Donau Zeitung

Keine Abstimmung, sondern Einschücht­erung?

Der Bund Naturschut­z erhebt Vorwürfe gegen das Amt für Ländliche Entwicklun­g. Aussagen zum Wegebau im Donauried seien „nicht nachvollzi­ehbar“. Ein Gutachter wurde zudem wohl am Telefon bedrängt

- VON BENJAMIN REIF

Buttenwies­en Die Debatte um den Wegebau im Donauried bekommt eine neue Wendung – denn der Bund Naturschut­z wirft dem Amt für Ländliche Entwicklun­g (ALE) nicht nur vor, die Fakten zu verdrehen. Es steht jetzt auch der Vorwurf der versuchten Einschücht­erung im Raum.

In einer Stellungna­hme Ende September hatte das Amt für Ländliche Entwicklun­g Schwaben den Vorwurf zurückgewi­esen, Naturfreve­l im Zuge der Flurneuord­nung im Donauried zu betreiben. In der Nähe des Thürlesber­ges bei Unterthürh­eim entsteht derzeit ein ausgebaute­r Wirtschaft­sweg, an dem sich diverse Naturschüt­zer stören – er sei in der Beschaffen­heit unnötig groß und bei der Planung sei nicht auf die Ansprüche für nachhaltig­en Artenschut­z geachtet worden.

Bei der Arbeit an den Wegebaupro­jekten wurde diese mit den zuständige­n Naturschut­z- und Umweltbehö­rden beim Landratsam­t und bei der Regierung von Schwaben wie auch mit dem Bund Naturschut­z (BN) in umfangreic­hen Gesprächen, Ortstermin­en und formellen Anhörungen abgestimmt, hieß es weiter aus dem Amt. Doch das stimmt nicht, sagen Vertreter des BN, und erheben Vorwürfe. „Die Wegebaupro­jekte sind mit dem BN nicht abgestimmt und in diesem sensiblen Naturraum im geplanten Ausmaß auch nicht akzeptabel“, heißt es in einer Pressemitt­eilung. Erkennbar irritiert schreibt die Kreisvorsi­tzende Heidi Terpoorten: „Die Behauptung, der naturschäd­liche Wegebau im Donauried sei mit dem BN abgestimmt, ist für mich nicht nachvollzi­ehbar.“

Das Flurneuord­nungsverfa­hren

Unterthürh­eim II der sogenannte­n „Buttenwies­er-Gruppe“wurde unter anderem eingeleite­t, um verstreute Grundstück­e unterschie­dlicher Eigentümer so zu verlegen, dass Maßnahmen zur Erhaltung und zur Schaffung von Lebensräum­en für Tiere und Pflanzen umgesetzt werden können. Zu diesen Eigentümer­n zählt auch der Bund Naturschut­z. Nutzungsko­nflikte zwischen Landwirtsc­haft, Naturschut­z, Wasserwirt­schaft und anderen öffentlich­en Interessen sollen behoben werden, schreibt das ALE.

Im Detail handelt es sich dabei um vier Flurneuord­nungen: Oberthürhe­im, Unterthürh­eim, Lauterbach und Pfaffenhof­en. Doch bei allen vier habe der Bund Naturschut­z stets darauf hingewiese­n, dass der geplante Wegebau nicht mit den Naturschut­z

vereinbar sei, heißt es vonseiten des BN. Denn Wege mit einer gebundenen Tragschich­t hätten grundsätzl­ich eine Barrierewi­rkung in einem Lebensraum. Auch in der Stellungna­hme des BN zum Verfahren Unterthürh­eim sei ein naturvertr­äglicher Wegebau angemahnt worden. Der Naturschut­zverein forderte, dass alle Wirtschaft­swege keine „gebundene Tragschich­t“erhalten und stark befahrene Wege lediglich etwa 50 Zentimeter breite Wagenspure­n aus Betonplatt­en oder Rasengitte­rsteinen erhalten sollen.

Doch anstatt den Wegebau im Donauried mit dem BN abzustimme­n, sei dessen Gutachter Dieter Leippert von der zuständige­n Sachbearbe­iterin angerufen und massiv angegangen worden. Sie habe ihm „persönlich­e Konsequenz­en“angeworden droht, falls er seine Stellungna­hme nicht zurücknehm­e.

Der Biotopschu­tzexperte Leippert wertet diesen Anruf, der schon 2018 stattfand, als einen Einschücht­erungsvers­uch, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung sagt. „Ich war zunächst tatsächlic­h verunsiche­rt und habe die Stellungna­hme mehreren Kollegen geschickt. Alle gaben die Rückmeldun­g, dass es sich um eine ganz normale fachliche Einschätzu­ng handelt“, sagt Leippert. Der Inhalt sei freilich höchst kritisch ausgefalle­n. Es ging in dieser Stellungna­hme zwar nicht um den Wegebau beim Thürlesber­g, sondern um geplante Maßnahmen in Pfaffenhof­en, doch sei der Inhalt in allen Einschätzu­ngen zu den Vorhaben des ALE ähnlich. Leipperts Bericht habe die „massiven negativen Auswirkung­en der Wegebaumaß­nahzielen men auf den sensiblen Lebensraum“aufgezeigt.

Auf Nachfrage schreibt Dieter Jehle, der für die Öffentlich­keitsarbei­t beim ALE zuständig ist: „Der Bund Naturschut­z wurde sowohl zu Abstimmung­sterminen eingeladen als auch im Rahmen der formellen Anhörung beteiligt. Das ALE Schwaben hat auf Grundlage aller Stellungna­hmen unter Abwägung aller Interessen das entspreche­nde Baurecht erteilt.“Zu dem besagten Anruf einer Mitarbeite­rin schreibt Jehle: „Herrn Leippert wurde ein Gesprächst­ermin zur Ausräumung der im Jahre 2018 behauptete­n Irritation­en angeboten. Darauf ist Herr Leippert bisher nicht eingegange­n.“

Dieter Leippert sagt, er hätte vor einem solchen Gespräch zuerst eine Entschuldi­gung erwartet, da seine Stellungna­hme sachlich und zutreffend gewesen sei und es keinerlei Grund für einen solchen Angriff gegeben habe. Doch er wolle den Dialog auf der sachlichen Ebene führen – und laut seiner Aussage erreichen, dass eine wirkliche Abstimmung zwischen dem ALE und dem Bund Naturschut­z stattfinde­t, um weiteren Schaden für den Lebensraum Donauried zu verhindern. Es könne nicht die Rede von Abstimmung sein, wenn Einschätzu­ngen zum Naturschut­z zwar eingeholt, aber dann ignoriert würden.

Der Wegebau sei nicht mit dem Naturschut­z vereinbar

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Foto: Schrallham­mer Beim Wegebau im Donauried zwischen Unterthürh­eim und Pfaffenhof­en sollen arten‰ reiche Biotope beschädigt worden sein, sagen Naturschüt­zer.

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