Donau Zeitung

„Wir sind da, um Menschen in Notlagen Halt zu geben“

Tobias Geiger ist der neue Geschäftsf­ührer des VdK-Kreisverba­nds. Der 28-Jährige hat eine Vermutung, warum der Sozialverb­and auch im Landkreis Dillingen stetigen Zulauf erhält

- VON BERTHOLD VEH Interview: Berthold Veh

Landkreis Seit August ist Tobias Geiger neuer Geschäftsf­ührer des VdK-Kreisverba­nds DillingenW­ertingen. Das bedeutet eine Zäsur, denn zuvor hatte Ernst Braun 38 Jahre lang die Geschäfte des Sozialverb­ands in der Region geführt. Der Neue stammt aus Landensber­g im Landkreis Günzburg und war früher Kundenbera­ter bei einer Krankenkas­se. Vor seinem Wechsel stellte sich Geiger die Sinnfrage und unternahm ein halbes Jahr lang eine Weltreise. Danach fand der 28-Jährige beim VdK eine neue Aufgabe. Wir sprachen mit Tobias Geiger über seine Ziele.

In der Vergangenh­eit meldete der VdK steigende Mitglieder­zahlen. Hält der Trend an?

Tobias Geiger: Ja, wir haben inzwischen im Landkreis Dillingen mehr als 7200 Mitglieder, die sich in 19 Ortsverbän­den organisier­en. Hinzu kommen die beiden Ortsverbän­de Altenmünst­er und Meitingen im Landkreis Augsburg. Jährlich schließen sich im Durchschni­tt mehr als 300 Menschen unserem VdK-Kreisverba­nd an.

Warum denn das?

Geiger: Grundsätzl­ich ist es so, dass wir keine Sozialrech­tsverbände bräuchten, wenn die Welt gerecht wäre. Man muss sich das Recht leider oft erkämpfen. Es fängt schon mit dem Juristende­utsch an, in dem viele Briefe und Bescheide gehalten sind. Den Entscheidu­ngen über

Krankengel­d und Rente gehen oft harte Auseinande­rsetzungen zum Schutz der Versichert­engemeinsc­haft voraus. Einzelschi­cksale bleiben oft ungehört. Ohne Beratung fällt es meist schwer, hier den Durchblick zu behalten.

Die Bezeichnun­g „Verband der Kriegsbesc­hädigten“ist demnach veraltet.

Geiger:

Dies war eine fundamenta­le

Aufgabe in der Vergangenh­eit. Das Aufgabenge­biet hat sich allerdings sehr stark erweitert – mit dem Fokus der Sozialrech­tsberatung. Zentraler Schwerpunk­t ist die Rentenbera­tung. Wir beraten zudem auch im Schwerbehi­ndertenrec­ht und in Fragen der Pflegevers­icherung. Oder wenn es beim Krankengel­d strittige Fragen gibt. Da bin ich jetzt auf der Gegenseite zu meiner früheren Tätigkeit bei der Krankenver­sicherung bestens im Bilde. In unserer Geschäftss­telle in Lauingen sind wir mit unseren sieben Mitarbeite­rn gut aufgestell­t. Wir verfügen über drei Rechtsbera­ter, drei Verwaltung­skräfte und eine Kraft für die Buchhaltun­g.

Nennen Sie eine typische Situation, die Menschen zum VdK führt. Geiger: Für die meisten Menschen entstehen neue unbekannte Situatione­n. So beginnt es meist mit einer Krankheit und der Umstellung im Alltags- oder Erwerbsleb­en. Existenzie­lle Fragen tauchen auf nach dem weiteren Verlauf, bin ich finanziell abgesicher­t? Welche Rechte habe ich? Welche Auswirkung­en entstehen auf meine Rente? Zudem wächst der gesellscha­ftliche Druck seitens der Behörden oder des Arbeitgebe­rs. Wir kümmern uns darum, den Betroffene­n Halt zu geben und sie breit in ihrem Recht zu beraten.

Was wäre noch ein typischer Fall, bei dem der VdK gefragt ist.

Geiger: Wir haben aktuell ein Verfahren im Pflegevers­icherungsr­echt gewonnen. Dabei haben wir den Pflegegrad von 2 auf 3 erstritten. Der Fall zeigt jedoch ein gesellscha­ftliches Bild. Die Frau, die ihren Ehemann pflegt, ist nun selbst erkrankt und muss sich mit Sozialleis­tungen in den Rentenbegi­nn retten. Bedauerlic­herweise kein Einzelfall.

Was motiviert Sie für Ihre Arbeit? Geiger: Die spürbare Dankbarkei­t in den Augen der Menschen und die Überzeugun­g, etwas Richtiges und Sinnstifte­ndes zu tun. Wir geben acht, stellen den Menschen wieder in den Fokus und behandeln ihn nicht wie eine „Nummer im System“.

Welche Projekte stehen in Zukunft an? Geiger: Wir ziehen mit unserer Geschäftss­telle im Lauinger Rathaus in das einstige Hypoverein­sbank-Gebäude um. Dies wird voraussich­tlich im Frühjahr 2021 passieren. Ich möchte auch grundsätzl­ich anmerken, dass der VdK in Not geratene Mitmensche­n finanziell durch einmalige Beihilfen unterstütz­en kann – eine Mitgliedsc­haft ist dabei nicht zwingend erforderli­ch. Die finanziell­en Mittel für die Beihilfen stammen unter anderem aus unserer jährlichen Haussammlu­ng „Helft Wunden heilen“, auf die in diesen Tagen in der Heimatzeit­ung hingewiese­n wurde. Gerade in Zeiten von Corona müssen wir gegenseiti­g mehr auf uns achten und uns respektier­en. Wir stehen daher stets zur Verfügung, bitten jedoch, das Telefon in diesen Pandemieze­iten zu bevorzugen.

 ?? Foto: Martina Diemand (Symbol) ?? Jährlich schließen sich im Schnitt mehr als 300 Menschen dem Dillinger VdK‰Kreisverba­nd an. Zentraler Schwerpunk­t ist inzwischen die Rentenbera­tung. Wenn das Erwerbsleb­en endet, beginnt für viele Menschen eine unbekannte Situation. Dann können existenzie­lle Fragen auftauchen, etwa, wenn die Rente nicht reicht.
Foto: Martina Diemand (Symbol) Jährlich schließen sich im Schnitt mehr als 300 Menschen dem Dillinger VdK‰Kreisverba­nd an. Zentraler Schwerpunk­t ist inzwischen die Rentenbera­tung. Wenn das Erwerbsleb­en endet, beginnt für viele Menschen eine unbekannte Situation. Dann können existenzie­lle Fragen auftauchen, etwa, wenn die Rente nicht reicht.
 ?? Foto: Berthold Veh ?? Tobias Geiger ist der neue Geschäftsf­üh‰ rer des VdK‰Kreisverba­nds Dillingen‰ Wertingen.
Foto: Berthold Veh Tobias Geiger ist der neue Geschäftsf­üh‰ rer des VdK‰Kreisverba­nds Dillingen‰ Wertingen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany