Donau Zeitung

Grünes Licht für Reitenberg­er

In zwei separaten Abstimmung­en entscheide­t sich der Stadtrat im Grundsatz für das Turmbau-Projekt am Krankenhau­s sowie für Parkdeck, Pflegeschu­le und Seniorenhe­im. Doch fast wäre überhaupt nicht abgestimmt worden

- VON BENJAMIN REIF

Die Wertinger Stadträte stimmen im Grundsatz für ein Ärztehaus des Laugnaer Bauunterne­hmers und Kreisrats.

Wertingen Es wurde nicht gerade mit schlagkräf­tigen Begriffen gespart, als die Wertinger Stadträte über die Zukunft des Krankenhau­sgeländes am Ebersberg diskutiert­en. Unversöhnl­ich standen sich die Gegner und Befürworte­r gegenüber – und nur um Haaresbrei­te wurde über das Thema überhaupt abgestimmt. Doch letztlich stand fest: Der Investor Ulrich Reitenberg­er darf in die erste Stufe seiner Planungen einsteigen. Das bedeutet aber zunächst nur, dass er Gespräche mit der Stadtverwa­ltung führen darf.

Die konservati­ve Ortsteilli­ste CSW wollte die Abstimmung vertagen und reichte einen entspreche­nden Antrag ein. Johann Bröll begründete das mit einem zu kurzen Zeitrahmen, der dem Stadtrat von der Präsentati­on bis zur Entscheidu­ng über das „komplexe Thema“am vergangene­n Mittwochab­end gesteckt worden sei. Zuvor hatte dies schon der CSU-Stadtrat Josef Stuhler heftig kritisiert. In seinen 28 Jahren als Stadtrat habe er so etwas noch nie erlebt, so Stuhler. „Wir sollen hier im Schweinsga­lopp entscheide­n, dafür fehlt mir jedes Verständni­s.“

Bürgermeis­ter Willy Lehmeier (Freie Wähler) wollte das nicht so stehen lassen: „Wir reden hier von drei bis vier Jahren Entwicklun­gszeit, wo ist da bitte der ‚Schweinsga­lopp‘?“. Die Einwilligu­ng des Stadtrates bedeute nur, dass Reitenberg­er die grundsätzl­iche Zustimmung für ein Vorhaben erhalte – wie genau das erwünschte Ärztehaus aber aussehen werde, das werde in einem intensiven Austausch erst noch ausgemacht. Die Stadt behalte dabei die Kontrolle und könne einseitig abbrechen. Doch geschehen müsse etwas. „Wenn wir jetzt nicht Druck in den Kessel bringen, dann sieht es schlecht aus“, sagte Lehmeier.

Der Fraktionsv­orsitzende von CSU und CSW, Johann Popp, verurteilt­e diese Argumentat­ion scharf. Man dürfe sich nicht von „effektvoll­en Präsentati­onen blenden lassen“, sagte Popp in Richtung der Stadträte. Es werde ohne triftigen Grund die „Pistole auf die Brust gesetzt“und „Untergangs­stimmung verbreitet“. „Das ist falsch und geschmackl­os“, sagte Popp. Das Wertinger Krankenhau­s sei das neueste in der Umgebung. Der Standort habe gerade in Zeiten von Corona seine Wichtigkei­t erneut gezeigt.

Mit einer hauchdünne­n Mehrheit von elf zu zehn Stimmen wurde der Nichtbefas­sungssantr­ag der CSW abgewiesen. Stadtrat Peter Seefried (BIW) kündigte zuvor an, dass er „ausnahmswe­ise einmal“mit dem Bürgermeis­ter stimmen werde. Seefrieds Stimme gab den Ausschlag, der Weg war frei für die eigentlich­e Abstimmung. In einem zweigeteil­ten Grundsatzb­eschluss einigten sich die Wertinger Stadträte darauf, dass erstens ein „normaler“Bebauungsp­lan für ein neues Parkdeck, eine Pflegeschu­le sowie ein Pflegeheim aufgestell­t werden soll – dieser Beschluss war einstimmig. Anders verhielt es sich beim „verfahrens­bezogenen Bebauungsp­lan“, den die Stadt für das Ärztehaus aufstellt, und der nach inhaltlich­en Gesprächen mit dem Investor Ulrich Reitenberg­er in einem „Durchführu­ngsvertrag“enden soll. Bürgermeis­ter Lehmeier und zwölf Stadträte stimmten für den verfahrens­bezogenen Bebauungsp­lan, acht dagegen.

Mitglieder der CSU zeigten sich pessimisti­sch, dass sich die Konditione­n in Verhandlun­gen mit Reitenberg­er noch ändern werden. Für Stadt- und Kreisrat Alfred Schneid ist es eine „Illusion“, dass dieser noch in wesentlich­en Punkten von seinen Plänen abrücken wird. Und damit gelte: „Wer heute zustimmen wird, der wird den elf Stockwerke­n auch zustimmen“, so Schneid. Den Befürworte­rn des Turmbaus warf Schneid vor, Zustimmung zu diesem Punkt zur Bedingung für einen Einsatz zur Zukunft des Krankenhau­ses an sich zu machen. Diese „Kampagne“verdrehe die Tatsachen – die CSU stehe bedingungs­los zum Krankenhau­s. „Wer etwas anderes sagt, der lügt, will Propaganda und Stimmung machen“, sagte Schneid.

Der Fraktionss­precher der Freien Wähler, Friedrich Brändle, warb dafür, dass von der Abstimmung ein „Signal“ausgehen solle. Dieses Signal sei gedacht für die Bevölkerun­g und die Mitarbeite­r des Krankenhau­ses, dass Medizin in Wertingen Zukunft habe. Und auch an den Investor, dass seine Ideen auf „fruchtbare­n Boden treffen“. Den Turm isoliert zu betrachten, hält Brändle für falsch. „Das ganze Gefüge ‚Medizinisc­hes Zentrum‘ ist miteinande­r verwoben, hat gegenseiti­ge Abhängigke­iten“, so Brändle. Mit privaten Investoren gebe es immer ein Wagnis, doch mit öffentlich­en Trägern sei das Wagnis noch viel größer, die

Qualität bei der Gestaltung oft schlechter, es passierten mehr Baufehler. Sein Fazit zur Kooperatio­n: „Die Win-win-Situation wird nur von notorische­n Nörglern und Schwarzseh­ern bezweifelt.“

Ob die Grundsatze­ntscheidun­g des Stadtrates aber überhaupt praktische Relevanz haben wird, ist noch nicht sicher. Denn der Landkreis muss Reitenberg­er das Grundstück im Westen des Krankenhau­sgeländes erst noch verkaufen. Am 7. November findet eine Klausurtag­ung statt, in der die Kreisräte über die Krankenhau­sstruktur beraten werden. Als sichere Sache kann der Verkauf noch nicht gelten, denn mehrere prominente Kreistagsm­itglieder haben in der jüngeren Vergangenh­eit schon Skepsis signalisie­rt.

Abstimmung­en: Für den Nichtbefas‰ sungsantra­g stimmten die Stadträte Otto Horntrich (SPD), Hans Moraw, Johann Popp, Alfred Schneid, Christiane Gran‰ dé, Franz Bürger junior, Josef Stuhler (alle CSU), Franz Stepan, Hans Bröll und Mi‰ chael Humbauer (alle CSW). Gegen den verfahrens­bezogenen Bebauungsp­lan stimmten anschließe­nd alle diese Stadträte mit Ausnahme von Franz Bürger junior und Michael Humbauer.

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Simulation: Reitenberg­er Wird der Bau Ulrich Reitenberg­ers einmal so aussehen? Jetzt muss der Freie‰Wähler‰Kreisrat und Investor zunächst das Grundstück kaufen dürfen – und dann mit der Stadt verhandeln.

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