Ganz großes Kino für die neuen Meister
Die Feier des schwäbischen Handwerks findet wegen Corona erstmals im Dillinger Autokino statt. Statt Beifall gibt es ein Lichthupenkonzert. Solch ein Ende kennt der bekannte Sportmoderator Markus Othmer sonst nicht
Dillingen Es ist eine Premiere, und für die neuen Meister im wahrsten Sinne des Wortes ganz großes Kino: Die Meisterfeier der Handwerkskammer (HWK) Schwaben findet am Freitagabend wegen Corona im Freien im Dillinger Autokino statt. Mehr als 200 Meister sind mit Angehörigen im Wagen auf dem Festplatz im Donaupark vorgefahren. Als Jahresbestmeister der Metallbauer darf Ulrich Kratzer aus Schwennenbach die Meisterfeier mit seiner Frau aus der ersten Reihe verfolgen. Der 35-Jährige, der in Gundelfingen bei Pohltec auf dem Betriebsgelände der Firma Gartner arbeitet, genießt den großen Moment und blickt während des Wartens zufrieden auf seine Berufswahl zurück. Für den Metallbaumeister, der Blechteile für Fassaden fertigt, war immer schon klar, dass er etwas Handwerkliches machen wollte. Wenn er zum Beispiel das neue Stadion der Tottenham Hotspurs sieht, denke er sich: „Die Lochbleche um das Stadion herum haben wir gemacht.“
Seine Vorgesetzten seien auf ihn zugekommen, ob er sich vorstellen könne, die Meisterausbildung zu machen, erläutert der Schwennenbacher. Nun hat er den Titel in der Tasche, auch wenn mit Corona alles anders lief. Während des Lockdowns erhielten Kratzer und seine Mitschüler den Unterrichtsstoff per E-Mail. Später konnte nur der wichtigste Stoff vor Ort vermittelt werden. Anders als sonst ist auch die Meisterfeier. Die Meister mit ihren Gästen sitzen entspannt in den Autos und hören über das Radio den Ton zum Bild auf der großen Leinwand. Zwei Kamerateams sorgten dafür, dass das Geschehen auf der Bühne und später bei der Überreichung der Meisterbriefe zu sehen ist. Beim Einlass haben die Hauptpersonen des Abends, ein Großteil der in diesem Jahr erfolgreichen 487 Meisterinnen und Meister, erst mal Popcorn und Getränke bekommen.
Auch für Moderator Markus Othmer ist die Veranstaltung Neuland. „Es ist die erste Meisterfeier des Handwerks in einem Autokino“, sagt der bekannte Sportmoderator des Bayerischen Rundfunks. Beim Test, ob alle ihn hören, sagt Othmer: „Bitte während des gesamten Abends keine Hupkonzerte, einmal richtig, einmal laut, sonst nur mit der Lichthupe.“Der Journalist zollt den Organisatoren der Meisterfeier mehrfach seine „absolute
und ruft die Meisterinnen und Meister zum Lichtkonzert auf, denn sie haben fast 700 Teilnehmer im Autokino unter einen Hut gebracht.
HWK-Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner gratuliert den Meisterinnen und Meistern zu „dieser besonderen Leistung in dieser von Corona geprägten, außergewöhnlichen Zeit“. Alle anderen Handwerkskammern hätten auf diese Feiern verzichtet, aber: „Das wäre Ihnen und Ihrem tollen Abschluss nicht gerecht geworden“, so Wagner.
Lichthupenkonzert statt Applaus. HWK-Präsident Hans-Peter Rauch spricht vom Meistertitel als
Symbol der Unabhängigkeit: „Sie können mehr verdienen, selbst ausbilden, einen Betrieb übernehmen und selbst gründen.“Er weist die Absolventen auf eine weitere Fortbildung zum Geprüften Betriebswirt hin, für die es seit kurzem in Anerkennung der Gleichwertigkeit der beruflichen und akademischen Bildung eine Förderung gibt – zusätzlich zum Meisterbonus. Außerdem steht nun auf dem Meisterbrief auch die Berufsbezeichnung „Bachelor Professional“. Doch Rauch stellt klar: „Der Meister macht die Identität unseres Handwerks aus.“
Bevor Rainer Hüls die einzelnen zum Vorfahren zur MeisterbriefHochachtung“ übergabe aufruft, sagt er: „Normalerweise schaue ich bei der Meisterfeier in 1200 Gesichter.“Und der Verantwortliche für den Bereich Bildung ergänzt schmunzelnd: „Das muss ein Freudenfest für die KfzTechniker sein, die Meisterfeier im Autokino zu kriegen, oder?“Die hellblinkende Antwort folgt prompt.
Rauch, Wagner und HWK-Vizepräsident Paul Brugger überreichen den erfolgreichen Handwerkern ihren Meisterbrief durch das Autofenster. Der Jahresbestmeister jedes Gewerks fährt eine Ehrenrunde bis vor die Bühne. Ihm folgen die anderen Meister seiner Sparte, erhalten
Glückwünsche und den Karton, in dem der leichte Regen dem Meisterbrief nichts anhaben kann. Als Erster ist Ulrich Kratzer dran, begleitet vom Lichthupenkonzert, dann verlässt er wie geboten das Festgelände. Auch aus unserem Landkreis sind zahlreiche Meister dabei. Sogar für Markus Othmer ist die Meisterfeier ungewöhnlich. „Es ist meine erste Veranstaltung“, so Othmer, „bei der am Ende keiner mehr da ist.“
Viele Fotos von der Meisterfeier finden Sie bei uns online unter donauzeitung.de/bilder