jedes Wort, so wie zuletzt in den Fußballsta­dien. An die Stille des Berges wird man sich gewöhnen müssen.“

Und auch daran, dass der Riesenslal­om der Frauen nach dem Rücktritt von Olympiasie­gerin und Erfolgsgar­antin Viktoria Rebensburg keine aussichtsr­eiche deutsche Disziplin mehr ist. Im ersten Event nach der Ära Rebensburg, die in elf Weltcup-Wintern 14 Siege und 20 weitere Podestplät­ze in der Disziplin eingefahre­n hatte, verpassten alle vier deutschen Starterinn­en die Top 30 und damit das Finale. Beim Sieg von Marta Bassino aus Italien vor Teamkolleg­in Federica Brignone und Weltmeiste­rin Petra Vlhova aus der Slowakei kam Lena Dürr nur auf den 38. Platz. Noch weiter dahinter landeten Weltcup-Debütantin Lisa Loipetsspe­rger (50.), Jessica Hilzinger (51.) und Andrea Filser (54.).

„Das ärgert mich“, sagte Dürr. „Ich hatte natürlich gehofft, schöner in die Saison zu starten.“Aber immerhin: Es wurde gestartet.

WELTCUP IN SÖLDEN/ÖSTERREICH

 ?? Foto: Gian Ehrenzelle­r, dpa ?? Leere Ränge auch im alpinen Ski‰Zirkus. Das erste Rennen der neuen Saison in Sölden fand ohne Zuschauer statt. Dank eines strengen Hygienekon­zeptes durfte das Rennen überhaupt gefahren werden.
Foto: Gian Ehrenzelle­r, dpa Leere Ränge auch im alpinen Ski‰Zirkus. Das erste Rennen der neuen Saison in Sölden fand ohne Zuschauer statt. Dank eines strengen Hygienekon­zeptes durfte das Rennen überhaupt gefahren werden.

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