Maskenpflicht in den Grundschulen – wie läuft’s?
Der Landkreis Dillingen hat mit einem Sieben-Tage-Inzidenz-Wert von über 70 die rote Stufe der Corona-Ampel erreicht. Deshalb müssen seit Montag auch Grundschüler Masken im Unterricht tragen. Das führt zu hitzigen Diskussionen
Die Corona-Ampel im Landkreis Dillingen ist rot, es gilt unter anderem Maskenpflicht für Grundschüler. Wie es läuft.
Landkreis Die Coronafälle steigen auch im Landkreis Dillingen sprunghaft an. Die Ampel ist inzwischen auch bei uns rot, die Zahl der Infektionen in den vergangenen sieben Tagen pro 100000 Einwohner stieg auf 71,5. Auch für Grundschüler gilt deshalb seit Montag im Unterricht Maskenpflicht. Dies führt in der Region zu kontroversen Diskussionen. Der Elternbeiratsvorsitzende der Grundschule Dillingen, Tobias Guffler, sagt, dass er wegen der Maskenpflicht sehr viele Mails von besorgten Eltern bekommen habe. Und er könne den Unmut nachvollziehen, denn Grundschulen seien kein Corona-Hotspot. „Ich habe da selbst Bauchschmerzen, für Kinder ist diese Maskenpflicht schwierig“, meint Guffler. Es sei auch ein falscher Weg, wenn Schüler erneut, wie am Montag vorübergehend an Grundschulen im Landkreis angekündigt, im Wechsel wieder zu Hause bleiben sollen. Die Kinder hätten sich nach Monaten des Homescoolings erst wieder an einen regulären Unterricht gewöhnt. Und jetzt gehe das Ganze vielleicht bald wieder von vorne los, befürchtet Guffler.
Die Elternbeiratsvorsitzende der Grund- und Mittelschule Höchstädt, Silke Streifeneder, sieht die Maskenpflicht zwiespältig. Einerseits müsse man Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus ergreifen. Für die Kinder sei es aber „sehr anstrengend, den ganzen Vormittag mit Mund-NasenSchutz in der Schule zu sitzen“. Streifeneder regt deshalb an, dass im Grundschulbereich Plexiglaswände als Trennwände installiert werden. Das koste Geld, sei aber eine Option, die Maskenpflicht zu umgehen, glaubt die Mitarbeiterin des Deisenhofener Kindergartens. Streifeneder beobachtet auch ein anderes Phänomen. Kinder nähmen die Maskenpflicht meist gelassen hin, einige Eltern rege die Regelung dagegen auf.
Das hat auch der Rektor der Höchstädter Grund- und Mittelschule, Helmut Herreiner, festgestellt. Die Maskenpflicht werde von den Schülern eingehalten. „Man muss aber darauf achten“, sagt der Rektor. Mit einigen Eltern gebe es Diskussionen über die Maskenpflicht. Auch Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht und Flugblätter schlagen bei Herreiner auf. Zwei Atteste hat der Rektor, wie er auf Anfrage erläutert, an das Gesundheitsamt „mit der Bitte um Überprüfung“weitergeleitet.
„Weißt du, Mama, ihr Großen macht Fehler und wir Kinder müssen leiden.“Diesen Satz hat die kleine Tochter von Nathalie Mörgenthaler gesagt, nachdem am Sonntagabend klar war, dass sie am Montag mit Maske in die Schule muss. „Da steht man als Mama daneben und schluckt“, sagt Mörgenthaler. Sie ist die Vorsitzende des Elternbeirats der Grundschule Wertingen und Mama einer Erstklässlerin und einer Viertklässlerin. Nachdem klar war, dass der Landkreis Dillingen den Corona-Warnwert von 50 überschritten hat, seien am Sonntagabend in den verschiedensten Elterngruppen viele Diskussionen ausgebrochen. „Es ist ein großes Thema, auch bei den Kindern“, sagt die Kicklingerin. Vor allem die Kleinen hätten viele Fragen. Sei es, ob es anstrengend ist, mit Maske zu atmen, oder ob man seine Mitschüler überhaupt damit erkenne. Dennoch, das betont die Elternbeiratsvorsitzende, sei der Tenor: „Alles ist besser als keine Schule.“Dennoch würden sich die Mamis und Papis Sorgen machen, auch wenn der Großteil die Maßnahmen akzeptieren würde. Aber Mörgenthaler kennt ebenfalls andere Beispiele. Das seien die Elternpaare, „die gerne mal meckern – oder auch Coronaleugner sind“, wie sie es beschreibt. „Es gibt einige wenige bei uns an der Grundschule, die keine Masken tragen müssen, zum Beispiel wegen Asthma“, berichtet Mörgenthaler. Frage man diese Kinder, so würden sie sagen, dass sie sich ohne Maske „total blöd“vorkommen.
Für die Mittelschüler in Wertingen ist die Maskenpflicht „nichts Neues“mehr, wie Schulleiter Maximilian Briegel sagt. Seit vergangener Woche sei die Maske täglicher Begleiter, alle hätten das voll akzeptiert. „Es läuft problemlos, und die Schüler, die ihre Maske daheim vergessen, bekommen bei uns welche im Sekretariat“, so Briegel. Die Mittelschule sei seit Ausbruch der Corona-Pandemie gut ausgerüstet und für die nächsten Wochen gewappnet. Denn: „Die steigenden Zahlen sprechen dafür, dass solche Maßnahmen in öffentlichen Einrichtungen getroffen werden müssen“, sagt der Schulleiter. Laut Briegel würden an seiner Schule „lediglich zwei Elternteile“immer wieder über die verordnete Maskenpflicht diskutieren wollen. Die Umsetzung und Kontrolle der „AHA-Regeln“sorge deshalb für zusätzliche Beschäftigung im Schulalltag.
Da Rektorin Ruth Seybold aktuell selbst in Quarantäne ist, führt nun Konrektorin Iris Lutzmann die Gundelfinger Grundschule. „Wichtig ist, dass wir uns an die Vorgaben halten“, sagt sie zur ausgeweiteten Maskenpflicht. Das würde so weit auch gut funktionieren. Auch die Kinder, die sich in Quarantäne befinden, seien gut versorgt. Die Klassleitungen und auch Lutzmann fahren selbst Lernmaterialien zu den Kindern nach Hause, „das haben wir bei der ersten Welle auch so gemacht, damit weniger Menschen im Schulhaus sind“. Die Kinder bekommen Arbeitsblätter und Wochenpläne, damit auch die Eltern einen genauen Überblick über die Aufgaben haben.
Zahlreiche Eltern haben sich an Landrat Leo Schrell mit dem Anliegen gewandt, Grundschüler von der Maskenpflicht zu befreien. Zwar könnten Landkreise in begründeten Einzelfällen Ausnahmen von den Vorgaben der Infektionsschutzmaßnamen-Verordnung zulassen. Dies müsse aber aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar sein, erläutert Schrell. So beispielsweise, wenn bislang keine Schulen von Corona-Fällen betroffen wären oder die Neuinfektionen auf ein klar eingrenzbares Ausbruchsgeschehen zurückzuführen sind. „Beides ist in unserem Landkreis nicht der Fall“, betont Schrell. So seien inzwischen mehrere Schulen von Corona-Fällen betroffen und das Ausbruchsgeschehen lasse sich nicht auf eine einzelne Einrichtung oder auf einen kleineKinder ren Teil des Landkreisgebiets eingrenzen. Wegen der Tragweite der hiermit verbundenen Entscheidungen gelte, dass derartige Ausnahmen durch den Landkreis zuvor bei der jeweiligen Regierung zur Genehmigung einzureichen sind.
Landrat Schrell sagt: „Wir haben uns dazu entschlossen, keine Ausnahme von der Maskenpflicht für die Grundschüler im Landkreis Dillingen zu beantragen. Sowohl das Ausbruchsgeschehen in verschiedenen Schulen in unserem Landkreis als auch die Verbreitung der zahlreichen Neuinfektionen über den gesamten Landkreis lassen eine Ausnahmegenehmigung nicht zu.“Allerdings verzichte der Landkreis auf die Anordnung eines Mindestabstands von 1,50 Metern in Klassenzimmern. Er hoffe, mindestens bis zu den Herbstferien auf den Mindestabstand verzichten zu können. Schrell sagt: „Dadurch müssen die Klassen nicht geteilt werden und an den Schulen kann unverändert Präsenzunterricht stattfinden.“Dillingens neue Schulamtsleiterin Andrea Eisenreich lies auf Nachfrage wissen: „Rückmeldungen an das Staatliche Schulamt und Gespräche mit den Beteiligten bestätigen, dass sich die Unterrichtssituation an die Maskenpflicht anpassen lässt.“Die Erfahrungen vom Lockdown im März würden zusätzlich helfen. »Seite 24